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       # taz.de -- Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
       
       > Assange mit Bart ist ein greiser Robin Hood. Derweil nutzen die Parteien
       > die Brexit-Pause zum Tapezieren: Euer Opa ist die Antwort!
       
   IMG Bild: Das Brexit-Drama hat Pause und für die Europawahl wird schon mal kräftig tapeziert
       
       taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche? 
       
       Friedrich Küppersbusch: Der stillgelegte Ex-Papst Benedikt hat ermittelt,
       [1][die „68er Revolution“ trage Mitschuld an sexuellen Übergriffen in der
       Kirche.]
       
       Und was wird besser in dieser? 
       
       Frühere Stilllegung von Päpsten.
       
       [2][Großbritanniens EU-Austritt] ist auf Ende Oktober verschoben, das
       britische Unterhaus hat jetzt Osterferien. Das heißt: 10 Tage keine
       Brexit-Nachrichten! Freuen Sie sich, oder sind Sie schon süchtig? 
       
       Jetzt wird tapeziert! Die CDU lotet die Spannweite besitzanzeigender
       Fürwörter aus: „Für Deutschlands Zukunft. Unser Europa“. Die SPD verwirrt
       mit einem Hashtag, aus dem uns Älteren beruhigend das Wort „Opa“
       entgegenleuchtet: „#europaistdieantwort“. Der grüne Claim „Kommt, wir bauen
       das neue Europa“ harrt freudig einer Schraddelgitarrenvertonung durch Rolf
       Zuckowski und seine kleinen Freunde. „Europa nur solidarisch“ von Links und
       „Europas Chancen nutzen“ von der FDP heben einander derweil auf.
       
       Und die Profiteure des recht einmütigen, pro-europäischen Wahlkampfes, die
       AfD, gestehen immerhin die Gestrigkeit ihrer anti-europäischen Position:
       Sie plagiiert den 1976er Skandalslogan der Union, „Aus Liebe zu
       Deutschland – Freiheit statt Sozialismus“. Der Sozialismus wird durch
       „Brüssel“ ersetzt, und fertig ist die 43 Jahre alte Kampagne. Dies als
       Vorgruppe britischer Plakate, auf die wir uns freuen dürfen. Tipp: Rolling
       Stones mit „This will be the last time, may be the last time, I don’t know“
       für Labour, “It’s all over now, Baby Blue“ bei den Tories. Mit Blick auf
       das Comedy-Potenzial dieses Wahlkampfes wäre der „Berlin-Status“
       Westberliner Abgeordneter für britische Kandidaten ein Zukunftsmodell:
       Dürfen ins Parlament, schwungvolle Reden halten und am Ende zählen ihre
       Stimmen nicht mit.
       
       [3][Julian Assange ist in London festgenommen worden], er wird von den USA
       der Verschwörung mit Chelsea Manning beschuldigt. Steigert das jetzt den
       Heldenstatus des Wikileaks-Gründers? 
       
       Assange sah aus wie „nach Diktat vergreist“. Nicht zufällig kommen alle
       Robin-Hood-Erzählungen ohne das erschütternde Bild eines gebrechlichen
       Mannes aus, der von Gehilfen auf Gehhilfen wechselt und nichts Heldisches
       mehr bietet. Okay, Robin Hood wurde wahlweise beim Aderlass heimtückisch
       ermordet, geköpft oder aufgespießt – Julian Assange ist nach Einlassung
       seines Arztes ein psychisches und physisches Wrack mit irreparablen
       Schäden. Bei allem Ringen um „war on terror“ und Rigidität der
       Rechtsstaaten wurde ein zentrales Moment komplett untergepflügt: Gnade.
       Selbst wenn Assange nur Gnade wollte – es gibt keine Instanz, bei der er
       sie begehren könnte. Das ist, ungeachtet der Aufklärung aller Vorwürfe
       gegen ihn, eine Schande.
       
       [4][Der Bundestag hat debattiert], ob ein Test Kassenleistung wird, der
       Trisomie bei Föten feststellen kann. Die Kritik am „Aussortieren“
       potenziell behinderter Kinder prallt dabei auf die Selbstbestimmung
       Schwangerer. Und jetzt? 
       
       Vorsicht, Falle: Das ist eine Coverversion der Debatte um den
       Schwangerschaftsabbruch an sich. Zuletzt hatten wir sie noch mal in der
       Geschmacksrichtung „Werbeverbot“. Und stets geht es um Versuche, den Willen
       der Schwangeren und der möglichen Eltern zu dirigieren. Der Fall etwa, dass
       Eltern sich nach gehabtem Test für das Kind mit Trisomie entscheiden, kommt
       in der Debatte nicht vor. Die Seelenqual, die der Abtreibung eines
       wahrscheinlich behinderten Lebens vorausgeht, kommt in der Debatte nicht
       vor. Es ist für die betroffenen Eltern schon schwer genug. Sie brauchen
       keine Gesellschaft, die mit wohlgeratenen Blagen dabeisitzt und
       selbstgerechte Mahnungen verteilt. Sie brauchen keine zusätzlichen Qualen,
       weil sie sich mit mehr Geld einen Entscheidungsspielraum hätten kaufen
       können. Es ist sehr traurig, wenn jede Schwangere das erfährt, wenn sie es
       will, und dann ist es okay.
       
       Diese Woche will das US-Justizministerium den Bericht des Sonderermittlers
       Robert Mueller freigeben, wenn auch teils geschwärzt. Präsident Trump ist
       sicher, dass das Dokument ihn in Sachen Verschwörung mit Russland
       entlastet, die Gegenseite hofft noch auf ein bisschen Schmutz. Ihr Tipp? 
       
       Sobald die deutschen Untersuchungsausschüsse zum [5][„NSU-Komplex“]
       ungeschwärzte Akten bekommen, mache ich mich über die USA lustig.
       
       53 Börsenunternehmen haben keinerlei Interesse an einem höheren
       Frauenanteil in ihren Vorständen, [6][ergibt eine Studie].
       Fortschrittsmotor deutsche Wirtschaft geht so, oder? 
       
       Mein Liebling unter den Männerbünden ist die Firma „TLG Immobilien“, die
       als „Mindestzielgröße Frauenanteil“ null angibt, jedoch tröstend hinzufügt:
       „Diese Zielgröße soll bis 2022 nicht unterschritten werden.“ Im Kürzel
       „TLG“ verbirgt sich übrigens der Name „Treuhand Liegenschafts
       Gesellschaft“, der Laden gehörte bis 2012 dem Bundesfinanzministerium. Dann
       verkaufte der Bund es an eine US-Heuschrecke. Enteignungsdebatte, go!
       
       [7][Zum ersten Mal war es möglich, ein Schwarzes Loch zu fotografieren.]
       Die US-Informatikerin Katie Bouman hat einen Algorithmus geschrieben, der
       die Bilder etlicher Teleskope zusammenpuzzelt. Sensation! Nur: Wozu braucht
       man das? 
       
       Fürs Spiegel-Titelbild. Die nehmen neuerdings nur nachgewiesene Fakten.
       
       Und was machen die Borussen? 
       
       Nachts nach dem Spiel fing es in Dortmund an zu schneien. Wer das glaubt,
       glaubt auch die zweite Halbzeit.
       
       14 Apr 2019
       
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