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       # taz.de -- Kommentar sexuelle Gewalt an Kindern: Schweigen ist ein Verbrechen
       
       > Mit der Aufarbeitung des Systems ist es beim Thema Kindesmissbrauch nicht
       > getan. Es muss möglich sein, jegliche Ahnung offen auszusprechen.
       
   IMG Bild: Kindesmissbrauch hinterlässt tiefe Schäden in der Seele eines Menschen
       
       Schweigen und immer wieder Schweigen. Menschen, die [1][als Kinder und
       Jugendliche sexuelle Gewalt erlebt] haben, bewegen sich in einem Umfeld,
       das durch Stille geprägt ist. Stille, weil sie meist selbst nicht über ihre
       Vergangenheit reden. Sonst, so erzählen sie es selbst, kriegen sie ihr
       Leben nicht mehr hin. Und Stille, weil das direkte Umfeld, das häufig vom
       Missbrauch wusste oder zumindest davon ahnte, weder den Mund aufmachte noch
       reagierte.
       
       Man mag gar nicht darüber nachdenken, was schlimmer ist: die dauerhafte
       Traumatisierung der Betroffenen oder das Wegschauen der Gesellschaft. Doch
       der Unterschied ist immens: Das eigene Schweigen ist nachvollziehbarer
       Selbstschutz und häufig Angst vor Konsequenzen, das Schweigen der anderen
       ein Verbrechen.
       
       Damit muss Schluss sein. Allein mit der Aufarbeitung des
       Missbrauchssystems, mit dem Erkennen von Gewaltstrukturen ist es nicht
       getan. Es geht insbesondere darum, eine Atmosphäre zu schaffen, in der
       Familienangehörige, Nachbarn, Kirchenmitglieder auch nur leiseste Ahnungen
       offen aussprechen können.
       
       In der Kindern, die sich offenbaren, zugehört und Glauben geschenkt und
       Missbrauch konsequent verfolgt und bestraft wird. Oder verkürzt gesagt:
       Eine Atmosphäre, in der sexuelle und sonstige Gewalt an Kindern im
       kleinsten Keim erstickt wird und Opfer mit jeder nur erdenklichen Hilfe
       rechnen können.
       
       Eine Utopie? Vielleicht. Es sollte unbedingtes Ziel sein, sexuelle Gewalt
       so stark wie möglich einzudämmen. Die [2][Kommission zur Aufarbeitung
       sexuellen Kindesmissbrauchs] und der Missbrauchsbeauftragte
       Johannes-Wilhelm Rörig richten darauf ihre Anstrengungen. Dass im
       vergangenen Dezember sowohl die Kommission als auch Rörigs Stelle
       entfristet wurden, nachdem die Einrichtungen zuvor alljährlich bangen
       mussten, nicht weiter finanziert zu werden, darf als zartes Zeichen gelesen
       werden: Die Brisanz des Themas ist bei den politischen Entscheider*innen
       offensichtlich angekommen. Denn sie tragen dazu bei, Schweigen zu fördern –
       oder zu brechen.
       
       3 Apr 2019
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Simone Schmollack
       
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