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       # taz.de -- taz🐾thema: Was lange gärt …
       
       > Koreanisches Essen ist in aller Munde: Fermentierte Zutaten verleihen den
       > Speisen einen würzigen Geschmack. Sogar beim Abnehmen sollen Kimchi & Co
       > helfen
       
   IMG Bild: Das koreanische Nationalgericht Bibimbap („Reis mischen“) lässt sich ganz einfach am heimischen Herd zubereiten
       
       Von Katja-Barbara Heine
       
       In Berlin hat sich die Zahl der koreanisches Restaurants in den letzten
       zehn Jahren etwa versechsfacht. Vor allem in Kreuzberg, Mitte und
       Prenzlauer Berg schießen sie wie Shiitake-Pilze aus dem Boden. Auf dem Menu
       steht der traditionelle Reistopf Bibimbap oder die Fleischpfanne Bulgogi.
       Der Star der koreanischen Küche ist jedoch Kimchi, milchsauer vergorener
       Chinakohl. Die knackigen, scharfen Blätter werden als Beilage serviert und
       gelten als das neue Superfood.
       
       Im Vergleich zu anderen Küchen Asiens, etwa der chinesischen oder
       thailändischen, waren die Koreaner hierzulande spät dran. „Wir hatten
       vergleichsweise wenig Tourismus, deshalb war unsere Küche in der Welt lange
       nicht so bekannt wie etwa die japanische oder chinesische“, erklärt die
       südkoreanische Köchin Sohyi Kim, die in Wien drei Restaurants betreibt.
       „Koreanisch galt in Europa lange als Geheimtipp.“ Dabei sei die Küche viel
       aromatischer als die japanische und viel gesünder als die chinesische.
       
       „Unser Geheimnis sind fermentierte Nahrungsmittel“, so Sohyi Kim weiter.
       „In Korea lässt man Sojabohnen, aber auch andere Produkte, monatelang
       gären. Dadurch bekommen sie einen besonders würzigen Geschmack. Zudem
       machen fermentierte Lebensmittel Speisen leichter bekömmlich und fördern
       die Verdauung.“ Neben Kimchi zählen Sojabohnenpaste, rote Chilipaste und
       Sojasauce zu den fermentierten Zutaten, die beim Kochen nicht fehlen
       dürfen.
       
       Auch in anderen Landesküchen wird fermentiert, wenn auch weniger als in
       Korea. Sauerkraut, Kefir oder Kombucha zum Beispiel. „Ursprünglich diente
       Fermentation dazu, Essen haltbar zu machen und Vorräte für den Winter zu
       schaffen“, sagt Helena Ahonen, Ernährungsberaterin in Berlin. Sie bietet
       regelmäßig Workshops zur Herstellung von Kimchi und anderen Fermenten an.
       Dafür wird Gemüse klein geschnippelt und luftdicht mit Gewürzen in Salzlake
       eingelegt. Dann wandeln natürliche Bakterien Zucker aus dem Gemüse in
       Milchsäure um, die Lebensmittel monate- oder gar jahrelang konserviert.
       Nach etwa zwei Wochen ist das Ferment fertig.
       
       „Fermentierte Lebensmittel regen das Wachstum von probiotischen Bakterien
       im Darm an und unterstützen dadurch eine gesunde Darmflora“, beschreibt
       Helena Ahonen den positiven Nebeneffekt der jahrhundertealten Methode. „Sie
       stärken das Immunsystem und sollen sogar beim Abnehmen helfen.“ Und so ist
       es nicht verwunderlich, dass Fermentation in einer Zeit, in der sich alles
       um gesunde Ernährung dreht, schwer angesagt ist: Spitzenköche haben die
       Gärung für sich entdeckt, René Redzepi vom weltberühmten Restaurant Noma in
       Kopenhagen hat gerade „Das Noma-Handbuch Fermentation“ zum Thema
       herausgebracht.
       
       Im Korea kommt viel frisches, saisonales Gemüse auf den Tisch. Es wird nur
       kurz angebraten, so bleiben die Nährstoffe erhalten. Statt Salz verwenden
       Koreaner Sojasoße. Und Fleisch wird nur in Maßen genossen. Auch damit
       trifft die koreanische Küche den Nerv der Zeit.
       
       Das Nationalgericht Bibimbap (auf deutsch übersetzt: „Reis mischen“) lässt
       sich ganz einfach am heimischen Herd zubereiten: In eine Schüssel kommt
       gekochter Rundkornreis, darauf ordnet man verschiedene Sorten Gemüse an,
       etwa Sojasprossen, Möhren, Pilze oder Kraut, roh oder in Sesamöl
       angebraten. Nach Belieben kann Tofu, Rindfleisch oder ein Ei hinzugefügt
       werden. Dazu reichlich Chilipaste und ein Tellerchen Kimchi – fertig.
       Stäbchen sind tabu, umgerührt und gegessen wird Bibimbap mit dem Löffel.
       
       Wer koreanisch essen gehen möchte, kann in Berlin mittlerweile zwischen
       originellen Restaurant-Konzepten wählen. Das ist auch der Tatsache zu
       verdanken, dass viele Kreative aus Korea nach Berlin ausgewandert sind und
       hier in der Gastronomie arbeiten. Im „Kochu Karu“ in Prenzlauer Berg etwa
       findet einmal im Monat das „Singmahl“ statt: Dann singt Köchin und
       Opernsängerin Bini Lee zwischen den Gängen zu Klavierbegleitung. Im „The
       Watchers“ auf der Prenzlauer Allee thront auf einem Tisch eine riesige rote
       Katze, die größte der hier ausgestellten Skulpturen von Künstlerin und
       Cafébetreiberin Jiny Eun Joon. Und im „Gong Gan“, das wie eine Werkstatt
       eingerichtet ist, können Gäste sogar selbst kreativ werden und am Tisch mit
       bunten Legosteinen bauen.
       
       13 Apr 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Katja-Barbara Heine
       
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