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       # taz.de -- Proteste in Algerien: Präsident Bouteflika fliegt
       
       > Ein Ausstand legt weite Teile Algeriens lahm. Überraschend lobt die
       > Regierung die Protestbewegung. Und Bouteflika kehrt nach Algerien zurück.
       
   IMG Bild: Hat ab sofort überraschend Semesterferien: Studentin in Algier
       
       Annaba/Algier taz/dpa/afp | Nach rund zwei Wochen medizinischer Behandlung
       in der Schweiz ist Algeriens altersschwacher Präsident Abdelaziz Bouteflika
       auf dem Heimweg. Eine Regierungsmaschine hob am Sonntag nach Angaben des
       Dienstes Flight Radar vom Flughafen in Genf ab. An Bord sei der Präsident,
       sagte ein Sprecher Bouteflikas in Algier.
       
       In seinem Heimatland hat ein Generalstreik am Sonntag unterdessen weite
       Teile des Landes lahmgelegt. Zahlreiche Geschäfte blieben geschlossen. Auch
       MitarbeiterInnen von Unternehmen legten aus [1][Protest gegen eine weitere
       Kandidatur Bouteflikas] ihre Arbeit nieder. Der Sonntag ist in Algerien ein
       Werktag.
       
       Vor allem in der Berberregion Kabylei östlich von Algier stießen die
       Streikaufrufe auf Resonanz. Aber auch in der Hauptstadt ruhte der
       öffentliche Nahverkehr. In Algier und zahlreichen anderen Städten des
       Landes wurde zudem erneut demonstriert.
       
       Zuvor hatte das Hochschulministerium am Samstag den Beginn der
       Semesterferien auf den gestrigen Sonntag vorgezogen. Offenbar hofft die
       Regierung, damit den Protesten den Wind aus den Segeln zu nehmen. Sie
       werden zu einem erheblichen Teil von StudentInnen getragen.
       
       Nur wenige Stunden später riefen jedoch Studentenverbände dazu auf, am
       Sonntag vor den Sitz des Hochschulministeriums in Algier zu ziehen und
       Universitäten und Studentenheime zu besetzen. Schon am frühen Sonntagmorgen
       versammelten sich landesweit junge Menschen in den Städten und skandierten
       Parolen gegen Bouteflika und sein angezähltes Regime.
       
       ## Erstmals Gewalt bei Zusammenstößen
       
       Seit Mitte Februar kommt es in Algerien zu Massendemonstrationen. Auslöser
       war die Ankündigung des 82-jährigen Bouteflika, bei der für den 18. April
       geplanten Präsidentschaftswahl für eine fünfte Amtszeit zu kandidieren. Am
       Freitag waren [2][landesweit mehrere Millionen Menschen durch die Straßen
       gezogen.]
       
       Im Stadtzentrum von Algier kam es erstmals zu ernsthafteren Zusammenstößen
       zwischen Polizei und protestierenden Jugendlichen, bei denen nach
       Polizeiangaben fast 200 Menschen verhaftet und 112 Beamte verletzt wurden.
       
       In anderen Landesteilen blieben die Proteste friedlich. In der Küstenstadt
       Annaba im Osten des Landes zogen mehrere zehntausend Menschen lautstark und
       von den Sicherheitskräften unbehelligt durch die Innenstadt.
       
       ## Übernimmt jetzt Bensaleh?
       
       Die Regierungspartei Nationale Befreiungsfront (FLN) brach am Sonntag ihr
       Schweigen und erklärte sich für die Überwindung der Krise zur
       Zusammenarbeit mit allen Parteien bereit. Sie lobte die Protestbewegung
       sogar als Quelle nationalen Stolzes, was als Bereitschaft zu Konzessionen
       gedeutet werden kann. Unterdessen fordern immer mehr Oppositionskräfte, die
       Wahl zu verschieben und eine Übergangsphase einzuleiten.
       
       Bis Donnerstag muss der Verfassungsrat entscheiden, welche Kandidaten er
       für die Wahl zulässt. Eine mögliche und für die hinter Bouteflika stehenden
       Eliten halbwegs gesichtswahrende Lösung wäre, dass der Rat Bouteflikas
       Bewerbung ablehnt.
       
       Sollten die anderen Kandidaten anschließend ihre Bewerbung zurückziehen,
       wäre der Weg frei für einen sanften Neustart. Denn sobald Bouteflikas
       jetzige Amtszeit Ende April offiziell endet, würde der Präsident des
       Oberhauses des algerischen Parlaments, Abdelkader Bensaleh, als
       Interimspräsident die Staatsführung übernehmen. Er müsste dann Neuwahlen
       ansetzen. Ein direktes Eingreifen der Armee wäre mit dieser Lösung vorerst
       abgewendet.
       
       10 Mar 2019
       
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