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       # taz.de -- Die Wochenvorschau für Berlin: Christchurch ist überall
       
       > Der Film „Wintermärchen“, der Internationale Tag gegen Rassismus und eine
       > Demo die Eröffnung eines neuen Thor-Steinar-Ladens in Spandau.
       
   IMG Bild: Christchurch: Trauernde Menschen legen Blumen an einen Zaun in den Botanischen Gärten
       
       Es wird dies eine sehr brauchbare Woche in Berlin, um sich den Kopf darüber
       zu zerbrechen, was da genau am Freitag in [1][Christchurch] in Neuseeland
       geschehen ist – warum es zu diesem rassistischen Terrorakt mit bislang 50
       Todesopfern kommen konnte, welche Hintergründe der [2][mutmaßliche
       Attentäter] hatte.
       
       Kurz vor seiner Tat hatte der 28-jährige Fitnesstrainer wohl ein Manifest
       ins Netz gestellt, in dem er sich als „Kind der Arbeiterklasse“ und als
       „Öko-Faschist“ bezeichnet, der die „weiße Rasse“ retten wolle. Er beruft
       sich auf auch in Deutschland verbreitete rechte Verschwörungstheorien,
       wonach westliche Politiker einen „Bevölkerungsaustausch“ anstrebten. Und
       Angela Merkel und ihre Flüchtlingspolitik hebt er als zentrales Feindbild
       hervor. Neuseeland mag viele Flugstunden weit weg sein, hat aber in diesen
       Tagen trotzdem ganz schön viel mit uns zu tun.
       
       Am Montagabend feiert Jan Bonnys Film „Wintermärchen“ in Berlin Premiere –
       ein Film, der zwar keiner über die realen NSU-Mitglieder ist, aber ein
       Blick in die Funktionsmechanismen einer deutschen Terrorzelle wirft. Er
       handelt von drei Neonazis, die ohne viel über ihre abstruse Weltsicht zu
       sprechen, fröhlich vor sich hin morden, fluchen, feiern, miteinander
       schlafen und dann wieder morden – und das alles direkt vor der Nase der
       Öffentlichkeit.
       
       „Wir wollten einen Film machen, der unmittelbar funktioniert, der nicht
       versucht, zu belehren oder pädagogisch zu sein oder zu erklären“, hat Jan
       Bonny in einem Interview zu seinem Film gesagt – „Wintermärchen“ ist
       wahrscheinlich eine ziemlich schmerzhafte Zumutung, trotzdem wird der Film
       nicht nur unter Filmkennern viel anstoßen.
       
       ## Gegen Rassismus
       
       Eine andere Gelegenheit, über den grassierenden Rassismus dieser Tage auch
       in diesem Land nachzudenken, ist natürlich der Internationale Tag gegen
       Rassismus am Donnerstag, der auf der UN-Vollversammlung im Jahr 1966
       eingerichtet wurde und an den 21. März 1960 erinnern soll, als im
       südafrikanischen Sharpeville 69 Protestierende von der Polizei erschossen
       und weitere 180 zum Teil schwer verletzt wurden, die gegen die
       rassistischen Apartheidgesetze demonstrierten. Einige Aktionen haben
       bereits stattgefunden (siehe Bericht auf Seite 22), andere folgen noch.
       Unter anderem ruft die türkische Gemeinde zu bundesweiten Aktionen auf.
       Sicher wird dann auch Christchurch wieder zur Sprache kommen.
       
       Und wer am Donnerstag keine Zeit hat, der könnte stattdessen am kommenden
       Samstag einen kleinen Ausflug zu einer Demo gegen die Eröffnung eines neuen
       Thor-Steinar-Ladens in Spandau unternehmen – das Tragen von
       Kleidungsstücken dieser Marke gilt als Erkennungsmerkmal der rechten Szene.
       
       Zuletzt geriet das umstrittene Label beispielsweise in die Schlagzeilen,
       als ein Laden im Hamburger Stadtteil Barmbek wegen hartnäckiger Proteste
       aus dem Viertel acht Monate nach seiner Eröffnung wieder schließen musste
       und die Hausordnung des Landtages von Mecklenburg-Vorpommern das Tragen von
       Thor-Steinar-Kleidung verbot. Es könnte sich also in jeder Hinsicht lohnen,
       am Samstag in Spandau vor Ort zu sein.
       
       18 Mar 2019
       
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   DIR Susanne Messmer
       
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