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       # taz.de -- Urteil gegen Aktivistin Elin Ersson: Ziviler Ungehorsam kostet 300 Euro
       
       > Die Aktivistin Elin Ersson, die in Schweden die Abschiebung eines
       > Afghanen per Flugzeug verzögerte, wird zu einer Geldstrafe verurteilt.
       
   IMG Bild: Elin Ersson während ihres Prozesses Anfang Februar in Göteborg
       
       Stockholm taz | Ein 26-jähriger Flüchtling sollte am 23. Juli vergangenen
       Jahres vom Flughafen Göteborg aus nach Afghanistan abgeschoben werden. Das
       wollte die schwedische Studentin Elin Ersson verhindern. Am Montag wurde
       sie deshalb wegen eines Verstoßes gegen das Luftfahrtgesetz verurteilt und
       erhielt eine Geldbuße von umgerechnet 300 Euro.
       
       Erssons über Facebook als Livestream verbreitete Aktion hatte seinerzeit
       [1][weltweite Aufmerksamkeit erregt] und war millionenfach geteilt worden.
       Darin erklärte sie auch ihre Beweggründe: Mit der Weigerung ihren Platz
       einzunehmen und im Mittelgang stehen zu bleiben, wolle sie den Start des
       Flugzeuges und damit die geplante Abschiebung verhindern: „Und damit einen
       wahrscheinlichen Tod.“
       
       Die 21-jährige Flüchtlingsaktivistin hatte insoweit Erfolg, als es an
       diesem Tag [2][tatsächlich nicht zur Abschiebung kam]. Der Flugkapitän
       veranlasste, dass sowohl Ersson als auch der an Bord befindliche Afghane
       und seine Polizeibegleitung das Flugzeug verlassen mussten. Der Start
       erfolgte dann mit Verspätung. Für Ersson gab es ein juristisches Nachspiel.
       
       Anfang Februar musste sie sich vor dem Amtsgericht Göteborg verantworten.
       Die Staatsanwaltschaft warf ihr eine Gefährdung der Sicherheit des
       Flugverkehrs vor, weil sie den Anweisungen des Flugkapitäns nicht Folge
       geleistet habe.
       
       ## Noch am Terminal
       
       Ersson und ihr Rechtsanwalt verteidigten sich mit dem Argument, die
       Sicherheit des Luftverkehrs könne nicht gefährdet werden, solange ein
       Flugzeug noch am Terminal stehe. Darüber hinaus habe sie nicht der
       Flugkapitän, sondern lediglich das Kabinenpersonal aufgefordert, ihren
       Platz einzunehmen.
       
       Der ersten Anordnung des Flugkapitäns persönlich, ebenso wie der
       Ausgewiesene und die Polizeibeamten das Flugzeug zu verlassen, sei sie dann
       jedoch umgehend gefolgt. Sie habe sich vorab juristisch beraten lassen, wo
       genau die Grenze zu einem strafbaren Verhalten verlaufe.
       
       Die zuständige Richterin sah es dagegen als erwiesen an, dass die
       Aufforderung die Sitzplätze einzunehmen vom Flugkapitän gekommen sei und
       Ersson das auch so habe verstehen müssen. Mit ihrer Weigerung habe sie sich
       eines Verstoßes gegen das Luftfahrtgesetz schuldig gemacht.
       
       Allerdings sei dieser Verstoß als geringfügig zu beurteilen. Deshalb sei
       die Verhängung einer Geldbusse angemessen. Die Anklagebehörde hatte eine
       14-tägige Haftstrafe beantragt. Erssons Verteidigung hatte auf Freispruch
       plädiert.
       
       ## Berufung angekündigt
       
       Erssons Rechtsanwalt Tomas Fridh zeigte sich enttäuscht und kündigte eine
       Berufung gegen das Urteil an: „Das Gericht kommt zu einer sehr
       weitreichenden Auslegung dessen, was strafbar sein soll. Elins Absicht
       bestand darin, sich im Bereich des nicht strafbaren Handelns zu bewegen und
       sie konnte mit Fug und Recht davon ausgehen, dass sie das tat.“
       
       Was Ersson zu Beginn ihrer Aktion nicht wusste: An Bord befand sich gar
       nicht der 26-Jährige, für den sie sich einsetzen wollte. Die Polizei hatte
       kurzfristig ihre Pläne geändert und ihn zur Abschiebung nach Stockholm
       gebracht. Stattdessen war ein 52-jähriger Afghane an Bord, der wegen
       Misshandlung seiner Ehefrau und seiner beiden Töchter inhaftiert gewesen
       war und dessen Abschiebung nach Verbüßung der Strafe ein Gericht angeordnet
       hatte.
       
       Ebenso wie der 26-jährige wurde er einige Tage später auch tatsächlich nach
       Afghanistan abgeschoben. Dieses nachträgliche Wissen habe nicht wirklich
       etwas für sie geändert, betont Elin Ersson: „Niemand verdient es nach
       Afghanistan in einen sicheren Tod deportiert zu werden.“
       
       18 Feb 2019
       
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   DIR Reinhard Wolff
       
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