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       # taz.de -- Die USA nach Trumps Ankündigung: Der Notstand und die Folgen
       
       > US-Präsident Trump hat den Notstand erklärt, um am Kongress vorbei an
       > Geld für seine Mauer zu kommen. Die Maßnahme stößt auf heftigen
       > Widerstand.
       
   IMG Bild: Entschlossen im Notstand: Donald Trump
       
       Washington dpa | Der US-Kongress hat Präsident Donald Trump die von ihm
       geforderten Mittel für den Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko
       verweigert. Trump will die Grenzmauer nun trotzdem bauen und [1][hat dafür
       einen nationalen Notstand erklärt]. Damit hat er heftige Kritik bei den
       Demokraten ausgelöst; auch einige seiner Republikaner sind skeptisch. Der
       Präsident selber rechnet damit, dass die Maßnahme nun vor Gericht
       angefochten wird. Eine erste Klage ging bereits ein.
       
       Was bedeutet der nationale Notstand? 
       
       Der US-Präsident ist nach dem Gesetz dazu berechtigt, einen Notstand zu
       erklären. Die Maßnahme verleiht ihm beispielsweise bei einer nationalen
       Krise bestimmte Vollmachten. In diesem Fall ist Trump davon überzeugt, dass
       er nun Mittel für den Mauerbau ausgeben kann, [2][die der Kongress nicht
       bewilligt hat]. Der Notstand ist nicht gleichbedeutend mit einem
       landesweiten Ausnahmezustand, wie er beispielsweise nach dem Putschversuch
       vom Juli 2016 in der Türkei verhängt wurde und mit dem Grundrechte
       eingeschränkt wurden.
       
       Wieso erklärt Trump den Notstand? 
       
       Trump argumentiert in der Erklärung, dass an der Grenze zu Mexiko eine
       „Sicherheits- und humanitäre Krise“ herrscht, die nationale
       Sicherheitsinteressen bedrohe – und daher einen nationalen Notstand
       darstelle. Bei einer Pressekonferenz am Freitag wählte er drastische Worte:
       „Wir reden von einer Invasion in unser Land“, sagt Trump am Freitag.
       Drogenhändler, Menschenschmuggler und kriminelle Banden würden aus Mexiko
       eindringen. „Monströse Karawanen“ mit illegalen Migranten versuchten, die
       Grenze zu überwinden.
       
       Was ist Trumps Ziel? 
       
       Die Mauer. Trump wirbt damit, dass nur ein solches Bollwerk illegale
       Migranten, Drogen, Menschenschmuggler und kriminelle Banden außen vor
       halten und die Grenze effektiv sichern könne. Der Präsident will
       langfristig auf der Hälfte der rund 3.200 Kilometer langen Grenze zu Mexiko
       eine Mauer bauen lassen. Der Rest der Grenze ist nach seinen Worten durch
       natürliche Barrieren wie etwa Flüsse geschützt. Die Grenzmauer war Trumps
       zentrales Wahlkampfversprechen.
       
       Wer soll das bezahlen? 
       
       Im Wahlkampf hat Trump versprochen, dass Mexiko den Bau der Mauer bezahlt.
       Das ist nicht passiert. Also braucht Trump Geld vom Kongress. Das Parlament
       hat die Budgethoheit, das heißt, es bewilligt Gelder und bestimmt, wofür
       diese ausgegeben werden. Der Kongress hat Trump aber in einem Budgetgesetz
       für das bis Ende September laufende Haushaltsjahr nur 1,375 Milliarden
       Dollar für „neue physische Barrieren“ bewilligt – nicht die von ihm
       geforderten 5,7 Milliarden Dollar. Damit hätte Trump die Grenze auf einer
       Strecke von knapp 90 Kilometern befestigen können – geplant waren gut 375
       Kilometer.
       
       Warum stellt der Kongress sich quer? 
       
       Um die Mittel für seine Grenzmauer im Haushalt bewilligt zu bekommen, ist
       Trump auf die Stimmen der Demokraten im Kongress angewiesen, der aus dem
       Abgeordnetenhaus und dem Senat besteht. Die Demokraten lehnen eine Mauer,
       wie sie Trump fordert, aber strikt ab. Sie bestreiten außerdem, dass es die
       von Trump ausgerufene Krise an der Grenze zu Mexiko überhaupt gibt. Auch
       mehrere Republikaner wandten sich gegen die Notstandserklärung. Senatorin
       Susan Collins stellte schon vorab in Frage, ob die Maßnahme
       verfassungskonform sei.
       
       Woher soll nun das Extra-Geld kommen? 
       
       Mit Hilfe der Notstandserklärung will Trump neben den 1,375 Milliarden
       Dollar, die der Kongress bewilligt hat, auf weitere rund 6,7 Milliarden
       Dollar zugreifen. Der Löwenanteil dieser Mittel kommt aus dem Pentagon. Der
       größte Einzelposten sind 3,6 Milliarden Dollar für militärische
       Bauvorhaben, die der Kongress für andere Projekte bewilligt hat. Aus Sicht
       von Kritikern werden diese Gelder nun zweckentfremdet. Nicht nur
       Demokraten, auch einige Republikaner sehen darin einen gefährlichen
       Präzedenzfall.
       
       Kann der Kongress den Notstand kippen? 
       
       Theoretisch ja. Mit ihrer Mehrheit im Abgeordnetenhaus könnten die
       Demokraten die Notstandserklärung anfechten. Ob das aber reicht, ist
       überaus fraglich: Nicht nur der republikanisch kontrollierte Senat müsste
       einer solchen Resolution zustimmen, sondern auch Trump selbst. Würde der
       Präsident sein Veto einlegen, könnten ihn beide Kammern nur mit einer
       Zweidrittelmehrheit überstimmen. Eine solche Mehrheit in beiden Kammern
       dürfte schwierig zu mobilisieren sein.
       
       Wie sieht es mit dem Rechtsweg aus? 
       
       Trump gibt sich da keinen Illusionen hin: „Ich erwarte, verklagt zu
       werden“, sagte der Präsident am Freitag. Er hielt es für möglich, vor
       Gericht zunächst zu unterliegen. Er will in diesem Fall dann aber bis zum
       Supreme Court gehen, dem Obersten Gericht. Eine erste Klage ging bereits am
       Freitagabend bei einem Bundesgericht in der Hauptstadt ein, weitere Klagen
       sind angekündigt. So will beispielsweise die Generalstaatsanwältin von New
       York, Letitia James, die Notstandserklärung „mit jedem rechtlichen Mittel
       bekämpfen, das uns zur Verfügung steht“. Ihre Kollegen aus den
       Bundesstaaten Maryland und Washington, Brian Frosh und Bob Ferguson,
       nannten eine Notstandserklärung zum Mauerbau illegal. Gerichtsverfahren
       könnten zumindest einen Teil des Baus verzögern.
       
       Ist Trump der erste US-Präsident, der den Notstand erklärt? 
       
       Nein. [3][59 solche Erklärungen] (pdf) gab es seit dem Nationalen
       Notstandsgesetz von 1976, die von Trump mit einberechnet. 32 dieser
       Notstandserklärungen sind derzeit in Kraft. Die älteste davon datiert aus
       dem Jahr 1979: Mit ihr fror Präsident Jimmy Carter iranisches
       Regierungseigentum im Einflussbereich der USA ein. Bei den meisten
       Notstandserklärungen ging es um Maßnahmen, die ein US-Präsident bei
       Konflikten mit anderen Staaten oder bei Krisen und Katastrophen ergriff.
       Die Demokraten werfen Trump vor, das Gesetz zu missbrauchen, um sein
       Wahlkampfversprechen am Kongress vorbei zu finanzieren.
       
       Was hat das alles [4][mit dem „Shutdown“] zu tun? 
       
       Trump ließ die Finanzierung von Teilen der US-Regierung kurz vor
       Weihnachten auslaufen: Er wollte kein Haushaltsgesetz unterzeichnen, in dem
       keine Mittel für die Mauer enthalten sind. Fünf Wochen dauerte der längste
       „Shutdown“ in den USA. 800.000 Bundesbedienstete bekamen kein Gehalt mehr.
       In Umfragen machte eine Mehrheit nicht die Demokraten, sondern Trump für
       den „Shutdown“ verantwortlich. Seine ohnehin schlechten Zustimmungswerte
       gingen weiter in den Keller.
       
       Was passierte dann? 
       
       Trump unterzeichnete schließlich einen Übergangshaushalt, der den
       Regierungsstillstand für drei Wochen beendete. In dieser Zeit – die in der
       Nacht zum Samstag ausgelaufen wäre – sollten Republikaner und Demokraten
       einen Kompromiss zur Mauerfinanzierung ausarbeiten. Das gelang in letzter
       Minute, der Kompromiss sah aber eben nur die 1,375 Milliarden Dollar für
       den Bau einer Grenzbefestigung vor. Trump unterzeichnete das Gesetz, um
       einen erneuten „Shutdown“ abzuwenden – und erklärte zugleich den Notstand,
       um die Mauer trotzdem finanziert zu bekommen.
       
       Ist die Gefahr eines „Shutdowns“ abgewendet? 
       
       Erst einmal ja: Die Regierung ist nun vollständig bis zum Ende dieses
       Haushaltsjahres finanziert, das bis Ende September geht. Beim
       Haushaltsgesetz für das kommende Jahr könnte der Streit allerdings wieder
       von vorne losgehen. Und der Streit um die Grenzmauer dürfte bis dahin nur
       noch weiter eskalieren.
       
       16 Feb 2019
       
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   DIR [4] /Shutdown-in-den-USA/!5568295
       
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