# taz.de -- „Seehofer wegbassen“-Demo in Berlin: Druck auf Geflüchtete und Helfer steigt
> Ein Bündnis von über 60 Organisationen ruft am Samstag zu einer „Seehofer
> wegbassen“-Demo auf, um sich gegen zunehmende Kriminalisierung zu wehren.
IMG Bild: Könnte langsam ausgehungert werden: das Kirchenasyl
Wer sich in Deutschland für Geflüchtete einsetzt, gerät zunehmend unter
Beschuss. Der CSU-Landesgruppenchef zeterte über die
„Anti-Abschiebe-Industrie“, der Chef des Bundesamts für Asyl und
Flüchtlinge (Bamf) kritisierte jüngst „selbst ernannte Flüchtlingsräte“,
und der Bundesinnenminister droht Menschen, die vor Abschiebungen warnen,
mit Haft. Dagegen wehren sich die Betroffenen nun.
Unter dem Slogan „Seehofer wegbassen“ haben für kommenden Samstag über 60
NGOs, Clubs, Stiftungen und Vereine zu einer Demonstration in Berlin
aufgerufen. Das von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) angekündigte
„Geordnete-Rückkehr-Gesetz“ schränke Rechtsstaatlichkeit, faire Verfahren
und zivilgesellschaftliches Engagement ein, heißt es in dem Aufruf. „Die
aktuellen Entwicklungen betreffen längst nicht mehr nur Geflüchtete,
sondern alle, die in einer Gesellschaft leben wollen, die Menschenrechte
nicht mit Füßen tritt“, sagt Liza Pflaum vom Seebrücke-Bündnis, das die
Demonstration organisiert. Angeschlossen hätten sich Gruppen von
Geflüchteten genauso wie Beratungsstellen oder Rechtsanwält*innen, sagt
Pflaum; „alle Teile der Gesellschaft, die attackiert werden“.
Tatsächlich hatte erst am Donnerstag der CDU-Innenpolitiker Mathias
Middelberg gefordert, Flüchtlingsräten, die Abschiebungen be- oder
verhinderten, die staatliche Unterstützung zu streichen. Nur wenige Tage
zuvor hatte Bamf-Chef Hans-Eckhard Sommer erklärt, es sei „absolut
richtig“, die Weitergabe anstehender Abschiebetermine an Betroffene „mit
den Mitteln des Strafrechts“ zu ahnden. Seehofers Plänen nach drohen dafür
künftig bis zu drei Jahre Haft. Auch sollen Abzuschiebende leichter
inhaftiert werden können.
„Was da aus dem Hause Seehofer kommt, betrifft auch uns“, sagt Lukas
Pellio, Vorstandsmitglied von Asyl in der Kirche Berlin-Brandenburg. Gerade
seit dem vergangenen Jahr erlebe er immer härtere Repressionen und
Verschärfungen seitens des Bundesinnenministeriums.
## „Keine Härtefälle mehr anerkannt“
Beim Kirchenasyl bieten Kirchengemeinden in besonderen Härtefällen
Geflüchteten Schutz in ihren Räumen. In Berlin und Brandenburg sind es dem
Verein zufolge derzeit 61 Menschen. Die Gemeinden erstellen Dossiers für
die Behörden, in denen sie die Fälle darlegen. Das Bamf prüft die Akten
dann erneut und kann darauf aufbauend entscheiden, ein Asylverfahren zu
eröffnen.
„Inzwischen werden aber so gut wie keine Härtefälle mehr anerkannt“, sagt
Pellio. „Selbst bei den krassesten Fällen nicht.“ Er vermutet dahinter eine
„klare Anweisung, dass das Kirchenasyl ausgehungert werden soll“.
Und es ist nicht nur die inhaltliche Arbeit, die schwerer wird. In
Rheinland-Pfalz durchsuchte die Polizei Ende Januar die Dienst- und
Privaträume von fünf Pfarrer*innen. Gegen sie wird wegen „Beihilfe zum
illegalen Aufenthalt“ ermittelt. Dabei seien auch seelsorgerische
Unterlagen mitgenommen worden, kritisiert Pellio.
Vor allem in Bayern und Rheinland-Pfalz seien Kirchenasyl gewährende
Gemeinden von Strafverfolgung bedroht. Verurteilungen gebe es zwar bisher
keine, sagt Pellio. „Aber der Druck steigt. Es ist wichtig, dass wir uns
gemeinsam mit vielen anderen dagegen wehren und nicht alle einzeln
protestieren.“
29 Mar 2019
## AUTOREN
DIR Dinah Riese
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