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       # taz.de -- Ausstellung im neuen Gropius Bau: Licht, Luft und gute Laune
       
       > Am 23. und 24. März öffnet sich der umgestaltete Gropius Bau unter dem
       > Motto „Neu erleben“: mit frei zugänglichem Lichthof und nagelneuer
       > Ausstellung.
       
   IMG Bild: Stephanie Rosenthal, Leiterin des Gropius Baus
       
       Komplizierte Teppiche aus Stroh oder aus Kaktusfaser, die sich je nach
       Lichteinfall verändern und mal wie digitale Codes, mal wie Landkarten
       wirken: eine der schönsten Arbeiten, die im Augenblick unter dem
       Ausstellungstitel „And Berlin will always need you“ im Gropius Bau zu sehen
       sind.
       
       Der in Berlin lebende Künstler Olaf Holzapfel betrachtet Tradition als Teil
       der Zukunft, und so hat er sich einerseits mit der Verarbeitung von Stroh
       zu Schmuck auseinandergesetzt, wie sie die Sorben seit Generationen in der
       Lausitz weitergeben – und andererseits mit der von Kaktusfasern, wie sie
       indigene Frauen in Argentinien zu Textilien weben.
       
       Mit diesem Ansatz passt Holzapfel wunderbar in die am Donnerstagabend
       eröffnete Ausstellung, mit der sich das Haus auf ganz neue Art zu verorten
       versucht. „Der Gropius Bau“, so die seit einem Jahr amtierende und sehr gut
       gelaunt wirkende Chefin Stephanie Rosenthal bei der Eröffnung, „soll nicht
       nur Hülle für eingekaufte Ausstellungen aus aller Welt sein“. Sie meint
       damit erfolgreiche Publikumsrenner wie die Schauen über David Bowie oder
       die Wikinger. Rosenthal möchte im Gropius Bau andere Akzente setzen, will
       das Programm künftig verstärkt nach thematischen Schwerpunkten ausrichten
       und mit eigenen kuratorischen Teams arbeiten, sodass hier wie
       selbstverständlich alles weiblicher werden wird.
       
       Außerdem möchte sie, die in München und London gearbeitet hat, deren
       Familie aber aus Berlin stammt, das Haus wieder mit seinem Standort
       verknüpfen: Sie will, dass die Berliner es wieder als ihren Ort entdecken.
       Tatsächlich lädt der Gropius Bau unter dem Titel „Neu erleben“ an diesem
       Wochenende sehr freundlich in einen zukünftig frei zugänglichen Lichthof
       ohne dunkle Folien, in ein schickes Restaurant mit vertikalen Gärten, in
       eine frisch renovierte Buchhandlung.
       
       ## Kunst und Handwerk
       
       Zudem aber, und das scheint fast noch wichtiger: Martin Gropius, ein
       Großonkel von Bauhaus-Gründer Walter Gropius, baute das Haus 1877 bis 1881
       als Kunstgewerbemuseum mit benachbarter Schule, hier wurde Kunst gelehrt
       und produziert. Daran soll erinnert werden: Im Augenblick arbeitet mit
       Otobong Nkanga bereits die dritte Künstlerin in Residence hier. Und dass
       Berlin als Metropole internationaler Kunstproduktion, wo ganz natürlich
       auch das Handwerk vor Ort wichtig ist, wieder ins Haus kommen soll: Das
       zeigt nun die Ausstellung „And Berlin will always need you“ von 17 hier
       lebenden Künstlern.
       
       Dort untersucht nicht nur der erwähnte Olaf Holzapfel Techniken vor Ort,
       dort zeigt Willem de Rooj, geboren in den Niederlanden, seit 2006 in
       Berlin, „Weavings“: golden und schwarz schimmernde Textilkunst, die in
       Zusammenarbeit mit einer Bauhaus-Handweberei bei Potsdam entstanden ist. Es
       gibt einen Künstler, der sich mit der Inszenierung von Objekten in der
       Ausstellungsgeschichte des Gropius Baus befasst, zwei weitere beziehen sich
       auf die Textilproduktion in Berlin Ende des 19. Jahrhunderts.
       
       Es ist aber die Installation im zentralen Lichthof des Gropius Baus, die
       sich am schillerndsten mit ihrem Ort verbindet: Ein filigranes Fischernetz
       aus 780 Kilometern weißer Wolle, das die ganze, neuerdings so lichte Kuppel
       des Hauses ausfüllt und in dem sich Buchseiten verheddert haben: alte
       Grundrisse des Museums, historische Ansichten, Führer durch die Sammlungen.
       
       Die Skulptur stammt von der in Japan geborenen und seit 1997 in Berlin
       lebenden Künstlerin Chiharu Shiota – und sie hat Interessantes
       herausgefunden. Kurz nachdem die Gestapo 1933 die zugehörige Schule neben
       dem Gropius Bau bezogen hatte, ließ sie deren Bibliothek im Lichthof
       unterbringen.
       
       Shiotas Skulptur ist ein tolles Beispiel, wie der Lichthof künftig bespielt
       werden könnte. Nach wie vor sollen hier die Herzstücke der Ausstellungen
       gezeigt werden, versichert Rosenthal, aber frei zugänglich. Das heißt: Die
       Stücke werden viel Neugier wecken müssen. Das Publikum soll Lust bekommen,
       dann auch noch den kostenpflichtigen Rest der Ausstellung zu besuchen.
       
       22 Mar 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Susanne Messmer
       
       ## TAGS
       
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