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       # taz.de -- Protest gegen Immobilienkonzerne: #Mietenwahnsinn bei Sonnenschein
       
       > In Berlin demonstrierten Zehntausende gegen steigende Mieten. Am Samstag
       > startete auch die Initiative zur Enteignung von Immobilienkonzernen.
       
   IMG Bild: Die Berliner Demonstrierenden wollen sich nicht verdrängen lassen
       
       Berlin taz/dpa | Zum Abschluss und Höhepunkt der bundesweiten
       Mietenprotest-Aktionstage haben in Berlin unter dem Schlagwort
       [1][#Mietenwahnsinn] zehntausende Menschen demonstriert. Bei strahlendem
       Sonnenschein nahmen nach Angaben der Veranstalter etwa 40.000 Menschen an
       der Demo teil, die am Alexanderplatz begann. Die Polizei wollte keine
       konkrete Teilnehmerzahl nennen, sprach aber von einer Größenordnung „weit
       über 10.000“.
       
       In insgesamt 19 deutschen Städten gab es Proteste gegen steigende Mieten,
       insgesamt beteiligten sich nach Veranstalterangaben rund 55.000 Menschen.
       In europäischen Metropolen wie Paris, Barcelona und Lissabon waren weitere
       Proteste angekündigt.
       
       „Wir müssen selbst darum kämpfen, dass unsere Städte wieder uns gehören“,
       rief eine Rednerin des Veranstalterbündnisses bei der Auftaktkundgebung in
       Berlin der Menge zu. 283 Organisationen aus ganz Deutschland und einigen
       anderen europäischen Ländern [2][hatten den Aufruf unterstützt]. Im letzten
       Jahr hatten rund 25.000 Menschen an der ersten Ausgabe der
       Mietenwahnsinn-Demonstration teilgenommen.
       
       Mit der Demonstration beginnt an diesem Samstag auch eine Initiative
       [3][für einen Berliner Volksentscheid zur Enteignung von
       Immobilienkonzernen]. 20.000 Unterstützer müssen binnen sechs Monaten
       unterschreiben, damit das Volksbegehren eingeleitet wird. Die Initiatoren
       sehen darin kein Problem: Sie haben angekündigt, bereits bis zum Sommer
       50.000 Unterschriften sammeln zu wollen. Rund 100 Sammelteams waren dafür
       heute auf der Berliner Demonstration unterwegs, teilweise standen die
       Menschen Schlange, um ihre Unterschrift abgeben zu können.
       
       Nimmt das Volksbegehren auch die zweite Stufe, bei der dann rund 175.000
       Unterschriften gesammelt werden müssen, kommt es zum Volksentscheid. Zur
       Abstimmung steht dann der Vorschlag, alle Immobilienkonzerne, die mehr als
       3.000 Wohnungen in Berlin besitzen, als Anstalt öffentlichen Rechts in
       Landesbesitz zu überführen. Dazu zählen beispielsweise [4][die Deutsche
       Wohnen], die Vonovia oder die schwedische Akelius-Gruppe. Die Unternehmen
       sollen eine Entschädigung erhalten, über deren Höhe derzeit noch gestritten
       wird. Vermutlich könnte sie aber niedriger als der Marktwert der Wohnungen
       ausfallen.
       
       In Berlin hat sich die Wohnungskrise in den letzten Jahren immer weiter
       zugespitzt. Binnen zehn Jahren haben sich die Mieten im Schnitt mehr als
       verdoppelt, mittlerweile ist es auch für Menschen mit mittleren Einkommen
       oder in Randbezirken schwer, bezahlbare Wohnungen zu finden. Eine Wohnung
       gilt als bezahlbar, wenn die Miete 30 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens
       nicht übersteigt. [5][Eine Studie des Immobilienanbieters
       Immobilienscout24] kam im letzten Jahr zu dem Ergebnis, dass die Berliner
       durchschnittlich 46 Prozent des verfügbaren Einkommens für die Miete
       ausgeben müssen.
       
       Während der Demonstration gegen Mieterhöhungen und Verdrängung ist ein
       leerstehender Laden in der Wrangelstraße in Berlin-Kreuzberg kurzzeitig
       besetzt worden. Der frühere Gemüseladen hatte vor einigen Jahren als Symbol
       gegen steigende Preise und Verdrängung Schlagzeilen gemacht. Die Polizei
       war mit einem größeren Aufgebot vor Ort. Sie nahm drei Personen fest, wie
       eine Sprecherin am Abend sagte. Dem Betreiber des Ladens war gekündigt
       worden. Nach Protesten wurde die Kündigung zurückgenommen. Der Besitzer hat
       das Geschäft später jedoch aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben. Es
       steht im Moment leer.
       
       Die Abschlusskundgebung fand am Nachmittag vor der Veranstaltungshalle
       Arena in Berlin-Treptow statt. Zeitgleich war dort an diesem Wochenende
       auch die Berliner Immobilienmesse.
       
       6 Apr 2019
       
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