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       # taz.de -- Royaler Nachwuchs als EU-Kitt: Der blaue Klebstoff
       
       > Das Echo auf das Baby von Prinz Harry und Herzogin Meghan zeigt: Royals
       > sind das letzte grenzübergreifende, identitätsstiftende Element der EU.
       
   IMG Bild: „It's a baby boy“: BT Tower zeigt Botschaft zur Geburt des Kindes von Harry und Meghan
       
       Lautes Babygeschrei hallt durchs Frogmore Cottage: Endlich ist [1][das Kind
       von Meghan und Harry da], und hoffentlich leidet es im Leben niemals Not.
       Das internationale Presseecho ist gewaltig. „Die Queen, der Herzog von
       Edinburgh, der Prinz von Wales, die Herzogin von Cornwall, der Herzog und
       die Herzogin von Cambridge, Lady Jane Fellowes, Lady Sarah McCorquodale und
       Earl Spencer wurden informiert und freuen sich über die Nachricht“,
       berichtet das Edelinformationsportal t-online.de.
       
       Lady Who? Nun gut, je weiter es in der Namensliste nach unten geht, desto
       weniger hat man von den Typen gehört, es sei denn, man wäre Stammgast beim
       Friseur, weil der der Letzte ist, der wenigstens noch für Geld mit einem
       redet. Doch dass die glücklichen Eltern schlicht mit Vornamen genannt
       werden können, als wohnten sie mit uns in derselben WG, und jeder in ganz
       Europa weiß sofort, um wen es geht, sagt eine Menge aus.
       
       Die Königshäuser dürften das letzte grenzübergreifende Element der EU sein,
       das so etwas wie eine gemeinsame Identität zu stiften in der Lage ist. Ob
       in Ruthenien, Lappland, Kalabrien oder Sachsen – sobald die Namen Harry,
       Sally, Willy oder Charly fallen, weiß jeder gleich Bescheid: Besagte Jungs
       und Mädels sind die Royals, wie man die jahrtausendealte Kaste dieser
       Selbstversorger von Gottes Gnaden nennt.
       
       Hätten die Medien vermeldet, dass Günter und Klaus aus Köln ein Kind
       bekommen hätten, würden die meisten Europäer fragen: Wer sind Günter und
       Klaus? Muss ich die kennen?
       
       ## Verbindendes Gesprächsthema
       
       Das ist der Unterschied: bei Meghan und Harry muss man gar nichts dazu
       sagen – da ist alles klar wie Kloßbrühe: der Sohn des Prince of Wales und
       seine, da ihr die adelstypischen Schäden abgehen, etwas suspekte Frau, auch
       wenn die Bunte weiß, dass sie supernett ist, und so rein charme- bzw.
       verstandestechnisch im Frogmore Cottage eher unter ihrem Niveau verkehrt.
       
       Hinzu kommt, dass allein schon die Meldung von Günters und Klaus’
       gemeinsamem Kind in einem Europa der aktuell auseinanderdriftenden
       Kulturen, Haltungen und Mentalitäten zu großer Irritation führen würde. Und
       zwar unabhängig davon, wer die beiden sind. Den erstarkenden
       rechtsklerikalen, nationalistischen und kulturkonservativen Kreisen in
       Europa ist das Modell Königshaus intellektuell am ehesten zu vermitteln:
       Schöne, junge und reiche Heterosexuelle bekommen öffentlich schöne, reiche
       und (hopefully) heterosexuelle Kinder. Alle sind verheiratet und haben
       sauschöne Klamotten an. Die Stühle sind aus Gold, die Löffel aus Silber.
       Sie haben keine Meinung und äußern sie auch nicht. Alles ist gut.
       
       Sogar mehr noch als Autos, geistige Getränke oder Fußball bieten die
       Monarchen den Europäern ein verbindendes Gesprächsthema. Denn auch wer den
       gekrönten Schmarotzern kritisch gegenübersteht, hat doch wenigstens schon
       von ihnen gehört. Gut, man weiß nicht unbedingt, wer zurzeit der König von
       Belgien ist – Witsel? Lumumba? Und sowohl Trixi von Holland – wurde die
       nicht letztens pensioniert, exmatrikuliert, exhumiert, exorziert? – als
       auch die ganzen Skandinavier sind vong fame her auch eher in der zweiten
       Reihe. Da sind die Briten schon ganz vorne weg.
       
       Doch der Bekanntheitsgrad der Spanier und Schweden reicht noch allemal
       dafür, dass man sich wenigstens das Maul darüber zerreißen kann, wer am
       meisten geschützte Wildtiere totschießt, sich zu den meisten unehelichen
       Kindern nicht bekennt und wer die meisten Prostituierten am öftesten und
       übelsten (sprich: königlich) misshandelt. Und die Rassisten dürfen lustvoll
       aufheulen, dass ihnen die Amerikanerin Meghan nicht weiß genug ist.
       
       Egal, ob sie positiv oder negativ konnotiert werden: Zuweilen meint man,
       dass die Bruchstücke dieses zerfallenden Europas noch einzig vom klebrigen
       blauen Blut seiner Monarchen notdürftig zusammengehalten werden.
       
       7 May 2019
       
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