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       # taz.de -- Kolumne Flimmern und Rauschen: Was freie Medien wert sind
       
       > Im Frühjahr 1990 war der Wandel nicht aufzuhalten. Heute ist das mit der
       > Unterstützung medialer Unabhängigkeit im Osten so eine Sache.
       
   IMG Bild: Demonstration zum Internationalen Frauentag am 8. März 1990 in Ost-Berlin
       
       Es hat zwar etwas gedauert, aber jetzt ist der 8. März Feiertag. Zumindest
       in Berlin. [1][Dass, wie Harald Martenstein ja schon im sonntäglichen
       Tagesspiegel lästerte,] der Internationale Frauentag bislang eher mal in
       nicht ganz so medien-liberalen Staaten begangen wurde, kann der Freude
       dabei keinen Abbruch tun. Zumal das auch in Berlin schon mal ganz anders
       war.
       
       Im Frühjahr 1990, die Mauer war schon löchrig, die DDR beziehungsweise
       etliche ihrer Staatsinstitutionen noch gerade so intakt, standen wir beim
       Pförtner des Berliner Verlags am Alex. Zwei Journalistik-Studenten der Uni
       Dortmund auf Stippvisite bei den über die gesamte DDR verstreuten
       Studierenden des Instituts für Journalistik der Karl-Marx-Universität
       Leipzig, die uns gleich nach der Maueröffnung Ende 1989 in Dortmund besucht
       hatten. Unterm Arm mit uns eingereiste Westcroissants, wir waren
       schließlich mit einem Volontär der Berliner Zeitung zum zweiten Frühstück
       verabredet.
       
       Es war der 8. März 1990, und an der „Wache“ (wie der Pförtner in den neuen
       Ländern ja immer noch gerne heißt) große Aufregung: „Der Volontär hat
       Westbesuch.“ Diskrete Hinweise, dass man das ja nun nicht mehr ganz so
       aufregend finden müsse, halfen nichts. Weggeschickt wurden wir aber auch
       nicht. Sondern geparkt – in der Frauentagsfeier des Berliner Verlags.
       
       Vor vielen Damen in Kitteln hielt zu roten Nelken und lauwarmem Sekt ein
       graues Männchen eine dürre Rede, dann kam eine stellvertretende
       Chefredakteurin, extra für uns. Die war mal für die DDR-Agentur ADN in Bonn
       gewesen und galt daher wohl als westkontakttauglich. Das Gespräch war,
       sagen wir mal, frostig.
       
       ## Nicht aufzuhalten
       
       Dann endlich der Kollege Volo, Jens Winderlich. Genau ein Jahr später
       findet sich sein Name auf der von der Anderen Zeitung und der Ost-taz
       veröffentlichten Liste der „Offiziere im Besonderen Einsatz“ der
       Staatssicherheit.
       
       Doch der Wandel war nicht aufzuhalten, das SED-Blatt Volk in Erfurt hatte
       sich schon erfolgreich zur unabhängigen Thüringer Allgemeine gehäutet, der
       Rest der Presse, auch die Berliner Zeitung, folgte. Die Jugendprogramme
       DT64 und Elf99 brachten frischen Wind in den umbrechenden DDR-Rundfunk (und
       wurden 1992 mit der Gründung der ARD-Anstalten für die neuen Länder
       gemeuchelt, obwohl DT64-HörerInnen für ihr Radio sogar in Hungerstreik
       gingen).
       
       Heute ist das mit der Unterstützung medialer Unabhängigkeit und dem
       Bewusstsein, was freie Medien wert sind, nicht nur, aber vor allem im Osten
       so eine Sache. Und im Tagesspiegel steht nicht nur Martenstein, sondern im
       Rahmen einer Reihe zur Reform der Öffentlich-Rechtlichen wie
       selbstverständlich ein [2][von mäßiger Unkenntnis strotzender Beitrag aus
       der Feder des medienpolitischen Sprechers der AfD.]
       
       7 Mar 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Die-Wahrheit/!5070713
   DIR [2] https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/medien/zukunft-des-oeffentlich-rechtlichen-rundfunks-zwangs-diaet-jetzt/24058394.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Steffen Grimberg
       
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