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       # taz.de -- Umsturz im Sudan: Arglistige Despoten
       
       > Ägypten und die Golfstaaten setzen auf Sudans Militär und auf
       > Übergangspräsident Burhan. Sie wollen nichts, was nach Demokratie
       > aussieht.
       
   IMG Bild: Nicht nach dem Geschmack der Generäle: Khartum, am 14. April
       
       Kairo taz | Es ist eine äußerst prekäre Ausgangslage, in der die Zukunft
       Sudans ausgehandelt wird. Eines ist klar: Weder werden in Khartum nun die
       Demonstranten einen völligen Neuanfang ohne die alten Institutionen
       zustande bringen – noch gibt es einen nahtlosen Übergang vom gestürzten
       Langzeitdiktator al-Bashir zu dessen Freundeskreis im Sicherheitsapparat.
       
       Man braucht sich gegenseitig. Das Militär benötigt die Legitimation der
       Demonstranten, um internationale Anerkennung und finanzielle Unterstützung
       zu finden. Die Opposition braucht die Institution des Militärs, um das alte
       Regime auszuhebeln – es gibt kaum eine andere Institution im Sudan, die
       einen Übergang durchsetzen könnte.
       
       Nun soll es zunächst der neue Übergangspräsident, General Abdel Fattah
       Burhan, richten. Der versucht zunächst einmal das Vertrauen der
       Demonstranten zu gewinnen. Er hob die Ausgangssperre auf, versprach,
       verhaftete Demonstranten freizulassen und diejenigen, die für den Tod von
       Demonstranten verantwortlich sind, zu Rechenschaft zu ziehen. Man werde das
       Bashir-Regime „an der Wurzel ausrotten“, kündigte er an.
       
       Nach dem Wochenende begann die Festnahme von Vertretern des alten Regimes.
       Den Demonstranten versprach Burhan, dass sie sich weiter auf der Straße
       versammeln könnten, solange niemand zu den Waffen greife.
       
       ## Demonstranten machen weiter
       
       Burhan sei nicht perfekt, aber das beste Szenario, das im Moment möglich
       sei, und er habe bisher alles richtig gemacht, heißt es aus Kreisen der
       Demonstranten. Aber sicherheitshalber haben sie auch angekündigt, dass sie
       weiter auf der Straße bleiben wollen, bis eine zivile Regierung gebildet
       ist.
       
       In den laufenden Verhandlungen fordert die Opposition eine vierjährige
       Zivilregierung unter dem Schutz des Militärs und eine völlige
       Umstrukturierung des Sicherheitsapparates sowie die Auflösung der Milizen,
       die einst im Namen al-Bashirs gewütet haben. Das Militär fordert, sich im
       Konsens auf eine „patriotische und unabhängige Person“ zu einigen, die die
       Regierung führen soll und beansprucht für sich lediglich das Verteidigungs-
       und Innenministerium.
       
       Generalmajor Shams Eddin Shanto, Sprecher des neuen Übergangspräsidenten
       Abdelfattah Burhan, sagte, dass der Militärrat bereit sei, das
       durchzusetzen, auf was sich die Oppositionsparteien einigen: „Wir werden
       keinen Premier bestimmen, dass müssen die machen.“
       
       Nun sind natürlich die Herren mit den Waffen in einer stärkeren Position
       und man kann ihnen nur schwer trauen. Die Demonstranten in Khartum haben
       deutlich das ägyptische Beispiel vor Augen, als die dortige Armee die
       Demonstranten nach dem Sturz Mubaraks kooptierte und später alle Spuren
       eines Wandels beseitigte. „El-Nasr or Misr“, „Sieg oder Ägypten“,
       skandieren sie denn auch in Khartum.
       
       ## Ägypten und die Golfstaaten
       
       Und es gibt auswärtige Spieler, die den Demonstranten im Sudan große Sorgen
       bereiten dürften. Die andern autokratischen arabischen Regime haben kein
       Interesse daran, dass im Sudan etwas wirklich Demokratisches entsteht. Der
       ägyptische Geheimdienst dürfte alles daran setzen, [1][die sudanesischen
       Proteste] zu spalten. Die Golfstaaten werden ihre Finanzkraft einsetzen, um
       jegliche demokratische Entwicklung dort aufzuhalten.
       
       Skeptisch machen sollte die Opposition, dass Übergangspräsident und Militär
       Burhan im Moment die Unterstützung Ägyptens und der autokratischen
       Golfstaaten hat. Gerade letztere kennt er gut, weil er die sudanesischen
       Truppen im Jemen koordiniert hat, die seit 2015 auf Seiten Saudi Arabiens
       und der Emirate gegen die Huthi-Rebellen im Einsatz sind.
       
       Aber die Demonstranten im Sudan sind ebenfalls nicht zu unterschätzen. Sie
       haben vier Monate durchgehalten, bevor sie Bashir gestürzt haben. Sie haben
       bewiesen, dass sie gegen allen Widerstand der Sicherheitskräfte die Straße
       friedlich mobilisieren können – und das nicht nur in der Hauptstadt
       Khartum, sondern in vielen Teilen des Landes und über alle ethnischen,
       konfessionellen und sozialen Grenzen hinweg.
       
       16 Apr 2019
       
       ## LINKS
       
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   DIR Karim El-Gawhary
       
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