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       # taz.de -- Staatsanwaltschaft zum Dopingskandal: Blut aus der Garage
       
       > Die Operation Aderlass ist der größte Coup in der Geschichte der Münchner
       > Dopingstaatsanwaltschaft. Die Spuren führen bis nach Hawaii.
       
   IMG Bild: Kunde der Blutauffrischer: der österreichische Radler Georg Preidler
       
       München taz | Die Ermittler meinen es ernst. Sie wollen in dem Dopingfall,
       [1][der unter dem Namen „Operation Aderlass“ bekannt wurde,] Ergebnisse
       liefern. Bei einer Pressekonferenz am Mittwoch in München hat Staatsanwalt
       Kai Gräber keinen Zweifel daran gelassen, dass er die Sportler, gegen die
       wegen Blutdoping ermittelt wird, dingfest machen will. Es handelt sich um
       21 Athletinnen und Athleten aus acht Nationen. Fünf Sportarten seien
       betroffen, davon drei Disziplinen des Wintersports.
       
       Viel mehr wollte er nicht preisgeben, schon gar keinen Sportlernamen, um
       die Ermittlungen nur ja nicht zu gefährden. Aber eines wurde immerhin klar:
       Die Operation Aderlass ist eine große Nummer. Ein Fall, wie ihn die
       Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Dopingdelikte in München noch nie zu
       aufzuklären hatte.
       
       Die gibt es seit zehn Jahren. Auch deswegen hatte die Staatsanwaltschaft
       München I zur Pressekonferenz geladen. Man wollte die Erfolge der
       Strafverfolgungsbehörde in dieser Zeit feiern. Bayerns Justizminister Georg
       Eisenreich war gekommen, um seinen Mitarbeitern zu danken für ihre
       Ermittlungen in mehr als 7.100 Fällen, in deren Folge es zu etwa 1.200
       Verurteilungen allein an bayerischen Amts- und Landgerichten gekommen ist.
       Es sind wirklich beeindruckende Zahlen. Und doch wird sich kaum jemand
       erinnern an einen prominenten Dopingfall, der vor einem bayerischen Gericht
       verhandelt worden wäre.
       
       Kein Wunder: Bei den meisten Dopingermittlungen wird nach Tätern in der
       Bodybuildingszene, im Kraftsport und in Fitnessstudios gesucht. Es sind
       gewiss faszinierende Fälle, um die es da geht. Behördenleiter Hans
       Kornprobst berichtete am Mittwoch über das Ausheben von 20
       Untergrundlabors, in denen Kriminelle ohne pharmazeutische Ausbildung
       Substanzen, die sie sich über illegale Kanäle besorgten, zu bisweilen
       höchst gesundheitsgefährdenden Mittelchen zusammenmixten.
       
       ## „Eigenblutbodypacker“
       
       Aber es waren gewiss nicht solche Fälle, die den politischen Kämpfern für
       ein Antidopinggesetz, wie es seit Dezember 2015 in Deutschland in Kraft
       ist, vorschwebten. Ihnen ging es um die Bekämpfung von Doping im
       Leistungssport. Doch in diesem Bereich gelang den Ermittlern lange kein
       großer Wurf – bis zur Operation Aderlass.
       
       Auch dieser Fall lässt sich erzählen wie ein filmreifer Krimiplot. Er
       beginnt mit dem [2][Dopinggeständnis des österreichischen Langläufers
       Johannes Dürr] Ende Januar in der ARD. Unmittelbar danach begannen die
       Ermittlungen mit der Überwachung von Telefonaten. Dabei sei ein Gespräch
       des Hauptbeschuldigten, des Erfurter Arztes Mark Schmidt, abgehört worden,
       in dem er mit einem Komplizen verabredet habe, alle Beweismittel im Fall
       Dürr zu vernichten.
       
       Die Ermittler fanden heraus, dass sich die Blutdopinganbieter ein Apartment
       und ein Hotelzimmer in Seefeld gemietet hatten, sie wussten um die Termine
       für die Bluttransfusionen. Sie koordinierten Hausdurchsuchungen in
       Deutschland und Österreich. Dabei entdeckten sie in einer Mehrgaragenanlage
       in Erfurt einen Verschlag, in dem sich Blutzentrifugen, spezielle
       Tiefkühlschränke mit Blutbeuteln und eine Auftauvorrichtung befanden. Nach
       Sicherung dieser Beweismittel und nach Einvernahme von Mark Schmidt sind
       sich die Behörden sicher, dass sie schon bald ganz genau sagen können,
       welche Sportler in das Dopingnetzwerk involviert waren.
       
       Und sie wissen, dass während der Olympischen Spiele von Pyeongchang 2018
       ebenso Blut aufgefrischt worden ist wie auf Hawaii, wo jedes Jahr die
       Ironman-WM der Triathleten stattfindet. Ein beinahe geschmackloses Detail
       ließ bei der Pressekonferenz aufhorchen. Bei Langstreckenflügen seien die
       Sportler, so Kai Gräber, als „Eigenblutbodypacker“ unterwegs gewesen und
       hätten einen Liter mehr Blut durch ihre Adern laufen lassen als
       normalerweise. Es war höchste Zeit für eine Operation Aderlass.
       
       20 Mar 2019
       
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   DIR Andreas Rüttenauer
       
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