# taz.de -- Kommentar Die Linke nach Wagenknecht: Einig nur im Zaudern
> Tauglich für Rot-Rot-Grün ist die Linkspartei auch ohne Wagenknecht
> nicht. Sie müsste erstmal die Spitze austauschen. Das ist
> unwahrscheinlich.
IMG Bild: Sie ist raus – hinterlässt aber nur Chaos
Einer im Feuilleton und bei Parteistrategen populären These zufolge klafft
in unserem politisches System eine Lücke. Wer einen starken Sozialstaat
will und Umverteilung von oben nach unten, aber skeptisch auf Migration und
linksliberale Gleichberechtigungsspolitik schaut, wird von niemand
vertreten. Weder von Rot-Grün, noch von der AfD oder Linkspartei. Das klang
lange einleuchtend.
Bis Sahra Wagenknecht im Gründungsaufruf [1][für die aufstehen-Bewegung]
schrieb, dass „Weltoffenheit, Antirassismus und Minderheitenschutz nur das
Wohlfühl-Label sind, um rüde Umverteilung von unten nach oben zu kaschieren
und ihren Nutznießern ein gutes Gewissen zu bereiten.“ Sie zielte auf die
zornigen, politisch heimatlosen Bürger, denen Minderheitenrechte eher auf
die Nerven gehen, die aber für soziale Gerechtigkeit brennen.
Der [2][Misserfolg von aufstehen] und [3][Wagenknechts Rückzug] zeigen:
Diese Klientel ist, anders als in Frankreich, eine Fiktion. Hunderttausende
haben für „unteilbar“ und eben jene verachtete Weltoffenheit demonstriert,
sie protestieren gegen ignorante Klimapolitik oder explodierende Mieten.
Die schweigende, politikverdrossene Masse, die höhere Mindestlöhne und eine
Reichensteuer will und die Schwulenrechte oder Antirassismus für modischen
Klimbim hält, existiert nicht oder ist zumindest politisch nicht
mobilisierbar.
Das ist eine politische Kernbotschaft von [4][Wagenknechts Rückzug].
Trotzdem ist der Jubel von SPD und Grünen über Wagenknechts Abgang, und die
[5][Hoffnung, dass Rot-Rot-Grün nun eher möglich wäre], vorschnell. Es ist
eher andersherum. Wagenknecht ist die einzige Parteilinke, die
realistischer als noch vor ein paar Jahren auf die Bundesrepublik schaut
und mehr als früher das Machbare im Blick hat. Diether Dehm oder Heike
Hänsel werden jedenfalls die zaudernde Parteilinke kaum mit Rot-Rot Grün im
Bund versöhnen.
## Führung austauschen, jetzt!
Der Rachefeldzug, den Sevim Dagedelen & Co zeigt zudem, dass der
[6][innerparteiliche Kampf] mit Wagenknechts Rückzug noch nicht beendet
ist. Offenbar will jener Teil des linken Flügels, der treu zu Wagenknecht
stand, rauchende Ruinen hinterlassen. Die Wunden sitzen tief.
Dass die Partei ohne Wagenknecht berechenbarer, verlässlicher und tauglich
für eine Mitte-Links-Regierung wird, ist deshalb nur eine kühne Hoffnung.
Die Linke wäre gut beraten, die komplette Spitze auszutauschen und sich
eine frische, von vergangenen Kämpfen unbelastete neue Führung zu suchen.
Wahrscheinlich ist das nicht. Die Linkspartei ist eine strukurkonservative
Organisation, die gerade in Krisenzeiten dazu neigt, den Weg einzuschlagen,
der am wenigsten Gefahr zu bergen scheint. Immerhin darin sind sich die
Flügel meisten einig.
14 Mar 2019
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## AUTOREN
DIR Stefan Reinecke
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