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       # taz.de -- Benin hat die Wahl: Pferd in Grün? Baum in Gelb?
       
       > Westafrikas einstige Musterdemokratie geht originelle Wege: Bei der
       > Parlamentswahl am Sonntag sind nur Regierungsparteien zugelassen.
       
   IMG Bild: Benins Präsident Patrice Talon war im Oktober 2018 zu Gast im Bundeskanzleramt
       
       Cotonou taz | So häufig wie in den vergangenen Wochen kommt es in Benins
       Wirtschaftsmetropole Cotonou selten zu Demonstrationen. In der vergangenen
       Woche riefen sogar die ehemaligen Präsidenten Boni Yayi und Nicéphore Soglo
       auf den großen Markt Dantokpa mitten in der Stadt. Denn am Sonntag wird
       passieren, was viele als „eine noch nie dagewesene Situation“ für Benin
       bezeichnen. Bei den Parlamentswahlen am Sonntag treten nur zwei Parteien
       an, und beide gehören zum Regierungslager von Präsident Patrice Talon.
       
       Der Unternehmer ist seit 2016 an der Macht und kündigte damals den Bruch
       mit dem alten System an. So werden vermehrt Steuern eingetrieben. Auch neue
       – etwa für Autos – wurden eingeführt. In Benin heißt es oft, dass er sich
       Ruanda zum Vorbild genommen habe und Effizienz schätze.
       
       Eric Houndété, erster Vizepräsident der Nationalversammlung, schlägt als
       Treffpunkt das Haus des Expräsidenten Yayi vor. Dessen Partei steht nicht
       auf den Stimmzetteln, obwohl seine FCBE (Force Cauris pour un Bénin
       Émergen) noch vor fünf Jahren 33 der 83 Sitze geholt hatte. Zwischen zwei
       Krisentreffen sagt Houndété entrüstet: „Das ist keine Wahl, sondern die
       Nominierung von Abgeordneten einer Einheitspartei, die in zwei Teile
       geteilt ist.“
       
       Die Demonstrationen seien nur konsequent. „Die Beniner sind ein friedliches
       Volk. Wird aber jemand gedrängt und steht mit dem Rücken zur Wand, kann man
       für nichts garantieren“, kündigt der Oppositionspolitiker nebulös an.
       
       An den Straßenrändern von Cotonou sind die Plakate beider zur Wahl
       antretenden Formationen zu sehen: der Bloc Républicain in einem matten Grün
       mit weißem Pferd, die Union Progressiste in Gelb mit einem Baum. Seit dem
       vergangenen Wochenende fahren immer häufiger Lastwagen beider Gruppierungen
       durch die Stadt und werfen Flyer auf die Straßen, damit doch noch einige
       der gut 5 Millionen Wahlberechtigten sich begeistern lassen und ihre Stimme
       abgeben.
       
       ## „Die Verfassung war Vorbild für andere“
       
       Denn für viele ist der Wahlkampf längst gelaufen. Über Inhalte spricht
       niemand, obwohl rund jeder zweite der rund 11 Millionen Beniner in
       absoluter Armut lebt, trotz Wirtschaftswachstums. In Ballungsgebieten wie
       Cotonou und Abomey-Calavi wird Wohnraum teurer. Die Mittelschicht, die an
       Wochenenden die neu gebauten Eisdielen bevölkert, bleibt klein.
       
       Im Wahlkampf dreht sich alles um den Ausschluss der Opposition. „Der
       Ausschluss der Opposition wurde organisiert, überdacht und gut ausgeführt“,
       kritisiert Djidénou Steve Kpoton, Jurist und politischer Beobachter. Es
       könne die Region negativ beeinflussen. Benin, der kleine westafrikanische
       Nachbar Nigerias, galt seit dem Ende des Sozialismus ab 1990, als es
       Vorreiter beim Übergang zum Mehrparteiensystem war, als „Musterdemokratie“.
       „Die Verfassung war Vorbild für andere“, so Kpoton.
       
       Die Entscheidung, nur zwei von sieben Parteien zuzulassen, traf die
       Nationale Autonome Wahlkommission (Cena). Sie kam zur Einschätzung, dass
       die Unterlagen der anderen fünf fehlerhaft waren, Belege fehlten und
       Steuern nicht gezahlt worden waren. Öffentlich zugänglich sind die
       entsprechenden Dokumente aber nicht.
       
       „Die Cena wird in der Öffentlichkeit als parteiisch wahrgenommen“, sagt
       Mathias Hounkpe, Analyst der Open Society Initiative for West Africa
       (Osiwa) mit Sitz in Dakar. Vorausgegangen war 2018 eine vom Parlament
       beschlossene Parteienreform, um der Zersplitterung der Parteienlandschaft
       ein Ende zu setzen.
       
       27 Apr 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Katrin Gänsler
       
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