# taz.de -- Kommentar Neue Zahlen rechte Gewalt: Die Sicherheit der anderen
> Rechte Gewalt wird oft als Phänomen der Vergangenheit eingeordnet. Das
> ist kein Zufall, sondern Ergebnis der Kommunikation Seehofers.
IMG Bild: Auf dem rechten Auge blind? Innenminister Horst Seehofer (CSU)
Für das Jahr 2018 wurden erneut mehr als 20.000 rechtsextreme Straftaten
erfasst, im Schnitt mehr als 50 Delikte am Tag. Es gab fast zwanzig Prozent
[1][mehr antisemitische Straftaten als im Vorjahr,] von denen über 90
Prozent als rechtsextrem kategorisiert wurden. 173 Angriffe auf
Flüchtlingsunterkünfte wurden gezählt, deutlich weniger als 2015 und 2016,
aber immer noch mehr als vor Beginn der Welle flüchtlingsfeindlicher Gewalt
im Jahr 2014.
Die tatsächlichen Zahlen liegen wohl noch höher: Während die Polizei drei
rechte Gewalttaten am Tag zählt, kommen die Opferberatungsstellen auf fünf
solcher Delikte allein in Ostdeutschland und Berlin.
Wer sich die Zahlen über den Verlauf der letzten 15 Jahre anschaut, sieht
deutlich: Rechtsextreme Gewalt ist ein Problem, das die deutschen
Sicherheitsbehörden nicht in den Griff bekommen. In manchen Jahren gibt es
einen drastischen Zuwachs, wie 2015 und 2016 – was es aber nie gibt, ist
ein deutlicher Rückgang: Die Marke von 15.000 Taten wurde seit 2004 nicht
mehr unterschritten.
Es ist eine seltsame Situation: Einerseits wird ein verschärftes
Polizeigesetz nach dem anderen verabschiedet, mit dem Argument mangelnder
Sicherheit wird die Ausweitung sicherheitsbehördlicher Befugnisse von der
Telekommunikationsüberwachung bis zur Polizeipräsenz auf einem linken
Festival gerechtfertigt – und das alles in Zeiten, in denen die
Kriminalitätsrate so niedrig ist wie seit 25 Jahren nicht. Andererseits
werden die Stimmen derjenigen, die tatsächlich einen Grund haben, sich
nicht immer sicher zu fühlen, nämlich alle, die ins Feindbild der Rechten
passen, von den sicherheitspolitisch Verantwortlichen ignoriert.
Das findet Widerhall in der Bevölkerung: Während die allgemeine
Kriminalität meist als viel höher eingeschätzt wird, als es die Zahlen
belegen, wird rechte Gewalt oft höchstens als Phänomen der Vergangenheit
eingeordnet. Kein Zufall, sondern Ergebnis der politischen Kommunikation,
allen voran der von Seehofers Innenministerium – das sich offenbar nicht
einmal von den eigenen Statistiken überzeugen lässt.
14 May 2019
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## AUTOREN
DIR Malene Gürgen
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