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       # taz.de -- „Kinderstube“ für arktisches Meereis: Transportstrom unterbrochen
       
       > Immer weniger frisches, vor Russland entstandenes Meereis gelangt in die
       > zentrale Arktis. Die Folge ist, dass weniger Mineralien transportiert
       > werden.
       
   IMG Bild: Das Eisschicht auf dem Meer wird zunehmend dünner
       
       Bremerhaven dpa | Immer mehr vor Russland gebildetes Eis schmilzt auf
       seinem Weg in die zentrale Arktis. Das habe Auswirkungen auf das Ökosystem,
       schreiben deutsche Forscher vom Bremerhavener Alfred-Wegener-Institut (AWI)
       für Polar- und Meeresforschung [1][im Fachmagazin Scientific Reports]. Denn
       wenn das Eis aus Gründen des Klimawandels frühzeitig schmelze, werden
       eingeschlossene Nährstoffe nicht im Nordpolarmeer verteilt. Langfristig sei
       zu erwarten, dass sich dadurch die Arktis nicht nur physikalisch, sondern
       auch biologisch und chemisch verändere, sagte Awi-Forscherin Eva-Maria
       Nöthig: „Das Ausmaß kennen wir noch nicht.“
       
       In den sogenannten russischen Randmeeren des Arktischen Ozeans entsteht dem
       Awi zufolge im Winter fortwährend Meereis, auch weil dort die
       Lufttemperaturen extrem niedrig sind – bis zu minus 40 Grad. Ein starker,
       ablandiger Wind schiebt dann das im Flachwasser gebildete junge Eis auf das
       Meer hinaus. Ein Teil dieses Eises wandert durch die Transpolardrift wie
       auf einem Förderband innerhalb von zwei bis drei Jahren einmal quer durch
       die zentrale Arktis bis in die Framstraße.
       
       In diesem Seegebiet zwischen Grönland und Spitzbergen schmilzt es
       schließlich. Vor rund 20 Jahren erreichte noch etwa die Hälfte des in den
       Randmeeren gebildeten Eises die zentrale Arktis. Mittlerweile seien es nur
       noch 20 Prozent, schreiben die Forscher. Der Großteil schmelze vorzeitig.
       
       Da immer weniger in den flachen Küstenzonen erzeugtes Meereis bis zur
       Framstraße gelangt, kommen dort auch immer weniger Schwebstoffe und
       Mineralien an, die beim Gefrieren des Wassers im Meereis eingeschlossen
       werden. Das zeigen Analysen, die Awi-Biologen seit zwei Jahrzehnten in der
       Framstraße durchführen.
       
       ## Eis ist dünner als vor 15 Jahren
       
       Mit dem vorzeitigen Schmelzen des Meereises sinken die Partikel früher ab.
       In den vom Awi aufgestellten Sedimentfallen in der Framstraße finde man
       immer weniger sibirische Mineralien, sagte Nöthig.
       
       Die Forscher verfolgten die Wanderung des Meereises mithilfe von
       Satellitendaten aus den Jahren 1998 bis 2017. „Jenes Eis, welches
       heutzutage die Framstraße erreicht, wird zum größten Teil nicht mehr in den
       Randmeeren gebildet, sondern stammt aus der zentralen Arktis“, sagte Thomas
       Krumpen, ebenfalls Awi-Forscher. „Wir werden derzeit Zeuge, wie ein
       wichtiger Transportstrom abreißt und die Welt einem meereisfreien Sommer in
       der Arktis einen großen Schritt näherkommt.“
       
       Bestätigt wird das Ergebnis der Studie durch Messungen der Meereisdicke in
       der Framstraße. „Eis, das heutzutage die Arktis durch die Framstraße
       verlässt, ist rund 30 Prozent dünner als noch vor 15 Jahren“, betonte
       Krumpen. Gründe dafür seien die steigenden Temperaturen im Winter und eine
       früher beginnende Schmelzsaison im Sommer.
       
       2 Apr 2019
       
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   DIR [1] https://www.nature.com/articles/s41598-019-41456-y
       
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