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       # taz.de -- Gesetzentwurf zur Organspende: Werben für den Widerspruch
       
       > Eine Abgeordnetengruppe um Jens Spahn und Karl Lauterbach hat einen
       > Entwurf für die sogenannte Widerspruchslösung vorgelegt. Der Plan stößt
       > auf Kritik.
       
   IMG Bild: Ihre Regelung sei „die einzige Möglichkeit“, die Zahl der Transplantationen zu erhöhen, so die Politiker
       
       Berlin epd | In der Debatte um eine mögliche [1][Reform der Organspende] in
       Deutschland liegt ein erster konkreter Entwurf auf dem Tisch. Die
       Abgeordnetengruppe um Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und
       SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach stellte am Montag in Berlin ihre
       Pläne für die sogenannte Widerspruchsregelung vor. Danach soll künftig
       prinzipiell jeder Organspender sein, der zu Lebzeiten nicht einen
       gegenteiligen Wunsch dokumentiert oder seinen Angehörigen mitgeteilt hat.
       
       Die Gruppe setzt darauf, dass diese Regelung die Zahl der Organspender
       erhöhen wird. Umfragen zufolge haben in Deutschland längst nicht so viele
       Menschen einen Spendeausweis wie erklären, nach ihrem Tod Organe spenden zu
       wollen. Lauterbach zufolge stehen derzeit mehr als 9.000 Menschen auf der
       Warteliste für ein Organ. Die Widerspruchsregelung sei „die einzige
       Möglichkeit“, die Zahl der Transplantationen zu erhöhen, sagte Lauterbach.
       
       Sie sei unbürokratisch, ethisch unbedenklich, effizient und sicher. Spahn,
       der innerhalb der fraktionsübergreifenden Initiative als
       Bundestagsabgeordneter und nicht als Minister agiert, sagte, die bisherigen
       Bemühungen um mehr Organspender reichten nicht aus.
       
       [2][Der Entwurf] sieht die Einführung eines Registers vor, in dem jeder
       Bürger eintragen lassen kann, ob er der Organentnahme widerspricht oder
       spenden will. Spahn zufolge wird dies voraussichtlich beim Arzt möglich
       sein, in der Zukunft aber möglicherweise auch per Selbsteintrag in der
       elektronischen Patientenakte. Liegt kein Eintrag vor, werden die
       Angehörigen gefragt, ob ihnen ein der Organspende entgegenstehender Wille
       des Verstorbenen bekannt ist.
       
       ## „Schweigen bedeutet nicht Zustimmung“
       
       Ist das nicht der Fall, können Organe entnommen werden. Durch die Befassung
       der Angehörigen nennen Spahn und Lauterbach ihren Plan „doppelte
       Widerspruchslösung“. Ein Veto-Recht haben die Angehörigen aber nicht.
       Entscheidend sei der Wille des möglichen Organ- und Gewebespenders, heißt
       es in dem Entwurf. Dem nächsten Angehörigen „steht folglich kein eigenes
       Entscheidungsrecht zu“, wird darin erklärt.
       
       Damit stößt der Entwurf auf Kritik. Der Vorsitzende des Deutschen
       Ethikrats, Peter Dabrock, bezeichnete den Ausschluss eines
       Widerspruchsrechts der Angehörigen am Montag im Deutschlandfunk als
       „Übergriffigkeit“. Dabrock lehnte die Widerspruchsregelung ab. „Damit wird
       der Körper nach dem Tod zu einem Objekt der Sozialpflichtigkeit“, sagte er.
       Auch der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch,
       kritisierte es als falsch, die Angehörigen bei der ethischen Entscheidung
       auszuschließen. „Schweigen bedeutet nicht Zustimmung“, sagte er.
       
       Flankiert werden soll die Neuregelung im Fall einer Mehrheit im Bundestag
       mit einer breiten Informationskampagne. Den Entwurf haben bislang zehn
       Abgeordnete von Union, SPD und Linken unterzeichnet, darunter auch
       Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) und Bundestagsvizepräsident Thomas
       Oppermann (SPD).
       
       Im Bundestag wird seit Monaten parteiübergreifend über eine Reform der
       Organspende diskutiert. Die von der Gruppe um Spahn und Lauterbach
       angestrebte Widerspruchsregelung stößt bei anderen dabei auch auf
       Widerstand. Eine Gruppe um die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock und dem
       CSU-Abgeordneten Stephan Pilsinger hat einen Konkurrenzentwurf angekündigt,
       nach dem künftig alle Bürger bei der Ausstellung ihres Personalausweises zu
       ihrer Spendebereitschaft befragt werden sollen.
       
       Eine Entscheidung bliebe dabei wie jetzt freiwillig. Derzeit gilt in
       Deutschland die sogenannte Entscheidungsregelung, bei der die
       Spendebereitschaft vor allem über den Organspendeausweis dokumentiert oder
       bei den Hinterbliebenen erfragt wird.
       
       1 Apr 2019
       
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