URI: 
       # taz.de -- Verseuchung durch Chemikalie PCB: Noch mehr Krebsklagen gegen Bayer
       
       > Auch diese Monsanto-Altlast könnte den Chemiekonzern Milliarden kosten:
       > US-Städte wie Baltimore wollen Geld wegen Verschmutzung mit PCB.
       
   IMG Bild: Umstritten: der Bayer-Slogan „Wissenschaft für ein besseres Leben“ in Berlin
       
       Berlin taz Der Bayer-Konzern kämpft nach den Gerichtsverfahren um das
       Pestizid Glyphosat nun auch mit einer Welle Schadenersatzklagen wegen der
       hochgiftigen Chemikalie PCB. Die US-Stadt Baltimore verklagt das
       Tochterunternehmen Monsanto, weil die wahrscheinlich krebsauslösende
       Substanz ihre Gewässer belaste.
       
       Die Firma müsse Schadenersatz etwa für die Reinigung des Hafens und eines
       Sees des 600.000-Einwohner-Orts an der amerikanischen Ostküste zahlen,
       heißt es in der [1][Klageschrift]. Diese nennt zwar keinen Betrag, laut
       Stadtverwaltung hat Monsanto aber [2][„mindestens zig Millionen Dollar“]
       Schäden angerichtet. „Die Steuerzahler sind nicht verantwortlich für
       Monsantos schlechte Taten“, sagte der Leiter der Rechtsabteilung, Andre
       Davis.
       
       14 ähnliche Klagen liegen der Kommune zufolge bereits von anderen Städten
       wie San Diego oder Seattle und auch von Bundesstaaten vor. Der Staat Oregon
       etwa verlangt [3][100 Millionen Dollar]. Monsanto ist darüber hinaus dem
       neuesten Bayer-Geschäftsbericht zufolge „mit einer [4][Vielzahl von
       Klagen]“ wegen mutmaßlich durch PCBs verursachte Gesundheits- und
       Vermögensschäden von Personen konfrontiert. Allein 2016 zahlte das
       Unternehmen für Vergleiche in solchen Fällen nach eigenen Angaben [5][280
       Millionen Dollar].
       
       Damit droht dem Leverkusener Chemiekonzern Bayer ein weiteres
       milliardenschweres Prozessrisiko, weil er vergangenes Jahr Monsanto
       übernommen hat. Die US-Tochter muss auch andere gravierende
       Rechtsstreitigkeiten bewältigen. Besonders prominent sind rund 11.000
       Schadenersatzklagen wegen mutmaßlich durch Glyphosat verursachte
       Krebserkrankungen.
       
       ## „Monsanto hat diese Tatsachen verheimlicht“
       
       Polychlorierte Biphenyle, kurz PCB, sind industriell erzeugte
       Chlorverbindungen. Sie wurden zum Beispiel in Elektrogeräten wie
       Transformatoren und Kondensatoren, als Hydraulikflüssigkeit sowie als
       Weichmacher in Lacken verwendet. Die Chemikalien gelangten in die Umwelt,
       indem sie beispielsweise aus Farben ausgasten oder als PCB-haltige
       Maschinen unsachgemäß entsorgt wurden. Sie sind langlebig, reichern sich in
       Organismen an und verteilen sich auf der ganzen Welt.
       
       „Im Ergebnis verseuchten PCBs die Straßen, Abflusssysteme, das Regenwasser
       und Gewässer in Baltimore“, steht in der Klageschrift. Nach Untersuchungen
       des Bundesstaates Maryland sei das Wasser im Hafen der Stadt und dem Fluss
       Patapsco so stark mit der Chemikalie belastet, dass es nicht mehr für
       „menschlichen Gebrauch“ sicher sei. Fisch aus dem Lake Roland der Stadt
       beispielsweise dürfe deshalb nicht mehr gegessen werden.
       
       Monsanto habe seit Jahrzehnten gewusst, dass PCBs entweichen und dann
       solche Schäden anrichten können, schreiben die Anwälte der Stadt. Doch
       „Monsanto hat diese Tatsachen verheimlicht und weiter PCBs produziert“ bis
       zu deren Verbot in den USA im Januar 1979.
       
       ## Interne Firmendokumente als Belege
       
       Die Juristen wollen das mit internen Monsanto-Dokumenten aus früheren
       Gerichtsverfahren belegen. Bereits in einem Vermerk von 1937 habe die Firma
       festgestellt, dass ihr PCB-Produkt Aroclor zu „systemischen toxischen
       Effekten“ führe. Später hätten die Manager geschrieben, dass trotz der
       Gefahren ein Produktionsstopp nicht in Frage komme, weil „zu viel
       Monsanto-Gewinn“ auf dem Spiel stehe.
       
       Die Anwälte richten ihre Klage gegen Monsanto und zwei aus ihm
       hervorgegangen Firmen, weil es der [6][größte Hersteller der Substanzen
       weltweit war] – zusammen mit der Bayer AG, die die US-Firma vergangenes
       Jahr übernommen hat.
       
       Die Stadt beruft sich darauf, dass die US-Umweltbehörde PCBs als
       „[7][wahrscheinlich krebserregend“] eingestuft hat. Die
       Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation halte die
       Chemikalien sogar für [8][eindeutig krebserregend]. Laut Umweltbehörde
       hätten PCBs auch die Fortpflanzungsfähigkeit sowie das Immun-, Nerven- und
       Hormonsystem von Versuchstieren geschädigt.
       
       ## Bayer weist Vorwürfe zurück
       
       Bayer teilte der taz auf Anfrage lediglich mit: „Monsanto hat die
       Produktion von PCB vor mehr als 40 Jahren eingestellt. Wir prüfen derzeit
       die Klage der Stadt Baltimore, sind aber davon überzeugt, dass die Vorwürfe
       unbegründet sind und werden uns in diesem Verfahren entschieden
       verteidigen.“
       
       28 Feb 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://law.baltimorecity.gov/sites/default/files/2019-02-19%20Baltimore%20v%20Monsanto%20-%20Filed%20Complaint.pdf
   DIR [2] https://www.baltimorecity.gov/news/press-releases/2019-02-20-city-baltimore-files-first-east-coast-pcb-lawsuit-against-monsanto
   DIR [3] https://www.doj.state.or.us/media-home/news-media-releases/ag-rosenblum-sues-monsanto-damage-oregon-pcbs/
   DIR [4] https://www.geschaeftsbericht2018.bayer.de/
   DIR [5] https://monsanto.com/app/uploads/2017/12/2017_Monsanto_Annual_Report.pdf
   DIR [6] https://www.google.com/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=1&cad=rja&uact=8&ved=2ahUKEwj6-anAk97gAhUSohQKHfoyAZ8QFjAAegQICRAC&url=https%3A%2F%2Fmonographs.iarc.fr%2FENG%2FMonographs%2Fvol107%2Fmono107.pdf&usg=AOvVaw0Hi9zF3Mb4T7kIlkUIWjL3
   DIR [7] https://www.epa.gov/pcbs/learn-about-polychlorinated-biphenyls-pcbs#healtheffects
   DIR [8] https://www.google.com/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=1&cad=rja&uact=8&ved=2ahUKEwi__c209t3gAhU_AWMBHesnAvcQFjAAegQIABAC&url=https%3A%2F%2Fmonographs.iarc.fr%2FENG%2FMonographs%2Fvol107%2Fmono107.pdf&usg=AOvVaw0Hi9zF3Mb4T7kIlkUIWjL3
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jost Maurin
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Bayer AG
   DIR Schwerpunkt Monsanto
   DIR Baltimore
   DIR Schwerpunkt Bayer AG
   DIR Schwerpunkt Bayer AG
   DIR Schwerpunkt Glyphosat
   DIR Landwirtschaft
   DIR Schwerpunkt Glyphosat
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Altlast der US-Chemiefirma Monsanto: Bayer AG wegen Gift PCB verurteilt
       
       Der Konzern soll 62 Millionen Dollar an Kläger zahlen, die Erkrankungen auf
       die Chemikalie PCB zurückführen. Sie war in Leuchtstofflampen enthalten.
       
   DIR Nach der Übernahme durch Bayer: Monsanto versaut Ökobilanz
       
       Durch den Kauf von Monsanto belastet Bayer die Umwelt stärker als vorher.
       Aktivisten beantragen deshalb, den Konzernvorstand nicht zu entlasten.
       
   DIR EuG-Urteil zu Glyphosat-Studien: Spritzmittel sind Umweltemissionen
       
       Bislang haben EU-Behörden Studien zum umstrittenen Pestizid Glyphosat
       geheimgehalten. Zu Unrecht, entschied das EU-Gericht.
       
   DIR Kommentar Rekorddividende bei Bayer: Konzern zerschlagen!
       
       Der Chemiekonzern Bayer will seine verunsicherten Aktionäre mit Milliarden
       füttern – die Zeche zahlen die Mitarbeiter. 12.000 werden entlassen.
       
   DIR Bayer-Konzern nach Monsanto-Fusion: Gewinn runter, Dividende rauf
       
       Bayer verdient 77 Prozent weniger, will den Aktionären aber so viel zahlen
       wie noch nie. Die sind wegen der Glyphosat-Prozesse in den USA verschreckt.
       
   DIR NRW-Behörden regierten zu langsam: Mit PCB und Dioxin vergiftet
       
       Aus Profitgier hat der Dortmunder Entsorger Envio Mitarbeiter kontaminiert.
       Aber auch die Behörden zeigten sich dem Fall nicht gewachsen.