# taz.de -- Julian Assange und Ecuadors Machtkampf: Millionen Hacks, Millionen Kredite
> Weil sie Julian Assange das Asyl entzog, steht Ecuadors Regierung unter
> Kritik. Und erhält frisches Geld von der Weltbank.
IMG Bild: In Ecuadors Machtkampf ist Julian Assange (Mitte) zwischen die Fronten geraten
Berlin taz | Ecuador ist nach der Festnahme von Wikileaks-Gründer Julian
Assange nach Regierungsangaben Ziel von mehr 40 Millionen Cyberattacken
geworden. Die Angriffe auf Internetseiten öffentlicher Institutionen seien
unter anderem aus Deutschland, den USA, Brasilien, den Niederlanden,
Rumänien und aus Ecuador selbst gekommen, sagte der Vizeminister für
Informationstechnologie und Kommunikation, Patricio Real, am Montag.
Betroffen waren den Angaben zufolge vor allem die Internetseiten von
Außenministerium, Präsidentenamt, Zentralbank sowie einigen Ministerien und
Universitäten. Informationen wurden demnach bei den Cyberangriffen nicht
entwendet.
Die Entscheidung von Ecuadors Regierung, Assange das Asyl in der Botschaft
zu entziehen, stößt weiterhin international auf Kritik. Präsident Lenin
Moreno sieht sich unter Rechtfertigungsdruck und erklärte gegenüber dem
britischen Guardian am Wochenende, Assange habe in der Botschaft ein
„Spionagezentrum“ aufbauen wollen. Schon am Tag der Verhaftung hatte Moreno
in einer Videoansprache beklagt, Assange habe immer wieder die Auflagen für
seinen Aufenthalt in der Botschaft verletzt.
[1][Ecuadors ehemaliger Präsident Rafael Correa] hält all das für
vorgeschoben. Vielmehr habe Moreno die Entscheidung von langer Hand mit den
USA vorbereitet: Im vergangenen Jahr habe Moreno bereits den
US-Vizepräsidenten Mike Pence empfangen und mit ihm neben der Isolierung
Venezuelas und einem Verzicht Ecuadors auf die Strafverfolgung der
[2][Erdölfirma Chevron wegen Umweltverschmutzung] auch das Ende des
Botschaftsasyls für Assange vereinbart. Zum Ausgleich dafür habe die
US-Regierung finanzielle Unterstützung unter anderem der Weltbank zugesagt.
Letztere konkretisierte sich am Sonntag: In Washington erhielt Moreno von
Weltbank-Chef David Malpass die Zusage für weitere 500 Millionen US-Dollar
zusätzlich zu bereits vereinbarten 350 Millionen. „Ecuador hat das
internationale Vertrauen wiedergewonnen“, schrieb Moreno stolz auf Twitter.
## Correa vs. Moreno
Dazu gehört freilich nicht nur das Fallenlassen Assanges, sondern auch ein
striktes Anpassungsprogramm, das Moreno [3][seit seinem Wahlsieg 2017]
umsetzt. Moreno, der zuvor als Vizepräsident der Regierung Correa gedient
hatte und wie dieser als Kandidat der Mitte-Links-Partei Alianza País
gewählt worden war, hat sich von der Politik seines Vorgängers inzwischen
nahezu vollständig gelöst. Hatte er noch im Wahlkampf signalisiert, Correas
Linie nur mit einem anderen, weniger autoritären Führungsstil fortsetzen zu
wollen, ist davon inzwischen nicht viel übrig. Und wie einst Correa hart
gegen Kritiker vorging, drängt inzwischen Moreno Anhänger Correas aus dem
politischen Leben.
In diesem Machtkampf ist Assange zwischen die Fronten geraten. Wie es für
ihn genau weitergeht, ist noch unklar. In Schweden könnte das
Vergewaltigungsverfahren, das ursprünglich zu einem Haftbefehl gegen ihn
geführt hatte, wieder aufgenommen werden. Sollte Schweden [4][wie schon die
USA] einen Auslieferungsantrag stellen, müssen die britischen Behörden
entscheiden, welchem Antrag sie den Vorzug geben.
Unwahrscheinlich ist, dass es von Seiten der USA bei dem einen bislang
vorgebrachten Anklagepunkt bleibt. Bislang werfen die USA Assange
„Verschwörung“ vor, weil er dem damaligen Militärangehörigen Brad (heute
[5][Chelsea) Manning] geholfen haben soll, seine Spuren zu verwischen, als
dieser große Mengen Daten aus Regierungscomputern abgezapft hatte. Darauf
stünden maximal fünf Jahre Haft. Bis es zu einer Anhörung über die
Auslieferung kommt, müssen die USA darlegen, ob da noch mehr kommt – und
damit ist zu rechnen. (mit afp)
16 Apr 2019
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## AUTOREN
DIR Bernd Pickert
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