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       # taz.de -- Verantwortung für Bergbau-Folgen: Die Kosten tragen andere
       
       > Der Abbau von Rohstoffen für die Energie- und Verkehrswende schadet der
       > Umwelt. Eine Behörde will Konzerne in die Pflicht nehmen.
       
   IMG Bild: Im Januar brach im brasilianischen Brumadinho der Damm einer Erzmine: Es gab Tote und Verwüstung
       
       BERLIN taz | Das Umweltbundesamt (UBA) fordert schärfere Umweltstandards
       beim globalen Abbau von Metallen und seltenen Erden. Im Rahmen einer
       Rohstoffkonferenz, die diese Woche in Berlin stattfand, stellte die Behörde
       eine Studie vor, die die Umweltfolgen des Abbaus von Rohstoffen in den
       Blick nimmt und mögliche Lösungswege vorbringt.
       
       Ihr Fazit: Deutschland und andere Importeure stehen in der Pflicht, besser
       Sorge zu tragen beim Abbau von Metallen und seltenen Erden weltweit. Durch
       unsachgemäßen Minenbetrieb sei nicht nur die Umwelt gefährdet; auch das
       wirtschaftliche Wachstum sehen die AutorInnen bedroht.
       
       Noch immer wird die Umwelt bei der Förderung von Rohstoffen wie Kobalt,
       Gold und Kupfer immens belastet. Knappe Ressourcen wie Wasser werden
       verbraucht; ausgewaschene Schwermetalle vergiften Grundwasser und
       Ackerflächen; horrende Mengen des Treibhausgases CO2 werden ausgestoßen und
       natürliche Lebensräume weggebaggert, gesprengt, zerstört.
       
       ## Sorgfaltspflicht für Importeure
       
       [1][Der Dammbruch in der brasilianischen Eisenerzmine Feijão im Januar]
       habe erneut gezeigt, wie verheerend sich unsachgemäße Minenbetriebe auf
       Mensch und Umwelt auswirken, sagte Maria Krautzberger, Präsidentin des
       Umweltbundesamtes, auf einer Pressekonferenz. 12 Millionen Kubikmeter
       „giftigster Bergbauschlamm“ hatten sich dort über eine Fläche von 290
       Hektar ergossen und die Umwelt vergiftet. Mindestens 169 Menschen starben.
       
       Zu den ökologischen, humanitären und sozialen Folgen des schlecht
       regulierten Bergbaus gesellen sich schließlich auch wirtschaftliche
       Einwände, argumentiert das Umweltbundesamt. Denn solange Importeure wie
       Deutschland von den Metallen und seltenen Erden anderer Länder abhängig
       sind, bilde die gesicherte Versorgung mit Kobalt, Lithium und anderen
       Rohstoffen eine Bedingung für hiesiges Wirtschaftswachstum. Wenn der
       Bergbau nicht nachhaltig betrieben werde, stiegen auch hierzulande die
       Kosten.
       
       Die UBA-Präsidentin argumentierte auch ökonomisch: „Wir müssen verhindern,
       dass unterlassener Umweltschutz zum unkalkulierbaren Kostentreiber für
       unsere auf Rohstoffe angewiesenen Unternehmen wird“, so Krautzberger. „Beim
       Umweltschutz zu sparen wäre volkswirtschaftlich äußerst kurzsichtig.“
       Speziell für innovative Technologien – etwa im Bereich der Energiewende und
       der Elektromobilität – sind entsprechende Rohstoffe von besonderer
       Bedeutung.
       
       Jedes Smartphone enthält teure Metalle wie Gold, Silber und Palladium,
       jedes Windrad bis zu 30 Tonnen Kupfer und jeder Akku eine Vielzahl seltener
       Erden und Metalle. Das Umweltbundesamt warnt deshalb: Der Bedarf an
       entsprechenden Rohstoffen wird in den kommenden Jahrzehnten rasant
       ansteigen. Allein die Nachfrage nach Lithium, das für Akkus und Batterien
       besonders wichtig ist, wird sich bis 2025 verdoppeln.
       
       Die Arbeit in den Minen müsse deshalb gewissen Standards angepasst werden,
       damit der Abbau von Lithium und anderen Rohstoffen nicht zur „Achillesferse
       der Energiewende“ gerät, meint Krautzberger. Recyceltes Lithium könne nach
       derzeitigem Stand der Technik nur einen kleinen Anteil des zukünftigen
       Bedarfs decken.
       
       ## „EU muss die Umweltstandards geschlossen einfordern“
       
       Auch Elias T. Ayuk vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen (Unep), der
       einen aktuellen Bericht zum Thema mitgebracht hatte, pflichtete
       Krautzberger bei. „Die Versorgungssicherheit von Rohstoffen ist zentral für
       das Wirtschaftswachstum im globalen Norden“, sagte Ayuk. Es brauche neue
       Rahmenbedingungen für den Rohstoffhandel weltweit, um die Situation der
       MinenarbeiterInnen vor Ort zu verbessern und Umweltschäden einzudämmen.
       
       „Um etwas zu ändern, müssten Umweltstandards in der EU geschlossen
       eingefordert werden“, mahnt Krautzberger. Das Umweltbundesamt empfiehlt
       deshalb eine Sorgfaltspflicht entlang der Rohstofflieferkette, damit
       humanitäre, ökologische und soziale Standards eingehalten werden. Die
       Kosten langfristiger Umweltschäden müssten sich in den Preisen der
       Endprodukte abbilden.
       
       21 Feb 2019
       
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