URI: 
       # taz.de -- Rechtsextreme Anschlagserie in Neukölln: Ab jetzt direkt vor dem LKA
       
       > Mit wöchentlichen Protesten vor dem Landeskriminalamt fordern Betroffene
       > die Aufklärung der mutmaßlich rechtsextremen Anschläge
       
   IMG Bild: Schild auf der Kundgebung am Donnerstagmorgen vor dem Berliner Landeskriminalamt
       
       Nur zwei Wörter stehen auf dem großen Stück Pappe, das Christiane Schott an
       diesem Donnerstag in die Höhe hält: Rechter Terror. Denn damit ist eine der
       Kernforderungen der rund zehnköpfigen Initiative Basta aus dem Neuköllner
       Stadtteil Britz, die hier morgens um acht Uhr vor dem Berliner
       Landeskriminalamt (LKA) am Tempelhofer Damm protestiert, bereits benannt:
       Schott und ihre MitstreiterInnen fordern, dass die Neuköllner Anschlagserie
       als genau das eingestuft wird – als rechter Terror, der Engagierte im
       Bezirk einschüchtern soll.
       
       Während der ersten Anschlagserie 2011 und 2012 standen [1][Christiane
       Schott und ihre Familie], die erst kurz zuvor in die Britzer
       Hufeisensiedlung gezogen waren, besonders im Fokus: Nachdem sie sich gegen
       Wahlwerbung der NPD gewehrt hatte, wurde die Familie immer wieder Opfer von
       Attacken: Ein Stein fliegt ins Kinderzimmer, der Briefkasten wird
       gesprengt, weitere Taten folgen. Auch in der zweiten Welle seit Mai 2016
       war die Familie schon mehrmals betroffen.
       
       Was es damals wie heute nicht gibt, sind öffentlich bekannte
       Ermittlungserfolge der Polizei. „Wir fordern endlich Aufklärung, und
       deswegen werden wir von jetzt an jeden Donnerstag hier protestieren, bis
       wir die bekommen“, sagt Schott.
       
       Bis zum letzten Jahr war Schott Teil der Initiative Hufeisern gegen Rechts,
       die sie als Reaktion auf die erste Anschlagwelle gegründet hatte. Die
       Vorstellungen, wie konfrontativ die Initiative der Polizei begegnen solle,
       seien dort zuletzt auseinander gegangen, deswegen hätten sie und einige
       andere sich zur Gründung von Basta entschieden, sagt sie. „Wir haben kein
       Interesse mehr an Gesprächen mit dem LKA, die nur dazu dienen sollen, dass
       wir die Füße still halten“, sagt Karin Wüst, die sich ebenfalls schon viele
       Jahre in Britz für die Aufklärung der Anschläge engagiert.
       
       ## Was soll hier vertuscht werden?
       
       Seit in diesem Winter bekannt wurde, dass Verfassungsschutz und LKA [2][in
       mindestens einem Fall schon vor dem Brandanschlag wussten], dass zwei als
       tatverdächtig gehandelte Rechtsextreme das spätere Opfer ausspionierten,
       ist das Vertrauen in die Arbeit der Sicherheitsbehörden unter den
       Engagierten noch geringer geworden, als es nach jahrelang ausbleibenden
       Ermittlungserfolgen ohnehin schon war. Berichte, wonach Neuköllner Neonazi
       T. bei einem privaten [3][Treffen mit einem Berliner LKA-Beamten]
       beobachtet worden sein soll, sorgen ebenfalls für große Erschütterung. „Es
       gibt für diese Vorgänge keine Erklärung mehr als die, dass staatliche
       Behörden da in einer Weise mit drin hängen, die unbedingt vertuscht werden
       soll“, sagt Schott.
       
       Polizei und Verfassungsschutz sowie die Berliner Staatsanwaltschaft
       beantworten mit Hinweis auf die laufenden Ermittlungen kaum Fragen in Bezug
       auf den Neukölln-Komplex. Der Generalbundesanwalt hatte es im letzten Jahr
       zunächst abgelehnt, die Ermittlungen an sich zu ziehen – auch das eine
       Forderung der Betroffenen –, in Reaktion [4][auf die letzten mutmaßlich zur
       Serie zählenden Taten Ende März] sagte Innensenator Andreas Geisel (SPD)
       allerdings, dazu würden weiter Gespräche geführt. Die
       Linken-Bundestagsabgeordnete Martina Renner hatte sich Mitte April der
       Forderung von Betroffenen angeschlossen, zur Aufklärung der Anschlagserie
       einen Berliner Untersuchungsausschuss einzurichten.
       
       „Wir haben es schon auf so vielen Wegen versucht – aber Aufgeben ist keine
       Option für uns“, sagt Christiane Schott. Mit den wöchentlichen Kundgebungen
       vor dem LKA wolle die Initiative auch dafür sorgen, dass das Thema „nicht
       sofort wieder aus den Medien verschwindet, sobald mal ein paar Wochen
       nichts passiert“, sagt sie.
       
       2 May 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /!5485972/
   DIR [2] /!5564024/
   DIR [3] /!5485972/
   DIR [4] /!5564024/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Malene Gürgen
       
       ## TAGS
       
   DIR Anschlagserie
   DIR Rechtsextremismus
   DIR Berlin-Neukölln
   DIR Podcast „Lokalrunde“
   DIR Rechter Terror in Berlin-Neukölln
   DIR Frankfurt am Main
   DIR Polizei Berlin
   DIR Verfassungsschutz
   DIR Lesestück Recherche und Reportage
   DIR Ferat Koçak 
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Podcast „Lokalrunde“: Naziterror im Szeneviertel
       
       Hamburg hat einen Mietendeckel aus Pappe. Aus Neukölln gibt es News zum
       „NSU-Moment der Berliner Sicherheitsbehörden“.
       
   DIR Ermittlungen im Neukölln-Komplex: Ein ganz anderes Gewicht
       
       Innensenator Andreas Geisel unternimmt einen erneuten Anlauf für die
       Übernahme der Ermittlungen durch den Generalbundesanwalt.
       
   DIR Angriffserie auf linke Häuser in Hessen: Schon wieder Brandstiftung
       
       Im Hof eines feministischen Projekts wurde Feuer gelegt. Die Polizei nahm
       einen Verdächtigen fest – den hatte sie schon einmal verhaftet.
       
   DIR Rechtsextreme Netzwerke in der Polizei: „Polizisten pöbeln uns an“
       
       Initiative erhebt Vorwürfe: Bei ihren Kundgebungen vor dem LKA Berlin seien
       Mitglieder mehrfach von offenbar rechten Beamten angegangen worden.
       
   DIR Islamismus nimmt laut Geheimdienst zu: Geisel will mehr Verfassungsschutz
       
       Innensenator stellt den Bericht des Verfassungsschutzes vor und will mehr
       Geheimdienstler einstellen – gegen zunehmenden Islamismus
       
   DIR Rechter Terror in Deutschland: Nicht die erste Drohung
       
       Seit Jahren werden in Deutschland Moscheen attackiert. Nach Christchurch
       fürchten Muslime, dass es zum Schlimmsten kommt.
       
   DIR Rechte Anschläge in Berlin-Neukölln: Mit Wissen der Behörden
       
       Vor einem Jahr brannten in Neukölln die Autos zweier Linker. Die Behörden
       hatten Hinweise, dass Neonazis die Taten planten.