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       # taz.de -- TSG Hoffenheim in der Youth League: Jungs unter Druck
       
       > Hoffenheims Nachwuchs hat es ins Finalturnier der Youth League geschafft.
       > Vor dem Halbfinale wird über den Sinn des Formats diskutiert.
       
   IMG Bild: Anfang April konnten die Hoffenheimer einen Sieg gegen die U19 von Real Madrid bejubeln
       
       Hoffenheim taz | „Wir fahren nicht nach Nyon, um eine coole Reise zu
       machen“, sagt Benjamin Wallquist. Der Kapitän der U 19-Junioren der TSG
       Hoffenheim hat dieser Tage wenig Sinn für die Reize des Genfer Sees, wo die
       Reisegruppe der TSG diesen Freitag im schweizerischen Nyon tatsächlich
       keine touristischen Absichten verfolgt. Am Standort der Uefa findet am
       Wochenende das sogenannte Final Four-Turnier der Youth League statt, der
       Champions-League der Nachwuchsmannschaften.
       
       Diesen Freitag trifft die TSG im Halbfinale auf den FC Porto. Gewinnen die
       Badener gegen die Portugiesen, spielen sie am kommenden Montag das Finale
       gegen den Sieger der Partie zwischen dem FC Barcelona und dem FC Chelsea.
       Benjamin Wallquist sagt selbstbewusst: „Wir wollen dieses Halbfinale
       gewinnen.“
       
       Die Hoffenheimer nehmen zum ersten Mal an diesem 2013 aus der Taufe
       gehobenen Wettbewerb teil, weil sich die Profis [1][letzte Saison erstmals
       für die Champions-League qualifizierten]. Während die Männer die
       Gruppenphase nicht überstanden, reüssieren die Junioren auf europäischer
       Ebene.
       
       Dabei bedeutet dieser Wettbewerb für die Talente eine noch viel größere
       Belastung als für die Profis – und ist gerade deswegen hochumstritten. In
       der Gruppenphase spielen die [2][Jugendteams parallel zu den Partien der
       Profis in der Champions-League], für die Hoffenheimer Junioren bedeutete
       das in der Vorrunde mitten im Schulbetrieb jeweils dreitägige Reisen nach
       Lyon, Manchester und Charkiw.
       
       ## Leben in der Traumwelt des Profifußalls
       
       Die Kritik am Wettbewerb setzt an dieser Belastung an. Die Youth League
       reiße die Heranwachsenden aus ihrem Alltag in Schule oder Berufsausbildung
       und befördere die Illusion von einem späteren Leben in der Traumwelt des
       Profifußalls, finden Kritiker. Dabei schafft jedes Jahr nur ein winziger
       Prozentsatz der Talente aus den Nachwuchsleistungszentren der
       Bundesligisten den Sprung in die erste Liga.
       
       Frank Kramer zum Beispiel nennt die Youth-League „höchst bedenklich“. Der
       Trainer der deutschen U 18-Nationalmannschaft prangert die „unglaublichen
       Fehlzeiten“ in der Schule während der Gruppenphase an: „Wir reden hier bei
       vielen Spielern vom Abiturjahrgang“, [3][sagte Kramer jüngst dem
       Tagesspiegel]: „Sie hätten im November, Dezember mal die Spieler sehen
       sollen, die in der Youth League am Start waren. Die Jungs gingen am Stock.
       Die waren komplett durch.“
       
       Ambivalenter fällt das Urteil von Julian Nagelsmann aus, dem Profitrainer
       der TSG Hoffenheim, er sagt: „In der Gruppenphase birgt die Youth League
       schon Gefahren aufgrund der Belastungen und Reisen, das ist schon extrem
       für so junge Kerle, aber in der K.O.-Phase ist sie vor allem eine große
       Chance.“ Ab dem Achtelfinale findet nur noch eine Begegnung statt, die
       Hoffenheimer durften da zwei Mal zu Hause antreten und schlugen Dynamo Kiew
       und Real Madrid.
       
       Nagelsmann verfolgte alle Youth League-Spiele der TSG als Zuschauer vor
       Ort, er findet: „Es ist immer gut, dich international zu messen, weil die
       anderen Nationen anders spielen und viel Körperlichkeit auf dich zukommt.“
       Der Wettbewerb fördere den Siegeswillen der jungen Spieler: „Unbedingt
       gewinnen zu wollen ist das Wichtigste, was ein Jugendspieler lernen muss,
       um ganz nach oben zu kommen.“
       
       ## Teamgeist statt Talent
       
       Der Hoffenheimer Jahrgang gilt nicht als einer der talentiertesten, aber
       mit Leidenschaft und Teamgeist besiegten er zuletzt Real Madrid vor 6.000
       Zuschauern. Ein unvergessliches Erlebnis für die Nachwuchskicker. Die
       Erfolge der Junioren in der Youth League förderten das internationale
       Ansehen des Klubs und bereicherten ihn intern. Dementsprechend fällt das
       Urteil nach den Erfolgen nur positiv aus, TSG-Nachwuchschef Dirk Mack
       wertet die Youth League trotz der Bedenken zu Beginn nun als „unglaublich
       wertvolle Erfahrung“. Ob die Bewertung auch so euphorisch nach einem Aus in
       der Vorrunde ausgefallen wäre?
       
       Trainer Marcel Rapp, der jüngst die Ausbildung zum Fußballlehrer
       erfolgreich abschloss, sagt vor dem Halbfinale stolz: „Wir haben uns nicht
       zufällig für das Halbfinale qualifiziert.“ Auf den geplanten Osterurlaub zu
       Hause musste der Österreicher Benjamin Wallquist diesmal verzichten,
       Training für das Final Four war angesagt. Aber der Kapitän der Hoffenheimer
       U 19 sagt: „Ostern ist jedes Jahr – ein Final Four in der Youth League
       hingegen nicht so oft.“
       
       26 Apr 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Hoffenheim-in-der-Champions-League/!5534520
   DIR [2] /Nachwuchsfoerderung-im-Fussball/!5027471
   DIR [3] https://www.tagesspiegel.de/sport/dfb-trainer-frank-kramer-vor-herthas-spiel-in-barcelona-die-youth-league-ist-in-hoechstem-masse-belastend/24089150.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Tobias Schächter
       
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