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       # taz.de -- Gewalt in Brasilien: 24 Prozent weniger Morde
       
       > In Brasilien sterben deutlich weniger Menschen durch Gewalt als zuvor.
       > Doch das könnte sich schnell wieder ändern.
       
   IMG Bild: Rausch im Autowrack: Crack-Konsument in Rio de Janeiro
       
       BERLIN taz | Die Zahl der Mordopfer in Brasilien ist im ersten Quartal 2019
       um 24 Prozent gesunken. Von Januar bis März starben 10.324 Menschen eines
       gewaltsamen Todes, im gleichen Zeitraum des Vorjahres waren es 13.552. Dies
       veröffentlichte der News-Sender Globo am Montag in seinem Gewaltmonitor,
       der regelmäßig die Zahlen aus den 27 Bundesstaaten zusammenträgt. Das
       Brasilianische Forum für öffentliche Sicherheit (FBSP) untersucht dafür
       gemeinsam mit Globo und der Universität von São Paulo alle Arten von
       tödlichen Gewaltakten, darunter auch häusliche Gewalt und Raubmorde.
       
       Demnach sind in allen Bundesstaaten die Zahlen gefallen, im nordöstlichen
       Bundesstaat Ceará sogar um mehr als 50 Prozent. Als Hauptgrund sehen die
       Studienautor*innen das Abebben gewaltsamer Konflikte zwischen
       rivalisierenden Drogenkartellen, die durch Gefängnisrevolten 2017
       hervorgerufen worden waren. Die Kartelle selbst hätten ein Interesse an
       einer Befriedung gehabt, weil es ihnen wichtiger war, „Geld durch das
       Verbrechen zu verdienen, als sich in für sie teure Konflikte zu
       verstricken“, so die Studie.
       
       Zudem hätten die Bundesstaaten nach dem Höhepunkt der Morde 2017 mehr
       Mittel für die Verminderung der Gewalt bereitgestellt. Auch der öffentliche
       Druck und die anstehenden Wahlen hätten Einfluss gehabt. Nachdem 2017 so
       viele Menschen in Brasilien einem Mord zum Opfer fielen wie nie zuvor, fiel
       die Mordrate im Jahr 2018 bereits um 13 Prozent. Gestiegen war in diesem
       Zeitraum jedoch die Opfer von Polizeieinsätzen, um 18 Prozent.
       
       Justizminister Sergio Moro begrüßte die Zahlen als „guten Anfang“, warnte
       aber davor, vorschnell von einer nachhaltigen Entwicklung auszugehen: „Wir
       müssen abwarten, ob es sich um eine permanente Tendenz handelt oder
       vorübergehend ist.“
       
       ## Topthema Sicherheit
       
       David Marques, Koordinator des Gewaltmonitors für das Brasilianische Forum
       für öffentliche Sicherheit, gibt sich gegenüber der taz vorsichtig
       optimistisch. Die seit 15 Monaten kontinuierlich fallenden Mordraten seien
       ein gutes Zeichen. Doch das könnte sich bald umkehren. „Nach den
       gewaltsamen Jahren 2016 und 2017 ist Sicherheit für die Brasilianer*innen
       zu einem der wichtigsten Themen geworden“, so Marques. Der Ruf nach einer
       starken Hand sei in der Bevölkerung immer lauter geworden. „Da hieß es ‚Nur
       ein toter Bandit ist ein guter Bandit‘. Und dieser Diskurs wird sinngemäß
       auch von Präsident Jair Bolsonaro geführt.“
       
       Der hat mit der Lockerung der Waffengesetze vergangene Woche ein zentrales
       Wahlversprechen eingelöst. „Es gibt eine reelle Chance, dass die Zahlen
       wieder steigen werden, sollte das Dekret von [1][Präsident Jair Bolsonaro]
       wirklich in Kraft treten. Untersuchungen zeigen, dass die Mordrate um 2
       Prozent steigt, wenn die Zahl der Waffen um 1 Prozent zunimmt“, sagt
       Marques.
       
       Ob Bolsonaro sein Waffengesetz wirklich am Parlament vorbei umsetzen kann,
       steht indes auf einem anderen Blatt. Das Oberste Gericht in Brasília hat
       ihm am Freitag eine Frist von fünf Tagen gesetzt, sein Dekret zu begründen.
       
       15 May 2019
       
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