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       # taz.de -- Kommentar Machtwechsel in der Ukraine: Putins Nadelstiche
       
       > Der neue Präsident der Ukraine ist noch nicht im Amt, schon wird er vom
       > russischen Staatschef vorgeführt. Der bietet Separatisten an, Russen zu
       > werden.
       
   IMG Bild: Großzügig, wenn es um russische Pässe geht: Wladimir Putin
       
       Jetzt ist klar, warum der Kreml [1][den Wahlsieg von Wolodimir Selenski]
       bei der ukrainischen Präsidentenwahl bislang mit Zurückhaltung quittiert.
       Russlands Präsident Wladimir Putin hat einen anderen Willkommensgruß im
       Köcher. Und der hat es in sich, denn er ist nichts anderes als eine
       Provokation. Künftig soll es für BürgerInnen der von pro-russischen
       Kämpfern kontrollierten Gebiete Donezk und Lugansk leichter werden, einen
       russischen Pass zu erhalten.
       
       Was diese Maßnahme bedeutet, die Putin allen Ernstes als Akt der Humanität
       zu verkaufen versucht, ist in der von Georgien abtrünnigen Republik
       Südossetien zu besichtigen. Auch hier wurden die Bewohner nach dem Krieg
       2008 mit entsprechenden Dokumenten ausgestattet. Der Flecken ist der
       Kontrolle durch Tiflis entzogen, seine Grenzen verschieben sich stetig und
       unaufhaltsam weiter in das georgische Kernland hinein.
       
       Auch auf der Krim wurden in den Nullerjahren russische Pässe verteilt – das
       Ende ist bekannt. Eine militärische Intervention oder sogar Annexion
       begründet der Kreml dann immer gerne damit, die Menschenrechte seiner
       StaatsbürgerInnen im Ausland verteidigen zu müssen.
       
       Dass dieser Schritt zum jetzigen Zeitpunkt kommt, ist ein Ausdruck tiefer
       Verunsicherung in Moskau, die die Wahl Selenskis ausgelöst hat. Unter dem
       scheidenden Amtsinhaber Petro Poroschenko, der perfekt das
       Freund-Feind-Schema bediente, waren die Fronten eindeutig. Wie Selenski,
       der nicht nur großen Rückhalt im russisch geprägten Osten der Ukraine hat,
       sondern auch viele Symphatien in Russland selbst genießt, agieren wird, ist
       noch nicht ausgemacht. Für ihn, der noch nicht einmal sein Amt angetreten
       hat, ist die Situation heikel. Er kann es nicht leisten, nicht zu
       antworten. Dennoch sollte sich Selenski keinesfalls zu übereilten
       Reaktionen hinreißen lassen.
       
       Denn genau das würde nur Putin in die Hände spielen. Der ist offenbar fest
       entschlossen, die Situation im Osten der Ukraine weiter zu destabilisieren.
       Eine erste Bewährungsprobe hätte das Sprachengesetz sein können, das heute
       am Donnerstag im Parlament beraten wurde und eine Einschränkung des
       Gebrauchs des Russischen vorsieht. Dass es dann genau so verabschiedet
       wurde, dürfte die Ausgangsposition Selenskis nicht gerade verbessern. Und
       der Westen? Er konnte gar nicht schnell genug Selenski seiner Unterstützung
       und Solidarität versichern. Früher als gedacht ist schon jetzt ist der
       Zeitpunkt gekommen, den Worten auch Taten folgen zu lassen.
       
       25 Apr 2019
       
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