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       # taz.de -- Heftige Vorwürfe bei Cohen-Anhörung: Ex-Anwalt stiehlt Trump die Show
       
       > Während der US-Präsident in Vietnam mit Nordkoreas Kim Jong-Un
       > konferierte, mahnte sein früherer Komplize vor seinen Machenschaften.
       
   IMG Bild: Cohen vor seiner Aussage vor dem US-Kongress
       
       New York taz | So lange [1][Michael Cohen] gelogen hat, um Donald Trump zu
       schützen, war er für die RepublikanerInnen ein guter Mann. Aber seit der
       ehemalige Anwalt und Geschäfteanbahner des US-Präsidenten sein
       Insiderwissen auspackt, wüten sie gegen ihn.
       
       Bei der Anhörung Cohens vor dem Kongress schimpfen sie ihn am Dienstag
       einen „pathologischen Lügner“ und einen „verurteilten Kriminellen“. Sie
       beschuldigen ihn, dass er rede, weil er keinen Job im Weißem Haus bekommen
       habe, weil er seinen eigenen Wert für einen Buchvertrag in die Höhe treiben
       wolle, oder weil er hoffe, seine Gefängnisstrafe zu verkürzen. Um Schaden
       von ihrem Präsidenten abzuwenden, der währenddessen in Vietnam mit dem
       nordkoreanischen Diktator Kim Jong-Un konferiert, nennen sie Cohens
       Auftritt eine „politische Manipulation“.
       
       Aber die Öffentlichkeit, die das Geschehen live im Fernsehen verfolgen
       kann, erfährt jede Menge darüber, wie ihr Präsident funktioniert. Cohen,
       der seit 2006 für Trump gearbeitet hat, der ein Büro in dessen New Yorker
       Hochhaus an der Fifth Avenue hatte und der Vize-Präsident mehrerer
       Abteilungen von Trumps Geschäfts- und Stiftungsimperium war, bietet
       drastische Details.
       
       Danach hat Trump den Wert seiner Immobilien als viel höher angegeben, wenn
       er Kredite (unter anderem 2013 bei der Deutschen Bank) haben wollte, und er
       hat deren Wert um „hunderte Millionen Dollar“ reduziert, um seine Steuern
       zu senken. Auch wusste Trump nach Angaben von Cohen vorab, dass Wikileaks
       die gehackten Emails der Hillary-Clinton-Kampagne verbreiten würde. „Das
       wäre toll“, soll der Kandidat Trump ausgerufen haben, als sein Berater
       Roger Stone anrief, um ihm die bevorstehende Veröffentlichung der
       gestohlenen Daten anzukündigen.
       
       ## Lügen und Verdrehen
       
       Ebenfalls in der Endphase des Wahlkampfes habe der US-Präsident
       Mitarbeitern angeordnet, dass sie eine der Frauen, die ein Verhältnis mit
       Trump öffentlich machen wollte, zum Schweigen bringen sollten, so Cohen.
       Die 130.000 Dollar für Stormy Daniels habe Cohen privat vorgestreckt. Erst
       nachdem Trump im Weißen Haus saß, zahlte er das Geld zurück, sagt sein
       Ex-Anwalt aus. Der Präsident soll das mit Schecks von einem Konto der
       „Trump-Organisation“ getan haben – auf das er zu dem die Zeitpunkt
       offiziell längst keinen Zugang mehr hatte, weil er das Unternehmen an seine
       Söhne übergeben hatte, um Staatspräsidenz und Geschäfte zu trennen.
       
       Lügen und Verdrehen seien Routine in Trumps Immobiliengeschäften gewesen
       und blieben es, als er 2015 in die Politik einstieg, beschreibt Cohen vor
       den Abgeordneten. „Wir wussten jeden Tag, dass wir für Trump lügen würden“,
       erklärt er.
       
       Cohen selbst hat noch bis zum Frühjahr des vergangenen Jahres weiter
       [2][für Trump gelogen]. Damals behauptete Cohen bei einer anderen Anhörung
       vor dem Kongress, dass Trump während seines Wahlkampfes keine
       Geschäftsinteressen in Russland gehabt habe. Dabei hat Cohen nach jetziger
       Aussage persönlich noch bis zum Sommer 2017 versucht, den Weg zu einem
       Trump-Tower in Moskau zu bahnen. Sicherheitshalber hatten die Berater des
       Präsidenten vor der früheren Anhörung Cohens Aussage gegengelesen. Obwohl
       nicht direkt zum Lügen aufgefordert, habe er sich indirekt zu einer
       Falschaussage gedrängt gefühlt, so Cohen. Trump habe ihm in die Augen
       geschaut und zu ihm gesagt, dass es „kein Geschäft in Russland“ gebe.
       
       Weniger als ein Jahr später gibt sich der langjährige Komplize als
       geläuterter Mann. Wegen seines Meineids im vergangenen Jahr und
       verschiedener betrügerischer Geschäfte in eigener Sache ist Cohen
       inzwischen zu drei Jahren Gefängnis verurteilt worden. Er tritt seine
       Strafe im Mai an. Auch seine Zulassung als Anwalt hat er verloren. „Ich
       schäme mich, dass ich nicht meinem Gewissen gefolgt bin“, sagt er heute.
       Seinen Ex-Boss beschreibt Cohen jetzt als „Rassisten, Betrüger und
       Hochstapler.“ Seit seinem Amtsantritt im Weißen Haus sei Trump „die
       schlechteste Version von sich selbst“ fügt Cohen hinzu.
       
       ## Cohen stiehlt Trump die Show
       
       Mit seiner Aussage stiehlt der frühere Anwalt dem Präsidenten und dessen
       [3][Gipfel mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong-Un] die Show. Es ist das
       erste Mal seit Beginn der Sonderermittlungen über den US-Präsidenten, dass
       die weite Öffentlichkeit Einblicke in das erhält, was bislang dem Team von
       FBI-Sonderermittler Robert Mueller vorbehalten blieb. Mueller untersucht,
       ob es Geheimabsprachen mit Vertretern Russlands gegeben hat.
       
       Zugleich verschafft die Anhörung einen Vorgeschmack darauf, was geschehen
       könnte, falls es zu einem Amtsenthebungsverfahren gegen Trump kommt. Es
       zeigt eine Miniaturform denkbarer Szenarios, etwa die Blockadehaltung der
       RepublikanerInnen, die sich schützend vor ihren Präsidenten stellen. Es
       zeigt, welche DemokratInnen ihre Empörung auf Russland konzentrieren und es
       enthüllt jene, die sich auf Fragen zu den unternehmerischen Machenschaften
       ihres Präsidenten vorbereiten. Dabei spielen die neuen Linken im Kongress
       eine wichtige Rolle. Der Abgeordnete Ro Khanna aus Kalifornien erkennt eine
       finanzielle Verschwörung. Die Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez aus New
       York sieht Steuerhinterzug in großem Stil. Beide fragen bereits nach
       anderen Quellen, um die Aussagen des ehemaligen Trump-Komplizen zu
       überprüfen.
       
       Für Cohen, der noch vor einem Jahr erklärt hat, er sei bereit, „eine Kugel
       für Trump“ zu nehmen, hat die Anhörung eine andere Funktion. Er will sich
       von seinem bisherigen Image befreien. Er entschuldigt sich ausführlich –
       unter anderem bei seiner Familie, bei seiner Gattin und bei seinem Vater,
       der den Holocaust überlebt hat.
       
       Anstelle des Trump-Komplizen gibt Cohen jetzt den Trump-Mahner. Jungen
       JuristInnen rät er, dass sie seinen blinden Gehorsam nicht nachahmen
       sollen. Republikanische Kongressabgeordnete, die sich schützend vor Trump
       stellen, vergleicht er mit dem Team von LügnerInnen, zu dem er selbst
       gehört hat. Und das ganze Land warnt er, dass Trump im Falle einer
       Wahlniederlage im Jahr 2020 keine friedliche Machtübergabe organisieren
       werde.
       
       28 Feb 2019
       
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   DIR Dorothea Hahn
       
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