URI: 
       # taz.de -- Wahl zum SPD-Fraktionsvorstand: (K)eine Frau an seiner Seite
       
       > Auf der morgigen Vorstandswahl wird sich zeigen, ob Raed Saleh weiter
       > allein an der Spitze der SPD-Fraktion stehen kann. Bislang ist noch alles
       > offen.
       
   IMG Bild: Mag es gern einsam an der Spitze: Raed Saleh
       
       Bis vor wenigen Wochen sah es noch so aus, als ob sich [1][Raed Saleh]
       sicher sein könnte. Es schien eher unwahrscheinlich, dass es bei der am
       Dienstag stattfindenden Wahl zum SPD-Fraktionsvorstand einen
       Gegenkandidaten oder eine Gegenkandidatin zum seit sieben Jahren
       amtierenden Fraktionsvorsitzenden geben würde. Doch seitdem der
       [2][Frauentag am 8. März] Feiertag ist und seit der jüngsten Debatte um ein
       Berliner Paritätsgesetz nach dem Vorbild Brandenburgs mehren sich in der
       SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus die Stimmen, die eine Doppelspitze an der
       Fraktion fordern. An Salehs Seite würde dann eine Frau die Geschicke
       mitbestimmen.
       
       „Grüne und Linke haben schon seit Langem eine Doppelspitze“, sagt ein
       führender Sozialdemokrat und gibt zu bedenken, welches Signal die SPD
       sende, wenn sie die einzige der drei Regierungsparteien sei, in der allein
       ein Mann die Fraktion anführt. Bei den Grünen stehen mit Silke Gebel und
       Antje Kapek zwei Frauen an der Fraktionsspitze, bei der Linkspartei sind es
       mit Carola Bluhm und Udo Wolf eine Frau und ein Mann. Männer als
       Alleinspitze in der Fraktion sind nur noch bei der CDU (Burkard Dregger),
       der FDP (Sebastian Czaja) und der AfD (Georg Pazderski) üblich.
       
       Ob bei der Wahl, die während der Fraktionssitzung am morgigen
       Dienstagnachmittag stattfindet, tatsächlich eine Frau ihren Hut in den Ring
       wirft, hängt auch davon ab, ob die 38 SPD-Abgeordneten zuvor mehrheitlich
       den Weg für eine Satzungsänderung freimachen.
       
       Zwar ist es laut Satzung jetzt schon möglich, dass die Abgeordneten zwei
       Parlamentarische Geschäftsführer wählen können. Eine Doppelspitze dagegen
       war in der Berliner SPD-Fraktion bislang nicht vorgesehen. Die Abstimmung
       darüber könnte ein erster Gradmesser dafür sein, wie fest Fraktionschef
       Saleh, der dem Vernehmen nach gerne allein weitermachen möchte, im Sattel
       sitzt. Alle Versuche, sich auf eine Doppelspitze zu einigen, die sowohl vom
       Lager von Raed Saleh als auch den Abgeordneten um den Regierenden
       Bürgermeister Michael Müller getragen werden, sind nach Informationen der
       taz bislang gescheitert.
       
       ## Vor anderthalb Jahren sah es schlechter aus
       
       „Es wurde zwar gesprochen, aber in den Gremien wurde nicht darüber
       diskutiert“, sagt dazu Ülker Radziwill. Die Abgeordnete aus
       Charlottenburg-Wilmersdorf lehnt eine Doppelspitze zum jetzigen Zeitpunkt
       ab. „Wenn, dann müsste damit der Landesverband anfangen“, sagt Radziwill
       der taz. Tatsächlich gibt es auch an der Spitze der Berliner SPD mit
       Michael Müller nur einen einzigen, männlichen Vorsitzenden.
       
       Noch vor knapp anderthalb Jahren sah es so aus, als ginge die Zeit von Raed
       Saleh als Fraktionschef und Gegenspieler von Michael Müller dem Ende
       entgegen. In einem Brandbrief hatten 14 Abgeordnete dem [3][im
       Westjordanland geborenen Saleh], der in Spandau ein Direktmandat geholt
       hatte, vorgeworfen, die Fraktionsgeschäfte zu vernachlässigen. Stattdessen
       tingele Saleh mit seinem Buch „Ich deutsch: Die neue Leitkultur“ auf
       Lesereise durch die Bundesrepublik. Debatten, so hieß es, würden nicht
       angestoßen, sondern unter den Tisch gekehrt. Und statt die Fachpolitiker in
       ihrer Arbeit zu unterstützen, würde ein Pressesprecher angestellt, der
       lieber an Salehs Buch mitschrieb.
       
       Unterzeichnet hatte den Brief unter anderem Maja Lasić, die fachlich
       profilierte Bildungspolitikerin der Fraktion. Heute findet sie, dass die
       Arbeit in der Fraktion professioneller geworden sei. „Ich weiß genau, wo
       ich bildungspolitische Schwerpunkte setzen kann“, sagt Lasić der taz. „Da
       finde ich Gehör beim Fraktionsvorstand. Das war am Anfang noch nicht so.“
       
       ## Es wurde viel getan
       
       Auch Robert Schaddach, forschungspolitischer Sprecher, spricht sich gegen
       personalpolitische Debatten aus: „Natürlich kann es sein, dass da jemand
       noch wie Kai aus der Kiste kommt. Vor einem Kai ist man in der SPD nie
       sicher“, scherzt Schaddach. „Aber die SPD ist gut beraten, wenn sie bei der
       bisherigen Spitze bleibt.“ Saleh sei weit über die Stadt hinaus bekannt.
       „Seit der Kritik wurde viel getan und aufgearbeitet. Es gibt auch mehr
       Möglichkeiten der Beteiligung. Alle haben ein großes Interesse daran, dass
       wir da mit einer Stimme sprechen und die Fraktion nicht noch weiter
       beschädigt wird.“
       
       Tatsächlich hatte es wenige Tage nach dem Brandbrief eine mehr als
       sechsstündige Aussprache in der Fraktion gegeben. Ülker Radziwill, die
       nicht zu den Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern der Saleh-Kritik gehört,
       sagte damals, die Debatte sei „anstrengend, aber nicht verletzend“ gewesen.
       Frank Zimmermann, der den Brief unterschrieben hatte, betonte: „Einmütig
       wurde eine Reihe von Kritikpunkten genannt, von denen wir wissen, dass wir
       sie behandeln müssen.“
       
       Dies geschah dann in einer Reihe von Workshops, aber auch anderthalb Jahre
       später hat es Saleh nicht vermocht, die Fraktion ganz zu befrieden. Ein
       Abgeordneter beklagt, dass Saleh die Arbeit mancher Fachpolitiker gezielt
       unterstütze, die anderer dagegen nicht. Deshalb sei eine Veränderung an der
       Fraktionsspitze dringend nötig.
       
       Ob sie tatsächlich kommt, hängt auch von den Rechenkünsten der
       Strippenzieher ab. Wie vor jeder wichtigen Entscheidung zählen die
       Wortführer der Lager ihre Getreuen. „Derzeit“, verrät einer, „sieht es
       danach aus, dass es ein Patt gibt.“
       
       Von Fraktionschef Saleh und auch von seinem Sprecher Markus Frenzel gab es
       vor dem Dienstag vor allem eines: Schweigen.
       
       17 Mar 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Archiv-Suche/!5563564&s=saleh+raed+saleh/
   DIR [2] /Archiv-Suche/!5524152&s=saleh+raed+saleh/
   DIR [3] /Archiv-Suche/!5489155&s=saleh+raed+saleh/
       
       ## TAGS
       
   DIR SPD Berlin
   DIR Raed Saleh
   DIR Michael Müller
   DIR SPD Berlin
   DIR Schwerpunkt Rot-Rot-Grün in Berlin
   DIR Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin
   DIR Raed Saleh
   DIR Weltfrauentag
   DIR Pogromnacht
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Schwere Vorwürfe gegen Berliner SPD-Chef: Raed Saleh auf Rachefeldzug?
       
       Der SPD-Umweltpolitiker Daniel Buchholz soll kaltgestellt werden. Er
       spricht von einer späten Rache für seine Kritik am Führungsstil von Raed
       Saleh.
       
   DIR Sommerinterview mit Raed Saleh: „Ich habe noch eine Menge vor“
       
       Der SPD-Fraktionschef Raed Saleh pocht auf Regeln, würde Franziska Giffey
       als Parteichefin unterstützen und drängt Linke und Grüne zum Einlenken.
       
   DIR Vor dem SPD-Landesparteitag: „Wir müssen einfach kapitulieren“
       
       SPD-Fraktionschef Raed Saleh plädiert für Lehrer-Verbeamtung und
       Mietendeckel. Trotz vieler Konflikte hält er Rot-Rot-Grün weiter für die
       beste Koalition.
       
   DIR Interview mit dem SPD-Fraktionschef: „Wohnen ist wie Essen und Trinken“
       
       Das Volksbegehren zu Enteignung beschäftigt am Rande auch die
       SPD-Fraktionsklausur in Rostock. Raed Saleh ist dafür, der Deutsche Wohnen
       Grenzen aufzuzeigen.
       
   DIR SPD-Fraktionschef zur Feiertagsdebatte: Küsschen, Herr Saleh. Küsschen!
       
       Berlins SPD-Fraktionschef Raed Saleh macht sich in der Debatte um einen
       neuen Feiertag für den 8. März stark. Da ist Weltfrauentag. Das passt!
       
   DIR Wiederaufbau einer Synagoge: Saleh sagt Schalom
       
       Am Fraenkelufer soll eine von den Nazis zerstörte Synagoge rekonstruiert
       werden – als Zeichen gegen Antisemitismus. Initiator ist der
       SPD-Fraktionschef.