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       # taz.de -- Orbán lässt Hetzplakate in Ungarn kleben: Gut zu wissen, dass Wahlkampf ist
       
       > Orbán hetzt gegen Parteifreund Juncker und den US-Milliardär Soros. Doch
       > in Ungarn regt sich Widerstand gegen die Fake-News-Kampagne.
       
   IMG Bild: Plakat erzeugt Gegenplakat: „Momentum“-Gruppe überklebt Hetzplakat mit Kritik an Orbáns Politik
       
       WIEN taz | Wer in Ungarn den EU-Kommissionspräsidenten nicht gekannt hat,
       weiß jetzt, wie Jean-Claude Juncker aussieht. Flächendeckend hat die
       Regierung den Luxemburger gemeinsam mit dem Spekulanten und Philanthropen
       Geoge Soros plakatiert. „Gut zu wissen, worauf Brüssel hinauswill!“ heißt
       es da.
       
       Ein diabolisch lächelnder Soros und ein dämlich grinsender Juncker werden
       da für eine Migrationspolitik der Europäischen Union verantwortlich
       gemacht, die ganz Europa und Ungarn im Besonderen mit Migranten
       überschwemmen wolle.
       
       Bürokraten in Brüssel, so heißt es auf einer Serie von Plakaten, „lancieren
       experimentelle Migrationsprojekte mit afrikanischen Staaten“, „wollen
       verbindliche Ansiedlungsquoten einführen“ und „wollen Finanzhilfen für
       Länder reduzieren, die Migration ablehnen“. Diese Warnungen werden auch
       sämtlichen Haushalten Ungarns per Postwurf zugestellt.
       
       Es herrscht Wahlkampf in Viktor Orbáns Land. Mahnungen aus Brüssel, er
       solle keine Fake News verbreiten, prallen am streitbaren Premier ab wie
       Hagelkörner an einer Stahlwand.
       
       ## Schuld sind Brüsseler Bürokraten
       
       Die Ungarn hätten ein Recht zu wissen, „welche Art von
       Pro-Migrationspolitik von der Brüsseler Bürokratie vorbereitet würde“,
       schrieb Regierungssprecher Zoltán Kovács auf Twitter. „Deshalb starteten
       wir eine Informationskampagne.“ Diese habe nichts mit dem Wahlkampf zu tun
       und werde, so Kovács „wie geplant am 15. März enden“.
       
       Danach, so hat Orbán auch bereits wissen lassen, werde in einer weiteren
       Diffamierungskampagne der sozialdemokratische Vize-Kommissionspräsident
       Frans Timmermans mit Soros plakatiert werden.
       
       Diese Kampagne, so Orbán bei seinem jüngsten Auftritt im staatlichen
       Kossuth-Rádió, „entlarvt die Migrationspläne der Brüsseler Bürokraten“.
       Kein Wunder, so der Premier an seine Landsleute, dass die „Entlarvten
       unzufrieden mit der ungarischen Regierung“ seien.
       
       Aber: Jemand müsse die Schuld auf sich nehmen für all die
       Fehlentscheidungen, die in letzter Zeit getroffen wurden, nämlich „die
       Leiter der EU-Institutionen“. Daher sei es am Wähler, dafür zu sorgen, dass
       Leute in leitende Funktionen kommen, „die nicht wieder die gleichen Fehler
       begehen werden“.
       
       ## Schmähungen gegen Kritiker
       
       Orbán beteuert, dass er nicht daran denkt, aus der EU auszutreten. Und
       gegen den Ausschluss aus der EVP, der bei den europäischen Christdemokraten
       immer vehementer diskutiert wird, wehrt er sich mit aller Macht. Viktor
       Orbán hofft, und das hat er zuletzt in allen Interviews betont, dass es
       nach den Europawahlen zu einem Kräfteverhältnis innerhalb des
       Europaparlaments in seinem Sinne kommt.
       
       Oppositionelle, die Orbáns Art der Propaganda infam finden, werden von
       Fidesz-Anhängern in den sozialen Medien mit hasserfüllten Schmähungen
       überschüttet. Die Satire-Partei Zweischwänziger Hund kontert mit Plakaten,
       die das ungarische Wahlvolk erinnern: „Sie haben das Recht zu denken“ oder
       „Sie haben das Recht zu lachen“.
       
       Die 2017 aus der erfolgreichen Bürgerbewegung gegen die Budapester
       Olympia-Bewerbung hervorgegangene liberale und pro-europäische
       Momentum-Bewegung versucht währenddessen über Crowd-Funding Geld für eine
       Gegenkampagne aufzustellen.
       
       ## Orbán, der reichste Ungar
       
       Auf Plakaten, die in der Anmutung an die Soros-Juncker-Posters erinnern,
       sollen Viktor Orbán und der durch Staatsaufträge zum Milliardär gewordene
       Oligarch Lőrinc Mészáros abgebildet werden: „Gut zu wissen, dass Orbán und
       sein Freund die reichsten Ungarn sind.“
       
       Staatliche Korruption wird neben dem heruntergekommenen Gesundheitssystem
       als größtes Übel gesehen. Deswegen auch: „Gut zu wissen, dass 4.000
       Hausärzte im System fehlen!“ Die von Momentum formulierte Frage: „Wussten
       Sie, dass jedes sechste ungarische Kind im Ausland geboren wird?“ (s.
       Foto), soll daran erinnern, dass Ungarn kein Zuwanderungs-, sondern ein
       Auswanderungsproblem hat.
       
       5 Mar 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ralf Leonhard
       
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