URI: 
       # taz.de -- HSV feuert seinen Trainer nicht: Gekommen, um zu bleiben
       
       > Nach dem ersten Abstieg seiner Vereinshistorie wollte der HSV gleich
       > wieder zurück in die Bundesliga. Allerdings tut der Verein viel dafür,
       > damit das doch nicht gelingt.
       
   IMG Bild: HSV-Trainer Hannes Wolf ist trotz mieser Bilanz noch nicht entlassen worden
       
       Hamburg taz | Es ist ja nicht so, als wären Niederlagen oder ganze Serien
       an sieglosen Spielen etwas Neues oder Überraschendes für die Fans des
       Hamburger SV. In den vergangenen Jahren folgte auf einen Tiefpunkt mit
       großer Gewissheit sogleich der nächste, dem Abgrund Schritt für Schritt ein
       Stück näher kommend: Zwei Relegationen, ein verlorener Rucksack und
       unzählige Personalrochaden später hieß es im vergangenen Sommer erstmals
       nach 54 Jahren und 261 Tagen Erstligazugehörigkeit, dass der einst große
       HSV den schweren Gang in die Zweite Fußball-Bundesliga antreten musste.
       
       Was vom großen HSV im Jahr 2019 übrig ist, zeigt eine Anekdote aus der
       Pressekonferenz nach dem Spiel gegen den FC Ingolstadt. Gäste-Trainer Tomas
       Oral, klar mit 3:0 als Sieger vom Platz gegangen, war gerade fertig mit
       seiner Analyse des Geschehenen, als er sich einen Ratschlag in Richtung der
       Hamburger doch nicht verkneifen konnte.
       
       „Dem HSV wünsche ich, dass er die Ruhe bewahrt und dem Kollegen, der ein
       junger Trainer ist, volle Unterstützung gibt“, sprach der 46-jährige Oral,
       während der acht Jahre jüngere HSV-Trainer Hannes Wolf sich seine
       Verlegenheit nicht ansehen lassen wollte. Aber nicht einmal das gelang an
       diesem Samstagnachmittag.
       
       Der Favorit ließ sich vom um den Klassenerhalt kämpfenden FC Ingolstadt auf
       mehreren Ebenen vorführen. Problematisch daran: Es ist nicht das erste Mal
       in dieser Saison, dass der Trainer der Gäste den HSV mit den besten
       Wünschen für die Zukunft verabschiedet und Wolf daneben wie ein Schuljunge
       verzweifelt nach Antworten auf Fragen gesucht hat, auf die es offenbar
       keine gibt.
       
       ## HSV-Coach versucht es mit „Kurztrainingslager“
       
       Die Bilanz der Rückrunde des Hamburger SV ist ein Desaster: Aus 15 Spielen
       holten die Rothosen 16 Punkte, die Tabellenführung in der Liga ist längst
       futsch und ein direkter Aufstiegsplatz ist aus eigener Kraft nicht mehr zu
       erreichen. Dabei lässt Wolf nichts unversucht, um seine Mannschaft, die
       seit dem [1][4:0-Derbysieg beim FC St. Pauli] vor zwei Monaten sieben
       Ligaspiele in Folge nicht mehr gewinnen konnte, in die Spur zu bringen.
       
       Nach alter HSV-Tradition griff auch er zur Maßnahme „Kurztrainingslager“
       und kündigte an, ganz genau hinschauen zu wollen, auf wen er sich im
       Endspurt um den Aufstieg verlassen könne. Mit Gotoku Sakai (will weg), Leo
       Lacroix (soll weg), Orel Mangala (muss weg), Hee-chan Hwang (muss weg),
       Pierre-Michel Lasogga (muss weg) und Douglas Santos (will und muss weg)
       standen aber erneut etliche Spieler auf dem Platz, die ihre Zukunft ohnehin
       nicht mehr in Hamburg sehen.
       
       Wolfs Problem sind die Alternativen. Trotz oder wegen seiner wöchentlichen
       taktischen Wechsel und Veränderungen an der Formation gelingt dem HSV
       nichts mehr. Gegen Ingolstadt spielte sich die Mannschaft zwei halbe
       Chancen heraus – in einem Heimspiel vor 50.000 Zuschauern.
       
       Der größte Druck in dieser Phase lastet derweil auf HSV-Sportvorstand Ralf
       Becker. Letzten Herbst [2][schmiss er den beliebten Trainer Christian Titz
       raus], weil er das Saisonziel Aufstieg in Gefahr sah. Diesmal reagiert er
       trotz einer noch schlechteren Entwicklung als unter Titz nicht und lässt
       Hannes Wolf vorerst im Amt. „Wir stellen uns der Kritik, sind aber
       überzeugt, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Wir brauchen
       Kontinuität. Wenn wir immer direkt unruhig werden, stürzt man irgendwann
       ins Vollchaos“, erklärt Becker.
       
       Was er eigentlich sagen will, aber so öffentlich nicht sagen darf: Das
       Chaos ist längst da, den richtigen Moment für einen Trainerwechsel haben er
       und seine Vorstandskollegen jedoch verpasst. Es fehlen Zeit und
       Alternativen auf dem Markt, um jetzt eine erneute Kurskorrektur vornehmen
       zu können. Die Entscheidung pro Wolf ist auch wie ein Eingeständnis, den
       Aufstieg abgehakt zu haben. Vielleicht ist das in dieser Saison sogar das
       Vernünftigste.
       
       5 May 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /HSV-zerlegt-den-FC-St-Pauli-mit-40/!5576312
   DIR [2] /Kommentar-HSV-Trainerentlassung/!5541187
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Daniel Jovanov
       
       ## TAGS
       
   DIR HSV
   DIR Aufstieg
   DIR Fußball
   DIR FC St. Pauli
   DIR Fußball
   DIR HSV
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR HSV bleibt in der zweiten Liga: Hamburg kaputt
       
       Dem Hamburger SV drohen wegen des gescheiterten Aufstiegs in die Bundesliga
       erhebliche finanzielle Konsequenzen. Und die Abkehr seiner loyalen Fans.
       
   DIR Fan-Zerwürfnis beim FC St. Pauli: Der Stachel sitzt tief
       
       Nach dem Gebaren mancher Fans beim Derby gegen den Hamburger SV offenbart
       sich ein Konflikt innerhalb der Fanszene des FC St. Pauli.
       
   DIR Fananleihen beim HSV: Riskantes Geschäft
       
       Der Hamburger SV legt wieder mal eine gut verzinste Fan-Anleihe auf. Es
       wird deutlich, wie marode der Zweitligist tatsächlich ist.
       
   DIR Kommentar HSV-Trainerentlassung: Professionell entschieden
       
       Der Hamburger SV entlässt seinen Trainer Christian Titz. Die Trennung ist
       konsequent und nicht typisch HSV. Typisch wäre es gewesen, am Trainer
       festzuhalten.