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       # taz.de -- Champions-League Liverpool vs. Barça: Verrücktes Herz
       
       > Dem FC Liverpool gelingt gegen Barça das nahezu Unmögliche. Mit 4:0 macht
       > das Team die Hinspielpleite wett und zieht ins Finale ein.
       
   IMG Bild: Offene Münder: Das Staunen und die Freude ist bei Georginio Wijnaldum, Trent Alexander Arnold und Jordan Henderson (v.l. nach r.) groß
       
       Das Stadion an der Anfield Road ist bekannt als ein Ort, an dem Unmögliches
       möglich wird. Es hat schon viele Nächte erlebt, die sich als wundersam
       einstufen lassen. Ein Beispiel wäre das Viertelfinale der Europa League im
       April 2016 gegen Borussia Dortmund, das der heimische FC Liverpool nach 0:2
       und 1:3 noch 4:3 gewann, was das Weiterkommen bedeutete. Oder das 3:0 in
       der vergangenen Saison in der Champions League gegen Manchester City. Oder
       das 5:2 gegen den AS Rom. Oder, oder, oder.
       
       Aber ein Spiel wie dieses? Hat die Anfield Road jemals ein Spiel erlebt wie
       dieses 4:0 gegen den FC Barcelona im Halbfinal-Rückspiel der Champions
       League, das entgegen aller Aussichten nach der 0:3-Niederlage die
       Finalteilnahme in Madrid bescherte? Ist in diesem Stadion jemals etwas
       Unmöglicheres möglich geworden? Die Mannschaft von Trainer [1][Jürgen
       Klopp] hat einen der größten Klubs Europas abgeschossen. Und sie hat das
       ohne zwei der wichtigsten Spieler, nämlich ohne die verletzten Angreifer
       Mohamed Salah und Roberto Firmino, geschafft.
       
       An ihrer Stelle wurden Ersatz-Ersatz-Stürmer Divock Origi und der
       eigewechselte Mittelfeldmann Georginio Wijnaldum zu Helden mit jeweils zwei
       Treffern. Vor allem der letzte und entscheidende war eine Demütigung für
       die Gäste. Liverpools Außenverteidiger Trent-Alexander Arnold verzögerte
       die Ausführung einer Ecke geschickt, Barcelona schlief, Origi vollendete.
       Der Origi, der vor einem Jahr noch als Leihspieler mit dem VfL Wolfsburg in
       der Bundesliga-Relegation gegen Holstein Kiel spielte.
       
       Nach dem Schlusspfiff standen Liverpools Profis Arm in Arm vor der
       Kop-Tribüne. Die Fans sangen “You´ll never walk alone“, die heilige Hymne
       des Klubs. Sie kommt auch in anderen Stadien zur Aufführung, ist aber nur
       an der Anfield Road zuhause. Die Momente am Ende dieser Nacht, die niemand
       der Anwesenden jemals vergessen dürfte – sie stehen sinnbildlich für die
       zum Kult stilisierte Einigkeit zwischen dem FC Liverpool, seinen Fans und
       dem Stadion.
       
       ## Klopps Team schreibt Geschichte
       
       Klopp ist der ideale Hüter dieses Kults. “Wir wissen, dass dieser Klub eine
       Mischung aus Atmosphäre, Emotionen, Verlangen und fußballerischer Qualität
       ist. Nimmt man eine Sache davon weg, funktioniert es nicht. Der Verein ist
       wie ein großes Herz – und heute hat es wie verrückt geschlagen“, sagte er.
       Auch wenn man das mit weniger Pathos betrachtet, ist es schwer, ihm zu
       widersprechen. Ohne die Stimmung im Stadion, ohne das Gebrüll, die Gesänge,
       die Pfiffe, wäre das 4:0 gegen Barcelona ebenso wenig möglich gewesen wie
       ohne die Leistung von Spielern wie Torwart Alisson, Abwehrchef Virgil van
       Dijk oder Kapitän Jordan Henderson.
       
       Klopp hatte vor dem Spiel versprochen, dass seine Mannschaft alles
       versuchen werde, das schon, aber ihm war klar gewesen, dass der
       Final-Einzug nahezu unmöglich sein würde. Wie gesagt: nahezu. Nach der
       Partie verneigte er sich vor seinen Profis. “Es ist unglaublich, was die
       Jungs geschafft haben. Sie sind Mentalitäts-Giganten“, sagte er.
       
       Gerade gelingt es Klopps Team, neue Geschichten zu schreiben für den
       Verein, der so stolz ist auf seine Vergangenheit, auf die alten
       Geschichten. Das Barcelona-Spiel wird künftig mit anderen denkwürdigen
       Partien genannt werden. Mit dem Finale der Champions League von 2005 gegen
       den AC Mailand zum Beispiel, das Liverpool nach einem 0:3-Rückstand zur
       Pause noch gewann.
       
       Es war das bislang letzte Mal, dass der Klub den Silberpokal erbeutete.
       Zweimal scheiterte er danach im Endspiel. 2007 gegen Mailand und im
       vergangenen Jahr gegen Real Madrid. Gerade diese Niederlage, dieses 1:3
       nach zwei Fehlern des damaligen Torhüters Loris Karius, fühlte sich brutal
       an. Möglicherweise sind es auch jene Erinnerungen die Klopps Mannschaft
       beflügelt haben. “Wir haben im vergangenen Jahr gespürt, dass wir das nicht
       so stehen lassen können. Das ist unmöglich. Jetzt haben wir wieder die
       Chance und werden versuchen, sie zu ergreifen“, sagte der Trainer.
       
       Er hat zudem die Chance, endlich wieder einen Titel zu gewinnen. Die
       letzten großen Trophäen bekam er mit Borussia Dortmund (Pokal und
       Meisterschaft) vor sieben Jahren überreicht. In der Premier League wird
       seine Mannschaft in dieser Saison wohl nur Zweiter hinter Manchester City,
       als bester Vizemeister in der Geschichte der Premier League. Dabei ist der
       nationale Titel doch das, wonach Liverpool so sehr strebt nach fast drei
       Jahrzehnten des Wartens. Die Pflicht sozusagen. Die Champions League galt
       nur als Kür in dieser Saison. Davon war allerdings nichts zu spüren, als
       gegen Barcelona Unmögliches möglich wurde.
       
       8 May 2019
       
       ## LINKS
       
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   DIR Hendrik Buchheister
       
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