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       # taz.de -- Streit über Pestizid-Zulassung: UBA fordert Stopp von 18 Ackergiften
       
       > „Rechtswidrige“ Zulassungen zurücknehmen: Im Pestizid-Streit stellt sich
       > die oberste Umweltbehörde gegen das Verbraucherschutzamt.
       
   IMG Bild: Schöne heile Welt. Die gibt es aber nur ohne Pestizide
       
       Berlin taz | Das Umweltbundesamt (UBA) stemmt sich gegen die umstrittenen
       Zulassungen, die vor Kurzem 18 Unkraut- und Insektengifte erhalten haben,
       darunter eins, das Glyphosat enthält. Maria Krautzberger, die Präsidentin
       der obersten Umweltbehörde, hat Helmut Tschiersky, den Präsidenten des
       Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), per
       Brief aufgefordert, „die von Ihnen erteilten befristeten Zulassungen
       zurückzunehmen“.
       
       In welchen Mengen Pflanzenschutzmittel in der Landwirtschaft eingesetzt
       werden dürfen und wie stark sie Bienen, Käfer, die Artenvielfalt insgesamt
       gefährden – das ist längst ein Politikum. Doch ein Zerwürfnis dieser Art
       zwischen den zuständigen Behörden, dokumentiert auf zwei Briefseiten, ist
       selten, wenn nicht einzigartig. Das Schreiben, das am Donnerstag beim BVL
       einging, liegt der taz vor.
       
       Der Streit ist auch für die Regierung brisant, weil auf der einen Seite ein
       Amt betroffen ist, das SPD-Bundesumweltministerin Svenja Schulze
       untersteht, auf der anderen eines, das zum Agrarressort ihrer CDU-Kollegin
       Julia Klöckner gehört.
       
       Eine Emnid-Umfrage im Auftrag des Umweltverbandes BUND hat diese Woche zwar
       gezeigt, dass es für mehr Öko Unterstützung gibt: 79 Prozent der befragten
       Bürger verlangten verbindliche Regeln, die Insekten besser schützen. Doch
       die beiden Ministerinnen geraten immer wieder aneinander. Klöckner gehen
       Schulzes Vorschläge zu strikteren Vorgaben etwa für Ackergifte oder Dünger
       immer wieder zu weit – und andersherum.
       
       Am vergangenen Freitag hatte das Bundesumweltministerium der taz bereits
       erklärt, die 18 Mittel hätten „erhebliche negative Auswirkungen auf die
       biologische Vielfalt, insbesondere auf die Insektenwelt“. Da Umweltauflagen
       missachtet worden seien, seien die Zulassungen rechtswidrig.
       
       Das BVL hat die Mittel ohne Auflagen, jedoch nur befristet bis zum 31.
       Dezember 2019 zugelassen. Das Umweltbundesamt hatte sein notwendiges
       Einvernehmen wiederum daran geknüpft, dass Landwirte, die die Mittel
       nutzen, spätestens ab 2020 auf einem Teil ihrer Flächen „gänzlich“ auf den
       Einsatz von Ackergiften verzichten. Händler und Landwirte bräuchten einen
       „zeitlichen Vorlauf“, schreibt Krautzberger. „Keinesfalls“ habe die
       vorgesehene Übergangsfrist gestattet, „dass das BVL eine befristete
       Zulassung ohne die Anwendungsbestimmung erteilt“. Sein Vorgehen sei
       „rechtswidrig.“
       
       Auch „die weiteren bereits erteilten bedingten Einvernehmen“ könnten nicht
       so verstanden werden, dass eine einjährige Befristung ohne Umweltauflagen
       akzeptabel sei, mahnt Krautzberger. Dabei geht es um weitere 17 Mittel, die
       noch im Zulassungsverfahren stecken.
       
       Ein Sprecher des BVL erklärte, es „irritiert, dass ein Brief an Herrn
       Tschiersky schon am Tag des Eingangs bei uns öffentlich ist“, wollte sich
       aber nicht inhaltlich äußern. Er sagte nur, der Präsident werde Maria
       Krautzberger ein Antwortschreiben schicken, aber dies nicht öffentlich tun.
       
       Am Mittwoch waren die Zulassungen auch Thema im Agrarausschuss des
       Bundestages. Die Kampagnenplattform Campact hat den Appell: „Kein
       Rechtsbruch für Bienengift“ gestartet, binnen eines halben Tages
       unterzeichneten ihn bereits 132.000 Personen.
       
       14 Mar 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hanna Gersmann
       
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