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       # taz.de -- Polizeieinsatz im Hambacher Forst: Ein Eimer voll Kacke fiel vom Baum
       
       > Im Hambacher Forst verfehlt ein Eimer voll Kot knapp einen
       > RWE-Mitarbeiter. Beim folgenden Polizeieinsatz kommt es fast zur
       > Eskalation.
       
   IMG Bild: Als Fuchs vermummt geht die verdächtige Person zur Aufnahme der Personalien
       
       Hambacher Forst taz | Flutlichter scheinen, Generatoren brummen,
       Polizeiband ist gespannt: Etwa 40 Beamt*innen stehen unter dem Baumhausdorf
       Krähennest [1][im Hambacher Forst]. In den Baumhäusern harren
       Waldbewohner*innen aus, vor dem Absperrband lagern Unterstützer*innen mit
       Megafon. Sandwege werden mit Baggern aufgeschüttet, Hubsteiger
       bereitgestellt. Was ist passiert?
       
       Tags zuvor hat Polizei und RWE am Waldboden geräumt, vereinzelt auch
       Plattformen aus den Bäumen geholt und Bäume gefällt. Einen Tag sollte der
       Einsatz dauern. Doch im Krähennest soll es dann passiert sein: Ein Eimer
       soll aus einem Baumhaus gefallen oder geworfen worden sein, je nachdem, mit
       wem man spricht. Der Eimer verfehlte RWE-Mitarbeiter unter dem Baum.
       
       Laut Polizei war er mit Fäkalien gefüllt, aber die Füllung selbst spiele
       keine Rolle, so die Staatsanwaltschaft Aachen: Sie stellt einen
       Durchsuchungsbeschluss aus, weil bei der beträchtlichen Fallhöhe aus dem
       Baumhaus der Eimer selbst ein gefährlicher Gegenstand, eine Waffe sei.
       Also: Verdacht auf versuchte gefährliche Körperverletzung. Der
       Tatverdächtige soll in Gewahrsam genommen werden.
       
       Die Polizei richtet also einen Sicherheitsbereich ein. Dutzende Beamt*innen
       observieren die ganze Nacht die Baumhäuser. Am Dienstagmorgen dann der
       Sandweg, die Hubsteiger. Die Durchsage der Polizei: Der Tatverdächtige
       solle freiwillig herunterkommen, andernfalls werde die Polizei Bäume
       fällen, um Platz für den Hubsteiger zu machen, und sich in die Baumhäuser
       begeben. Einen anschließenden Abriss könne man nicht ausschließen, so ein
       Sprecher.
       
       ## Man kennt sich
       
       Dass die Zukunft des Hambacher Forstes nach wie vor ungewiss ist, [2][trotz
       Kohlekommission], sorgt für Anspannung. Das betrifft nicht nur die Polizei:
       Im Wald rechne man jeden Tag mit [3][weiteren Räumungen], so ein Aktivist.
       Dass am Montag während der Bodenräumung Bäume gefällt werden, außerhalb der
       Rodungssaison und während der Vogelschutzzeit, führt dazu, dass die
       Aktivist*innen den “Tag X“ ausrufen. [4][Fridays-for-Future-Schüler*innen]
       kommen in den Wald, bilden eine Blockade vor dem Krähennest. Bis
       Dienstagmittag sind hunderte Polizist*innen sind im Einsatz und Dutzende
       Waldbesucher*innen versammelt.
       
       Während niemand weiß, wie weit der Einsatz heute gehen wird, steht man sich
       am Absperrband wieder gegenüber – und ist inzwischen bekannt miteinander.
       Eine Aktivistin bekommt die polizeiliche Rückmeldung, wie lang denn ihre
       Haare bitte geworden seien. Als ein Polizist ein Megafon beschlagnahmt,
       hält er es über den Kopf und drückt selbst auf den Sirenenknopf.
       
       Man schreit sich auch an und diskutiert. Viel. Immerhin steht Räumung im
       Raum. Vereinzelt drängt die Polizei Menschen zurück. Aus den Baumhäusern
       singt es: “Es ist nicht deine Schuld, dass du Polizist geworden bist, es
       wär nur deine Schuld, wenn du es bleibst.“
       
       Räumen wolle man die Baumhäuser wirklich nicht, versichert ein Sprecher der
       Polizei. “Aber wir haben diesen Durchsuchungsbeschluss der
       Staatsanwaltschaft und wir müssen alles uns Mögliche tun, um den
       Tatverdächtigen zu stellen.“ Die Polizei wartet ab. Macht Durchsagen.
       
       ## Eskalation Frage der Zeit
       
       “Wir hoffen, dass der Aktivist von selbst herunterkommt“, sagt der
       Sprecher. Die Aktivist*innen oben auf den Bäumen ihrerseits teilen mit, sie
       würden nicht wollen, dass man für ihren Widerstand Bäume fälle: Für den
       Fall, dass Polizei und RWE damit anfingen, hätte man einen Plan – und würde
       dann sehen, wie die Polizei reagiert.
       
       Als der erste Baum fällt, machen die Aktivist*innen ihren Plan wahr: Der
       Tatverdächtige seilt sich ab. Er übergibt sich der Polizei. Die führt ihn
       der anwesenden Presse vor, dann fährt sie ihn in die Gefangenensammelstelle
       Aachen. “Wir wussten nicht, ob die Polizei den Einsatz wirklich beendet,
       wenn das passiert“, sagt ein Aktivist. “Wir sind davon ausgegangen, dass
       der Eimer nur Vorwand für eine Räumung war.“ Es scheint, was an den
       Tagebau-Randgebieten fehlt, ist vor allem eins: Gewissheit. Und solange es
       keine gibt, ist Eskalation vielleicht nur eine Frage der Zeit.
       
       26 Mar 2019
       
       ## LINKS
       
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