# taz.de -- Familientrennung in den USA: Im Land der Kinder
> 29 Mütter und Väter aus Zentralamerika, die vor einem Jahr von ihren
> Kindern getrennt und abgeschoben wurden, sind zurück in den USA.
IMG Bild: Sie warten darauf, die Kinder in den USA wiederzusehen: Eltern am Grenzübergang Mexicali-Calexico
New York taz | Fast 3.000-mal haben die US-Behörden im Frühling und
Frühsommer des vergangenen Jahres Kinder von ihren Eltern getrennt. Mit den
[1][systematischen Familientrennungen] wollte Präsident Donald Trump ein
Exempel statuieren. Einerseits sollten MigrantInnen in Zentralamerika
abgeschreckt werden, andererseits sollte seine Basis sehen, dass er härter
gegen EinwandererInnen vorgeht als seine Vorgänger.
Knapp ein Jahr später sind nun 29 Mütter und Väter aus Honduras, El
Salvador und Guatemala zurückgekehrt in die USA. Sie wollen ihre Kinder
zurück. Sie konnten, als sie Anfang März am Grenzübergang Calexico zwischen
Mexicali und Kalifornien ankamen, auf ein US-amerikanisches Gerichtsurteil
verweisen, das ihnen das Recht auf Familienzusammenführung gibt.
Die 29 Männer und Frauen gehören zu den 400 Eltern, die allein abgeschoben
wurden, während ihre Kinder zurückblieben. Oftmals waren die Kinder in
hastig für Minderjährige errichteten Zeltstädten und anderen Gefängnissen
untergebracht worden. Manche sind inzwischen bei Angehörigen in den USA
untergekommen, andere leben immer noch in Institutionen der US-Regierung.
Die US-Behörden haben es trotz des klaren Auftrags der Justiz nicht
geschafft, die Familienzusammenführungen zu organisieren. Ihr Vorgehen bei
den Familientrennungen war so übereifrig und brutal, dass sie nicht einmal
die Personendaten der Opfer korrekt erfasst haben. In einigen Fällen wissen
die Behörden bis heute nicht, welche Kinder zu welchen Eltern gehören. Und
in welchen Ländern und Orten die Eltern leben.
Angesichts des behördlichen Chaos haben einige Familien in Mittelamerika
auf eigene Faust versucht, zurück in die USA zu gelangen. Dafür haben sie
Schleppern bis zu 8.000 Dollar gezahlt. Doch die 29, die jetzt als Gruppe
gekommen sind, haben einen anderen Weg gewählt. Sie wurden von AnwältInnen
begleitet, die ihnen halfen, ihre Asylanträge mit dem Recht auf
Familienzusammenführung zu begründen.
## Sohn hinter Gittern
Die kalifornische Nichtregierungsorganisation Al Otro Lado hat die
Gruppenreise organisiert. Mitarbeiterin Erika Pinheiro hat dort, wo die
US-Behörden versagt haben, traumatisierte Eltern in Zentralamerika
aufgestöbert und ihnen die Reise vorgeschlagen. Al Otro Lado übernahm die
Kosten für Bus- und Flugtickets sowie für das Hotel in Tijuana, in dem die
Gruppe sich auf ihre kollektive Grenzüberquerung vorbereitet hat.
Fast alle Eltern, die Pinheiro angesprochen hat, sagten sofort „si“. Ein
Vater aus Honduras, der seinen 15-jährigen Sohn zuletzt im vergangenen Jahr
gesehen hat, als er durch Gefängnisgitter von ihm getrennt war, sagt: „Ich
weiß, dass es ein großes Risiko ist. Aber wir hoffen alle auf einen guten
Ausgang.“
In vielen Fällen haben die US-Behörden den Eltern nach der Trennung von
ihren Kindern angeboten, dass sie eine schnellere Wiedervereinigung
bekämen, wenn sie „freiwillig“ zurückreisten. Daraufhin stimmten Eltern
schriftlich ihrer eigenen Abschiebung – die in den USA „Deportation“
genannt wird – zu. Unter ihnen waren auch Leute, die lediglich eine
Maya-Sprache sprechen und sich weder auf Spanisch noch auf Englisch
verständigen konnten. Erst nachdem sie mittellos und ohne ihre Kinder
zurück am Ausgangspunkt ihrer Reise waren, verstanden sie, dass sie in
einer Falle waren.
Fürs Erste sind die 29 Mütter und Väter, die jetzt ihr Bleiberecht und ihre
Familienzusammenführung durchsetzen wollen, erneut in einem Lager. Aber
immerhin befinden sie sich jetzt in dem Land, in dem auch ihre Kinder sind.
7 Mar 2019
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## AUTOREN
DIR Dorothea Hahn
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