# taz.de -- Kolumne Press-Schlag: Arm dran, wer Arme hat
> Es steht wieder ein Fußball-Wochenende mit Handelfmeter-Diskussionen
> bevor, Besserung ist nicht in Sicht. Was ist Hand, was nicht?
IMG Bild: Schwer zu sagen, ob der Ball zum Spieler findet oder umgekehrt
Seit geraumer Zeit sieht man Verteidiger merkwürdig verkrampft im Strafraum
herumlaufen. Wenn sie mit einem Schuss des Gegners rechnen, schnellen ihre
Arme ruckartig nach hinten. Die Extremitäten werden für ein paar
Augenblicke auf dem Rücken geparkt. Es geht darum, nur ja nicht den Ball zu
berühren.
Manchmal rennen diese armlosen Torsi sekundenlang neben einem Außenstürmer
her, was nicht nur lächerlich aussieht, sondern auch mit einem Handicap
verbunden ist. Der Angreifer darf mit seinen Armen durchschwingen und Tempo
aufnehmen, der Defensive muss als Karikatur seiner selbst nebenherlaufen.
Das ist unfair, aber genau so von den Regelhütern des Fußballs gewollt.
Sie haben das Handspiel im Strafraum zu einem Seminar in Anatomie für
Fortgeschrittene gemacht. Keiner weiß mehr, was gehauen und gestochen ist.
Was ist Hand, was nicht? Jedes, wirklich jedes Bundesliga-Wochenende wird
über Sinn und Unsinn eines Hand-Elfmeterpfiffs diskutiert.
Die Schiris beugen sich mit heiligem Ernst über die Vergehen der
Handdeliquenten und entscheiden nach ihren Ausflügen zum Bildschirm zumeist
gegen die vermeintlichen Täter, die sich möglicherweise fragen, ob es
nicht besser wäre, sich die Hände präventiv abzuhacken. Mal ist ein
unabsichtliches Handspiel strafbar, ein andermal nicht. Die Willkür hat
Einzug gehalten in die Stadien.
In der guten alten Zeit galt die Regel: Absichtliches Handspiel wird
geahndet, unabsichtliches nicht. Aber auch diese Vorgehensweise hat ihre
Tücken, denn es liegt im Ermessen des Schiedsrichters, ob der Spieler seine
Hand bewusst zum Ball führt – oder der Ball auf verschlungenen Pfaden
seinen Weg an die Hand des armen Kickers findet. Nun ist wohl im Handbuch
der Regelhüter – so genau weiß man es nicht – festgeschrieben, dass jedes
Handspiel, bei dem der Arm über der Schulter den Ball berührt, ein Delikt
ist.
Aber auch unterhalb wird vogelwild drauflosgepfiffen. Schiri A sagt: Gnade
vor Recht. Schiri B meint: Jedes Handspiel führt zum Strafstoß, egal, ob
der Ball mit 100 Sachen aus zwei Meter Entfernung kam und der
Innenverteidiger nur hilflos im Weg stand. Das ist absurd, denn der Ball
ist in so einem Fall nach 0,07 Sekunden am Körper des Verteidigers, was
unter der Reaktionsschwelle liegt. Meistens wird der Verteidiger unschuldig
verhaftet.
Das Regelwerk zum Themenkomplex Handspiel ist zu einer Farce verkommen –
und der Schiedsrichter zum Handlanger einer bizarren Regelauslegung.
13 Apr 2019
## AUTOREN
DIR Markus Völker
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