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       # taz.de -- heute in bremen: „Die EU braucht starke Reformen“
       
       Interview Cornelius Runtsch
       
       taz: Frau Frassoni, in Ihrem Buch „Europäerinnen. Zehn Frauen, die Europa
       gestalten“ erzählen Sie die Geschichte von zehn Frauen in Brüssel, die
       leidenschaftliche Kämpferinnen für die europäische Idee wurden ...
       
       Monica Frassoni: Die Idee des Buches war es, zehn eher bürgerliche Frauen,
       die der Arbeit wegen nach Brüssel kamen, zu porträtieren. Das Stereotyp der
       grauen Brüsseler Wasserträgerin, die auf maschinelle und mysteriöse Weise
       arbeitet, ist ja sehr verbreitet. Das Buch will die Menschlichkeit hinter
       den arbeitenden Frauen in Brüssel beleuchten. Es werden sowohl
       Parlamentarierinnen und Anwältinnen als auch Journalistinnen und
       Ortsbeirätinnen porträtiert.
       
       Und was verbindet sie? 
       
       Eine zentrale Gemeinsamkeit ist das „Normale“ an ihrem Beruf – da ist
       nichts Mysteriöses oder Heimliches. Die zweite Gemeinsamkeit ist eine
       gewisse Hemdsärmeligkeit, die alle Frauen gemeinsam haben.
       
       Wie bewerten Sie die Entwicklung des Diskurses um Frauenrechte im
       europäischen Kontext? 
       
       Es gibt natürlich Unterschiede zwischen den einzelnen Länder. Allerdings
       gibt es heute viel mehr Bewusstsein für die existierenden Ungleichheiten
       als noch vor zehn Jahren. Andererseits hat mit dem europaweiten Erstarken
       rechter Parteien ein offener Hass gegen emanzipatorische und progressive
       Werte Einzug gehalten.
       
       Dafür steht auch die neue italienische Regierung: Hat deren Machtantritt
       die deutsch-italienischen Beziehungen verändert? 
       
       Wir müssen unterscheiden zwischen dem Verhältnis von Regierungen
       untereinander und den Bevölkerungen. Es gibt die Haltung in Italien und
       anderswo, dass Deutschland alles dominiere mit seinen Vorstellungen von
       europäischer Wirtschafts- und Finanzpolitik. Aber ich würde nicht sagen,
       dass das die individuellen Beziehungen zwischen Deutschen und Italienern
       verschlechtert. Die Italiener haben allerdings ihre Haltung zur EU
       geändert. Das wiederum beflügelt die rechten Parteien.
       
       Wie sehen Sie die Zukunft der EU nach dem Brexit und darüber hinaus? 
       
       Das hängt alles davon ab, ob der Brexit kommt. Ich würde sagen, der gesamte
       Brexit-Prozess zeigt, dass es doch weitaus sinnvoller ist, sich in
       komplexen, teils widersprüchlichen Systemen wie der EU zu beteiligen,
       anstatt einfache Lösungen wie den Brexit zu propagieren. Denn klar ist: Die
       EU braucht trotz allem starke Reformen und ein grundlegendes Mehr an
       Solidarität. Leider ist diese Idee noch nicht in allen Köpfen europäischer
       und vor allem deutscher Politiker angekommen. Die „Fridays for
       Future“-Bewegung sehe ich allerdings als eine riesige Chance für
       grundlegende europäische Reformen
       
       5 Apr 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Cornelius Runtsch
       
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