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       # taz.de -- Debatte um Mietendeckel in Berlin: Mietendeckel, aber wie?
       
       > Der Senat hält sich über die rechtliche Machbarkeit eines Mietendeckels
       > noch bedeckt. Befürworter diskutieren gleichzeitig längst über konkrete
       > Konzepte.
       
   IMG Bild: Teilnehmer einer Kundgebung unter dem Motto „Zusammen gegen #Mietenwahnsinn“ im Herbst 2018
       
       Er wolle das für sich „eindeutig einordnen“, schickt der Regierende
       Bürgermeister Michael Müller seiner Ansage voraus: „Wenn es eine gute
       Chance gibt, diesen Mietendeckel anzuwenden, werden wir ihn anwenden.“
       Darauf folgt bei der Fragerunde am Donnerstag im Abgeordnetenhaus
       mittelstarker Applaus.
       
       Weniger euphorisch hatte zuvor Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke)
       Nachfragen zum Thema beantwortet: „Die rechtlichen Auffassungen, die uns
       derzeit bekannt sind, lassen keine abschließende Einschätzung zu“, sagte
       Lompscher. Für kommenden Dienstag werde sie dem Senat aber ein Papier als
       Besprechungsgrundlage vorlegen. Nach dem [1][Fachbeitrag von Jurist Peter
       Weber] vom November und einem [2][Gastbeitrag von SPD-Politikern] im
       Tagesspiegel vom Januar beauftragte Lompscher ein externes Gutachten, auf
       das derzeit alle warten.
       
       Einige der Abgeordneten nahmen am Abend zuvor bei einer Zusammenkunft in
       der Evangelischen Elisabeth Klinik teil. Dort wurde über die Frage des „Ob“
       und „Wie“ eines Mietendeckels diskutiert. Zu diesem Treffen hatte der
       Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV) Juristen aus den
       Bereichen des Zivil- und Verwaltungsrechts, die Senatsverwaltungen für
       Stadtentwicklung und jene der Justiz sowie Vertreter der drei Berliner
       Koalitionsparteien, den Deutschen Mieterbund und den Berliner Mieterverein
       eingeladen. Rund 40 Personen – darunter auch Interessierte aus anderen
       Städten wie Hamburg, in denen der Mietendeckel diskutiert wird –, lauschten
       Vorträgen von Experten und diskutierten über zwei Fragen: Ist ein
       Mietendeckel juristisch möglich? Wenn ja, wie?
       
       Das Treffen fand unter Ausschluss der Presse statt. Mehrere Teilnehmer
       berichteten der taz, dass sich ein Großteil der Gekommenen bei der ersten
       Frage einig gewesen sei: Ein öffentlich-rechtlicher und auf Landesebene
       beschlossener Mietendeckel sei möglich, das zivile Mietrecht stehe dem
       nicht im Weg. Unter den Teilnehmern war auch Peter Weber, der Autor des
       juristischen Fachbeitrags aus der JuristenZeitung im November, der die
       Debatte um einen Mietendeckel auf Landesebene ins Rollen gebracht hatte.
       Auch Max Putzer, Autor des [3][letzten juristischen Beitrags], der Anfang
       März in der Neuen Zeitschrift für Verwaltungsrecht erschienen ist,
       referierte aus seinem Aufsatz „Ein Mietendeckel für Berlin. Zur
       Zuständigkeit der Länder für ein Mietpreisrecht“. Die Rechtsauffassungen
       beider Juristen widerspricht [4][Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes
       des Bundestags] vom Januar und Februar, wonach ein Mietendeckel auf
       Landesebene nicht möglich sei, weil der Bund in diesem Bereich bereits mit
       der Mietpreisbremse interveniert habe.
       
       ## Die eigentliche Frage
       
       Obwohl die juristische Frage also derzeit nicht abschließend geklärt ist,
       diskutierten die Teilnehmer des Mietendeckel-Treffens in der Evangelischen
       Elisabeth Klinik bereits darüber, wie ein konkretes Konzept für einen
       Mietendeckel aussehen könnte.
       
       Modelle, die bei dem Treffen diskutiert wurden, reichten von einem
       „Mietenstopp“ – das heißt einem Einfrieren der Mietpreise zu einem
       bestimmten Stichtag –, bis zur Ausrichtung des Deckels am
       Durchschnittseinkommen, der Durchschnittsmiete oder dem Mietenspiegel.
       Gesprochen wurde auch über Härtefallregelungen für Vermieter. Vertreter der
       drei Koalitionsparteien äußerten sich positiv über den Austausch. Zugleich
       betonten sie, dass viele Debatten um die Ausgestaltung noch ausstünden.
       
       Gaby Gottwald (Linke), Mitglied des Ausschusses für Stadtentwicklung und
       Wohnen, bezeichnete die Diskussion als „sehr produktiv“, wies gleichzeitig
       darauf hin, dass der Mietendeckel „eine neue Konstruktion“ sei, mit der man
       zu tun habe. Die Grundfrage, ob ein Mietendeckel in Berlin politisch
       gewollt ist, scheint für sie beantwortet, so Gottwald. „Jetzt müssen wir
       versuchen, einen Weg zu finden, um die Idee zu operationalisieren.“
       
       Was passiert, wenn das ausstehende Gutachten ihrer Parteigenossin, der
       Senatorin für Stadtentwicklung, negativ ausfällt? „Das kann keine
       Denkbarriere für uns sein“, antwortete die Linkenpolitkerin Gottwald auf
       diese Frage. Sie kann sich vorstellen, dass die Senatsverwaltung als
       nächstes eine Expertenkommission zum Thema Mietendeckel einsetzt.
       Tatsächlich schloss auch Bausenatorin Lompscher eine solche Kommission in
       der Fragerunde am Donnerstag nicht aus: „Ich bin ja bekanntlich
       Stadtplanerin und keine Juristin, deshalb ist es mir außerordentlich
       angenehm, wenn wir juristischen Sachverstand über die Senatsverwaltungen
       hinaus hinzuziehen“, sagte sie. Wie man diesen Kreis nenne, sei
       zweitrangig.
       
       ## Viele Rechtsauffassungen
       
       Für Kilian Wegner, SPD Berlin-Mitte und Mitautor des
       Tagesspiegel-Gastbeitrags, der die Debatte weiter angeregt hatte, ist die
       Frage der Machbarkeit neben einer juristischen, vor allem eine politische.
       Über die negativen Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags
       und einem möglichen negativen Gutachten der Senatsverwaltung sagt er: „Das
       sind eine oder zwei Rechtsauffassungen von vielen. Am Ende werden das
       Abgeordnetenhaus und die Koalition entscheiden.“ Juristische Restzweifel
       könnten letztlich nur vor dem Landes- oder Bundesverfassungsgericht geklärt
       werden, so Wegner. Neben der Frage der Kompetenz von Bund und Ländern geht
       es in der juristischen Auseinandersetzung auch um die Frage, inwiefern ein
       Mietdeckel Eigentumsrechte der Vermieter verletzen würde.
       
       Katrin Schmidberger, wohnungspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion,
       diskutierte am Mittwochabend auch mit. Im Gespräch mit der taz betonte sie,
       es sei ihr wichtig, dass ein möglicher Mietendeckel flächendeckend
       eingesetzt werde und nicht nur in Teilgebieten der Stadt. Bei der Befragung
       des Senats am Donnerstag pochte sie auf einen konkreten Zeitplan. Aus
       zweierlei Gründen, wie sie sagt: Einerseits bestehe die Gefahr, dass das
       Vorhaben immer weiter aufgeschoben werde. Andererseits, um den
       Berlinerinnen und Berlinern eine realistische Erwartungshaltung zu
       ermöglichen. „Durch Medien ist eher der Eindruck entstanden, als wären wir
       kurz davor. Ich sehe das anders, ich glaube wir brauchen länger“,
       begründete Schmidberger im Abgeordnetenhaus ihre Nachfrage. Ihr idealer
       Zeitplan: Ein vom Senat konkret ausgearbeiteter Vorschlag bis zum Ende des
       Jahres.
       
       „Wenn man sich entschließt, das zu tun, dann müssen jetzt Weichen gestellt
       werden“, antwortete dagegen Linkenpolitikerin Gottwald auf die Zeitfrage.
       
       Bei dem Treffen am Mittwochabend diskutierten die Anhänger des
       Mietendeckels. Ihre grundsätzlichen Gegner waren nicht anwesend. Die
       Debatte über den Mietendeckel, sie hat wohl erst begonnen.
       
       7 Mar 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Teures-Wohnen/!5565250
   DIR [2] https://www.tagesspiegel.de/berlin/wohnungsnot-in-der-hauptstadt-berlin-koennte-eine-eigene-mietpreisregulierung-einfuehren/23880014.html
   DIR [3] /Debatte-um-Mietendeckel-in-Berlin/!5574670
   DIR [4] https://www.bundestag.de/resource/blob/592066/409b80b8bd9764f047a54e923b7c0ab3/wd-3-029-19-pdf-data.pdf
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Volkan Ağar
       
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