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       # taz.de -- Die Wahrheit: Mitarbeiterin mit alles
       
       > Schurken, die die Welt beherrschen wollen – heute: Franziska
       > „Problemviertel“ Giffey, die in die Welt hinausging, um den Durchbruch zu
       > schaffen.
       
   IMG Bild: Liebste Mitarbeiterin von ganze Welt: Franziska Giffey
       
       Berlin-Neukölln: ein Stadtteil, von Gewalt überwuchert und durchlöchert von
       Armut. Hunde und herrenlose Kinder balgen sich um die Reste in den
       Mülltonnen, die ihnen mitleidige Migranten gelassen haben. Arbeitslose und
       Geringverdiener, die sich ihre Kleidung auf die nackte Haut gemalt haben,
       lungern vor Haustüren und in dunklen Durchgängen, während dicht behaarte
       Clan-Mitglieder in fetten Straßenkreuzern patroullieren. Hinter finsteren
       Sonnenbrillen stecken bis ins Innere rasierte Köpfe, in denen nur für
       Drogenhandel, Schutzgelderpressung und Raubüberfälle Platz ist. Ihre Frauen
       haben Deutsch auf der Schultoilette gelernt.
       
       So war das jedenfalls – bis zum 14. April 2015. Einen Tag später, am 15.
       April 2015, folgte Franziska Giffey dem Babo von Neukölln Heinz Buschkowsky
       als unumschränkte Bezirksbürgermeisterin nach und fegte mit eiserner Hand
       durch Berlins porösesten Stadtteil. Schon einen zählbaren Tag später, am
       16. April 2015, war aus Deutschlands tiefstem sozialen Brennpunkt ein
       schmuckes Vorzeigeviertel geworden.
       
       Giffey gelang das Wunder, indem sie auf eine messerscharfe Exekutive statt
       auf weiche Diskussionen setzte. Polizisten, die sich bislang bang hinter
       ihrem Schreibtisch eingegraben hatten, mussten auf die Straße und im Fall
       der Fälle außer auf Deutsch in Körpersprache kommunizieren. Razzien in
       kriminell verseuchten Wohnungen ließen Familien zurück, die fortan keinen
       Pieps mehr wagten. Vor den Schulen sorgte ein Wachschutz dafür, dass keine
       Drogen und Spickzettel mehr auf den Pausenhof flossen.
       
       Franziska Giffey wusste, wie man’s anstellt, weil sie selbst von unten kam,
       aus der DDR. Ihr Vater war ein kleiner Kfz-Schlosser, ihre Mutter eine
       kleine Buchhalterin, sie selbst wurde, da war sie selbst noch klein, 1978
       in Frankfurt an der Oder geboren; sie wuchs in dem kleinen Dorf Briesen auf
       und ging in der Kleinstadt Fürstenwalde zur Schule, bis sie mit dem Abitur
       in der Tasche endlich nach Berlin kam und größer wurde.
       
       ## Aufstieg aus geballter Kraft
       
       Wie jeder Mensch, der den Aufstieg aus geballter Kraft schafft, legt
       Franziska Giffey Wert darauf, ihren selbst gewonnenen Status zu zeigen: Um
       keinen Preis der Welt trägt sie Plastikklamotten aus dem Billigheimer,
       sondern führt feine Blazer und Hosen aus echtem Stoff spazieren,
       präsentiert die Golduhr am Handgelenk und eine hochgesteckte Frisur auf dem
       Kopf.
       
       Um das zu schaffen, hatte sie mehr leisten müssen als andere, denen Geld
       und Beziehungen in die Windeln gelegt waren. Dem sauer erkämpften Abi
       folgte erst ein schwer errungenes Diplom als Diplom-Verwaltungswirtin und
       dann der europaweite Durchbruch zum Master of Arts, der schon mehr
       Atmosphäre versprüht. Vor allem aber tauchte sie in die Praxis ein! Sie zog
       als Mitarbeiterin ins Büro des Bezirksbürgermeisters von Lewisham, Dave
       Sullivan (Labour), in London ein, siedelte sich danach als Mitarbeiterin im
       Büro des Bezirksbürgermeisters von Treptow-Köpenick, Klaus Ulbricht (SPD)
       an, bevölkerte daraufhin als Mitarbeiterin die Vertretung des Landes Berlin
       bei der EU in Brüssel und nistete sich schließlich als Mitarbeiterin des
       Europarates in Straßburg ein: Wo andere bloß unterklassige Praktikanten
       sind, war sie als Mitarbeiterin stets was Besseres! Sogar bei ihrer 2010
       eingereichten Dissertation war sie nicht nur Praktikantin. Sondern hatte an
       ihrem Promotionsstudium der Politikwissenschaft an der FU Berlin nach
       Kräften mitgearbeitet!
       
       ## Dissertation mit Schlaglöchern
       
       Das unterscheidet sie von Karl-Theodor zu Guttenberg, der seinerzeit zwei
       Praktika als „Stationen in Frankfurt und New York“ schöngefärbt hatte und
       dann über seine falsche Doktorarbeit zusammenbrach, die er beharrlich als
       hausgemacht ausgab. Das kann Franziska Giffey nicht passieren, weil sie
       Anfang 2019 selbst den Antrag stellte, ihre Diss auf Schlaglöcher zu
       untersuchen, nachdem ein hässlicher Plagiatsvorwurf sein Haupt erhoben
       hatte. Bei einer Doktorarbeit über „Europas Weg zum Bürger. Die Politik der
       Europäischen Kommission zur Beteiligung der Zivilgesellschaft“ dürfte das
       allerdings unwichtig sein. Inhaltlich beschränkte sich die Studie sowieso
       auf das Beispiel Neukölln. Dort war sie 2007 in die SPD geschlüpft und
       bereits 2010 zur Bezirksstadträtin für Bildung, Kultur und so aufgestiegen.
       
       Das war der erste Streich, den zweiten hatten wir schon, im Frühjahr 2018
       legte sie den dritten auf. Seither arbeitet sie als Bundesministerin mit,
       um „Deutschland und seine Familien“ im mörderischen Konkurrenzkampf um den
       Globus „spürbar stärker zu machen“ sowie mit einem „Gute-Kita-Gesetz“ plus
       einem „Starke-Familien-Gesetz“ für Nachschub zu sorgen und das Überleben im
       Kampf ums Dasein zu sichern. Nur die Starken kommen in den Garten, wo die
       Zukunft blüht: Das ist ihr starkes Ziel und „nicht nach links oder rechts
       zu schauen“, sondern Augen durch und zu! So geht SPD!
       
       19 Mar 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Peter Köhler
       
       ## TAGS
       
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