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       # taz.de -- Ehemaliger AfDler bezahlt Mahnmal: Ein äußerst fragwürdiger Spender
       
       > Jahrelang pflegte die Wall GmbH das Mahnmal für die Bücherverbrennung in
       > Berlin. Jetzt übernimmt der Firmengründer – ein Ex-AfDler.
       
   IMG Bild: Das Denkmal zur Erinnerung an die Bücherverbrennung am 10. Mai 2010
       
       Es steht in vermutlich sämtlichen Berlin-Reiseführer der Welt, auch viele
       BerlinerInnen halten es für eines der eindrücklichsten und wichtigsten
       Mahnmale der Stadt: Das [1][Denkmal zur Erinnerung an die
       Bücherverbrennung] auf dem Bebelplatz in Mitte, das an den 10. Mai 1933
       erinnert.
       
       Damals holten auch Studierende und Professoren der heutigen Humboldt
       Universität mit musikalischer Begleitung von SA- und SS-Kapellen 20.000
       Bücher von jüdischen, kommunistischen und aus anderen Gründen unliebsamen
       AutorInnen aus der Alten Bibliothek – der heutigen juristischen Fakultät am
       Bebelplatz – und verbrannten sie an Ort und Stelle.
       
       Das Denkmal ist ein weißer, unterirdischer Raum mit leeren Regalen, in den
       man quasi von oben herab durch eine Glasscheibe blickt. Gestaltet wurde es
       vom israelischen Künstler Micha Ullman, 1995 wurde es eingeweiht. Nun wird
       sein Erhalt von einem ehemaligen AfDler finanziert.
       
       Die Denkmalpflege hat 1996 bis 2018 die [2][Wall GmbH] übernommen – bis der
       Vertrag mit dem Bezirk Mitte auslief. Die Firma entwickelt sogenannte
       Stadtmöbel wie die bekannte City-Toilette und vermarktet Werbeflächen. Laut
       Pressestelle übernahm Wall die Kosten für die Beleuchtung des Mahnmals und
       den Austausch der im Boden eingelassenen Glasscheibe vier- bis fünfmal im
       Jahr. Das Sponsoring gehört zur Firmenphilosophie: Wall betreibt zehn
       Werbeflächen in dieser Stadt als Gedenkorte – unter anderem für die Opfer
       des Generalplans Ost am Kurfürstendamm und die zweier ehemaliger Lager für
       jüdische Displaced Persons in Mariendorf und Zehlendorf.
       
       ## Hans Wall freut sich sehr
       
       Laut der Wall-Pressesprecherin, Frauke Bank, sei die Firma „in Gesprächen
       mit dem Bezirk über eine mögliche Fortsetzung des Vertrags“ gewesen. Einer
       Presseinformation von letzter Woche habe man mit Erstaunen entnommen, dass
       sich der Bezirk gegen die Firma entschieden habe.
       
       Am Dienstagnachmittag steht bei einer Vorstellung der neuen Partnerschaft
       für das Denkmal der 1942 geborene Unternehmer Hans Wall auf dem Bebelplatz
       und freut sich sehr, dass er „als Rentner noch eine schöne
       Privatbeschäftigung gefunden hat“. Wall ist zwar der Gründer der Wall GmbH
       und hat die Erinnerungskultur in der Firma angeschoben, verkaufte seine
       Anteile aber vor zehn Jahren an den französischen Konzern JCDecaux SA.
       
       Mediale Aufmerksamkeit erregte Wall, als er 2013 Mitglied der AfD wurde,
       woraufhin sich seine ehemalige Firma, die Wall GmbH, von ihm distanzierte.
       „Mir hat die AfD damals gefallen. Es passierte ja nicht mehr viel in der
       Politik“, sagt er zur taz. 2015 sei er aus der AfD wieder ausgetreten und
       Mitglied bei Bernd Luckes Kleinpartei „Allianz für Fortschritt und
       Aufbruch“ geworden, die ihm dann aber zu erfolglos gewesen sei.
       
       Bezirksbürgermeister Stephan van Dassel (Grüne), der ebenfalls zum
       Bebelplatz gekommen ist, entgleisen kurz die Gesichtszüge, als er von der
       ehemaligen Parteizugehörigkeit Hans Walls erfährt. Als dieser dem Bezirk
       angeboten habe, die 1.800 Euro pro Auswechslung der Glasscheibe zu
       übernehmen, sei nicht klar kommuniziert worden, dass er nicht mehr der
       Besitzer der Wall GmbH sei . „Wir haben das nicht hinterfragt“, sagt Dassel
       zur taz. Sein Bezirk steht nun als Empfänger eines äußerst fragwürdigen
       Almosens dar.
       
       26 Mar 2019
       
       ## LINKS
       
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