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       # taz.de -- Streamingdienste im Wettstreit: Mit Beyoncé Netflix retten?
       
       > Apple und Disney machen sich bereit, Netflix als Marktführer zu
       > verdrängen. Mit Filmen über Pop-Ikonen versucht Netflix sich abzuheben.
       
   IMG Bild: Beyoncés „Homecoming“ – Die Tour und der Film sind ein politisches Statement
       
       Anfang April veröffentlichte Netflix ein gelbes Plakat mit der Aufschrift
       „Homecoming“ ohne irgendeine weitere Information. Fans aber verstanden,
       dass die mysteriöse Ankündigung die Handschrift Beyoncés trug. Einen Tag
       später bestätigte Netflix die Gerüchte mit dem Trailer zum Film
       „Homecoming“. Dieser Film ist ein politisches Statement, jedenfalls für
       [1][Beyoncé]. Aus Sicht des Streaming-Anbieters ist es ein Angriff gegen
       die Konkurrenz.
       
       Der Beyhive, wie Beyoncés Fangemeinde genannt wird, und dessen Königin sie
       ist, hatte lange auf Konzertaufnahmen gewartet. Die letzte Tour-DVD der
       Musikerin erschien im Jahr 2010, eine Dokumentation zuletzt im Jahr 2013.
       Mit dem Netflix-Special serviert Beyoncé nun Konzertfilm und Dokumentation
       in einem. „Homecoming“ ist mehr als Konzert-Footage, es ist ein
       Performance-Konzept, es [2][ehrt die Geschichte der Schwarzen] Unis und
       Colleges in den USA. Konzertaufnahmen und Behind-the-Scenes sind
       verflochten mit Zitaten und Monologen einflussreicher schwarzer
       PhilosophInnen und SchriftstellerInnen.
       
       Der Filmtitel spielt aber auch auf [3][Beyoncés Rückkehr] auf die Bühne an.
       Hier werden nun via Netflix Einblicke in Beyoncés Leben gewährt. In das
       Konzert auf dem Coachella-Festival in Kalifornien vor einem Jahr waren acht
       Monate Konzeption und Probe geflossen. Eigentlich sollte die Sängerin schon
       im Vorjahr als Headlinerin auftreten, wurde dann aber überraschend mit
       Zwillingen schwanger. Im Film spricht sie über Komplikationen in der
       Schwangerschaft, und wie schwer es war, Konzertplanung und dreifache
       Mutterschaft zu jonglieren. „Ich war mit dem Kopf woanders – ich war bei
       meinen Kindern“, hört man sie sagen.
       
       So intim bekommen Fans die Ikone so gut wie nie. Seit Jahren hat Beyoncé
       kein einziges Interview mehr gegeben. Einblicke gibt es höchstens auf ihrer
       Website oder dem Instagram-Account. Jeder Aspekt ihrer Person unterliegt
       dem Mikromanagement. Auch für Netflix’ „Homecoming“ hat Beyoncé selbst das
       Drehbuch geschrieben, führte Regie und war als Produzentin tätig – „A Film
       by Beyoncé“ eben. So ist auch davon auszugehen, dass wir im Film nur das
       sehen, was der Star preisgeben will.
       
       ## Disney-Filme verschwinden von Netflix
       
       Nun sendet Beyoncé also über die größte Streaming-Plattform der Welt. Das
       lässt ahnen, auf welche Inhalte Netflix in Zukunft bauen wird. Denn im
       ersten Quartal 2019 konnte das kalifornische Unternehmen zwar so viele
       Neuabonnements dazugewinnen wie noch nie zuvor. Weltweit nutzen somit fast
       149 Millionen Menschen das Medienangebot. Diese Woche aber wurde bekannt,
       dass der Konzern seine Wachstumserwartungen herunterschraubt.
       
       5 Millionen neue Mitgliedschaften stellt Netflix fürs zweite Quartal in
       Aussicht. Im ersten waren es noch fast doppelt so viele. Grund sind die
       gerade angehobenen Abopreise – für Deutschland sind es 1 bis 2 Euro mehr im
       Monat – und die Konkurrenz von Apple und Disney, die sich bereit macht,
       Netflix als Marktführer zu verdrängen.
       
       Mit Disney Plus hat Disney seinen eigenen Streamingdienst angekündigt, der
       ab November in den USA verfügbar sein wird. Der europäische Start ist für
       2020 geplant. AbonnentInnen werden auf eine Vielzahl von Disneyklassikern
       wie auch neue Film- und Serienproduktionen zugreifen können. Das Angebot
       wird Spielfilme von Disney, Pixar, Marvel und Star Wars enthalten, darunter
       fallen also die aktuell erfolgreichsten Kinofilme wie die „Avengers“-Serie.
       
       Auch Produktionen von National Geographic sowie Serien des Kanals ABC
       kommen dazu. Für Netflix bedeutet das nicht nur starke Konkurrenz, sondern
       auch große Verluste. Noch in diesem Jahr sollen alle Disney-Filme von
       Netflix verschwinden. Auch der günstige Preis für Disney Plus ist
       bedrohlich. Mit nur 6,99 Dollar pro Monat soll Disney Plus die Hälfte einer
       Premiummitgliedschaft auf Netflix kosten.
       
       ## Diversity als Alleinstellungsmerkmal
       
       Also braucht der Anbieter mit dem roten N etwas, durch das er hervorsticht.
       Mit Beyoncés Dokumentarfilm hat Netflix das große Content-Los gezogen. Es
       ist eines der vielen exklusiven Formate, in die der Streamingdienst
       investiert, um zwischen anderen Plattformen und TV-Sendern hervorzustechen.
       
       Das Unternehmen strebt jedoch auch für Spielfilme eine ähnliche Relevanz
       an, will die prestigereichen Preise Hollywoods gewinnen, um sich nicht nur
       als Sender, sondern auch Produktionsfirma zu behaupten. Geklappt hat das
       dieses Jahr mit dem Drama „Roma“ von Alfonso Cuarón, das den Oscar für den
       besten fremdsprachigen Film gewann. Um dieses Vorhaben voranzutreiben, hat
       Netflix die Firma der renommierte Award-Strategin Lisa Taback samt Team
       eingegliedert. Taback ist verantwortlich für den Erfolg mehrerer
       Oscar-GewinnerInnen. In Hollywood wurde dieser Schachzug als direkte
       Kampfansage aufgefasst.
       
       Netflix gibt sich angesichts der neuen Disney-Plattform wie auch von dem
       von [4][Apple geplanten Streaming-Konkurrenten] natürlich unbeeindruckt.
       Netflix-CEO Hasting schreibt im Quartalsbericht, er verlasse sich auf „die
       Unterschiede im Angebot“. Das bedeutet, dass sich Netflix, bisher eher
       Anbieter für alle und für alles, ein differenzierteres Profil geben wird.
       Familien dürfte der Konzern zusammen mit seinen Disney-Inhalten verlieren.
       Also müssen Fan-Communities erschlossen werden. Und die bringen Popikonen
       wie Beyoncé ja bereits mit.
       
       Es zeichnet sich ab, dass Netflix das Thema Diversity sowohl in der
       Produktion wie auch in seinen Inhalten und Casting immer mehr Bedeutung
       zuschreibt. Netflix scheint potenzielle Zielgruppen erkannt zu haben und
       Inhalte direkt auf sie zuzuschneiden. Das zeigt die Kategorie „LGBTQ
       Movies“ wie auch die Abteilung „Strong Black Lead“, die ZuschauerInnen
       Formate von und mit schwarzen KünstlerInnen empfiehlt. Derartige
       Zielgruppen sind ein vielversprechendes Alleinstellungsmerkmal für Netflix
       und mit dem Neuzugang des Beyoncé-Films ist deren Euphorie vorerst
       gesichert.
       
       19 Apr 2019
       
       ## LINKS
       
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