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       # taz.de -- Autotuner-Szene feiert Saisonauftakt: Brumm brumm wrrrrrrrromm!
       
       > Am „Car-Freitag“ kommt es in Deutschland häufig zu Poser-Treffs und
       > illegalen Autorennen. In vielen Städten verstärkt die Polizei ihre
       > Kontrollen.
       
   IMG Bild: Sieht unbequem aus, ist aber trotzdem teuer: ein Porsche (hier in einer Polizeikontrolle)
       
       Singen/Duisburg taz | Die Botschaft könnte nicht klarer sein: „Nächste
       Ausfahrt: Gefängnis“, heißt es auf mehreren Bannern, die an den
       Autobahnbrücken der A81 zwischen Singen und Stuttgart hängen. Wahlweise ist
       auch von „Knastfahrern“ oder „Todesfahrten“ die Rede. Das
       Verkehrsministerium von Baden-Württemberg hat die drastisch klingenden
       Plakate aufgehängt, weil es auf der A81 häufig zu illegalen Autorennen
       kommt.
       
       Besonders turbulent geht es erfahrungsgemäß am Karfreitag zu, an dem die
       Autotuning-Szene ihren „Car-Freitag“ feiert. An diesem Tag starten die
       Tuner in die Saison. Und nicht immer geht es dabei nur um schicke Autos.
       Allein auf der A81 stellte die Polizei im vergangenen Jahr an Karfreitag
       240 Geschwindigkeitsüberschreitungen fest. Vier Fahrer mussten ihr Auto
       nach der Kontrolle stehen lassen, weil sie unzulässige technische
       Veränderungen vorgenommen hatten.
       
       Gefeiert wird der „Car-Freitag“ nicht nur auf der A81. Besonders im
       Ruhrgebiet und in Norddeutschland hat sich der Tuning-Tag in den
       vergangenen Jahren fest etabliert. Wobei die Ausprägungen höchst
       unterschiedlich sind: „Bei uns gibt es keine typische Raser-Szene“, erklärt
       etwa Jacqueline Grahl, Sprecherin der Polizei Duisburg. „Wir haben es eher
       mit Posern zu tun, die den Motor aufheulen oder die Reifen durchdrehen
       lassen.“
       
       So ganz können aber auch die Poser den Fuß nicht vom Gas lassen: 184
       Tempoverstöße registrierte die Duisburger Polizei am vergangenen
       Karfreitag. Tankstellen und Supermarkt-Parkplätze sind beliebte
       Treffpunkte. Wo genau die Tuner aufschlagen, ist vorab aber nur
       Eingeweihten bekannt. Die meisten verabreden sich spontan über soziale
       Netzwerke; einen Veranstalter, den Behörden belangen könnten, gibt es meist
       nicht. Für die Polizei ist die Lage daher schwer planbar. „Manchmal“, so
       Grahl, „kommen zehn, zwanzig Leute; manchmal aber auch Hunderte von
       Personen.“
       
       ## Posen an der Tanke
       
       In Hamburg setzt die Polizei zivile Videofahrzeuge, Radarfallen und Beamte
       der Sondereinheit „Autoposer“ ein, um die Lage in den Griff zu bekommen.
       Bis zu 1200 Personen mit 900 Fahrzeugen halten sich am Karfreitag zu
       Spitzenzeiten rund um eine Hamburger Tankstelle auf. Hinzu kommen unzählige
       Schaulustige, wodurch laut Polizei „eine Art Arena-Charakter“ entsteht.
       
       Doch es sind nicht nur dicke Auspuffrohre und PS-starke Motoren, die in der
       Szene Anerkennung bringen. Auch die Kulisse muss stimmen. So erwartet die
       Polizei in Adenau am Nürburgring bis zu 20.000 Besucher. Man rechne mit
       „waghalsigen Burnouts“ (Durchdrehen der Räder bei gezogener Handbremse) und
       „gefährlichen Fahrmanövern inmitten Schaulustiger“, heißt es von Seiten der
       Behörden. Die Polizei werde mit Kontrollen und Straßensperren reagieren.
       Die Bilanz von 2018: 196 Tempoverstöße, zwölf Unfälle, sieben leicht
       Verletzte.
       
       Der Rennsportort selbst will mit solchen Exzessen nichts zu tun haben. „Wir
       sind daran in keiner Weise beteiligt“, beteuert Alexander Gerhard, Sprecher
       des Nürburgrings. „Die Eifel ist sehr katholisch. Da findet am Karfreitag
       keine offizielle Veranstaltung statt.“ Das hält Motorsportfans freilich
       nicht davon ab, die umliegenden Landstraßen zu befahren.
       
       ## 199 Euro für die Rennmaschine
       
       Auch kommerzielle Interessen spielen am Car-Freitag eine Rolle. So wirbt
       ein Sportwagen-Vermieter auf Facebook mit der Möglichkeit, in einer
       „Rennmaschine“ über die „Landstraßen zur grünen Hölle zu zirkeln“. Gegen
       Gebühr, versteht sich. So kostet eine 30-minütige Tour im AMG GTS 199 Euro.
       Für den Lotus Evora 400 werden 149 Euro fällig.
       
       Offizielle Verbände und Automobilclubs distanzieren sich von solchen
       Aktionen. Der ADAC erklärt, man sei kein Akteur und verfüge über keinerlei
       Informationen oder Statistiken zu dem Thema. Der Verband der
       Automobil-Tuner bekräftigt, es handle sich bei den Karfreitagstreffen nicht
       um organisierte Veranstaltungen. Stattdessen seien ausschließlich
       Privatleute und „autobegeisterte Fans aller Art“ daran beteiligt.
       
       Die Mehrzahl der Tuner – das betonen auch die Behörden – wird am
       Car-Freitag nicht auffällig. „Im Ruhrgebiet gibt es viele junge Leute, und
       viele von ihnen haben schöne Autos“, so die Duisburger Polizeisprecherin
       Jacqueline Grahl. „Wir haben damit kein Problem, solange niemand gegen das
       Gesetz verstößt.“
       
       19 Apr 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Steve Przybilla
       
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