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       # taz.de -- Gesetz gegen das Abmahnungswesen: Abmahnen soll sich nicht mehr lohnen
       
       > Ein Gesetzentwurf der Bundesregierung will finanzielle Anreize für
       > Fake-Unternehmen und Abmahnanwälte reduzieren.
       
   IMG Bild: Der finanzielle Anreiz fürs Abmahngeschäft soll reduziert werden
       
       Berlin taz | Die Bundesregierung will die Abzocke mit Abmahnungen
       erschweren. Das Kabinett beschloss an diesem Mittwoch einen Gesetzentwurf
       für „fairen Wettbewerb“, den Justizministerin Katarina Barley (SPD)
       erarbeitet hatte.
       
       Abmahnungen sind eigentlich eine gute Sache. Mit ihnen kann schnell und
       unbürokratisch Recht durchgesetzt werden, ohne ein aufwendiges
       Gerichtsverfahren betreiben zu müssen. Üblich sind Abmahnungen vor allem im
       Urheberrecht, im Verbraucherschutz und im Wettbewerbsrecht. Problematisch
       ist es jedoch, wenn Privatpersonen und Anwälte Abmahnungen nicht mehr aus
       Interesse an der Sache, sondern als Geschäftsmodell betreiben.
       
       Vor einigen Jahren erregten massenhafte Abmahnungen gegen den illegalen
       Download von Musik- und Filmdateien große Empörung, weil vor allem
       Jugendliche betroffen waren. Solche Abmahnungen haben mittlerweile deutlich
       abgenommen, weil auch das illegale Filesharing angesichts neuer
       Streamingangebote stark an Bedeutung verloren hat. Heute stammt die Hälfte
       der jährlich rund 330.000 Abmahnungen aus dem Wettbewerbsrecht. Kleine
       Läden und Handwerker werden abgemahnt, weil sie zum Beispiel auf ihrer
       Website Fehler im Impressum gemacht haben. Rund 10 Prozent dieser
       Abmahnungen seien „rechtsmissbräuchlich“, schätzt das Justizministerium.
       Dadurch entstehe jährlich ein Schaden von rund 17 Millionen Euro.
       
       Das Ministerium will nun vor allem den finanziellen Anreiz für solche
       Abmahnungen reduzieren. Bei „unerheblichen“ Verstößen gegen Informations-
       und Kennzeichnungspflichten können keine Abmahnkosten mehr verlangt werden.
       Um zu verhindern, dass stattdessen gleich vor Gericht geklagt wird, wird
       der Streitwert auf 1.000 Euro begrenzt, was die Lukrativität für Anwälte
       stark reduziert. Bei einer erstmaligen Abmahnung darf auch keine
       Vertragsstrafe für den nächsten Fehler vereinbart werden. Bei wiederholten
       Verstößen wird die Vertragsstrafe auf 1.000 Euro beschränkt.
       
       ## Kritik vom Anwaltverein
       
       Außerdem will die Ministerin verhindern, dass sich Privatpersonen zum
       Schein als Mitwettbewerber ausgeben, um Abmahnungen aussprechen zu können.
       Ein Onlineshop ohne nennenswerten Geschäftsverkehr soll nicht mehr
       ausreichen. Auch für Wirtschaftsverbände werden die Regeln strenger.
       Künftig soll das Bundesamt für Justiz in Bonn eine Liste der anerkannten
       Verbände führen. Das Ministerium rechnet damit, dass am Ende etwa 30
       Wettbewerbsverbände übrig bleiben. Im Verbraucherschutz sind es 78
       Verbände, darunter die Deutsche Umwelthilfe.
       
       Drittens können Betroffene, die zu Unrecht abgemahnt wurden, leichter
       Schadenersatz vom Abmahnenden verlangen. Missbrauch wird teilweise sogar
       direkt vermutet, etwa wenn die Zahl der geltend gemachten Verstöße klar
       außer Verhältnis zum Umfang der Geschäftstätigkeit des abmahnenden
       „Unternehmens“ steht.
       
       Die CDU/CSU wollte ursprünglich Abmahnungen wegen Datenschutzverstößen
       weitgehend einschränken, konnte sich damit aber nur zum Teil durchsetzen.
       Nun gilt eine Ausnahme für Kleinunternehmen mit bis zu 50 Mitarbeitern
       sowie vergleichbare Vereine. Von ihnen sollen bei Verstößen gegen die
       Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) künftig keine Abmahnkosten mehr
       verlangt werden.
       
       Der Deutsche Anwaltverein kritisierte den Gesetzentwurf. Es gebe keinen
       Handlungsbedarf, Anwälte würden zu Unrecht in ein schiefes Licht gerückt.
       Die befürchtete Abmahnwelle nach dem Wirksamwerden der DSGVO sei
       ausgeblieben.
       
       16 May 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Rath
       
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       obwohl er nicht immer selbst Filme runtergeladen hat.
       
   DIR Anwalt zu Gesetzentwurf: „Abmahnen wird sich nicht lohnen“
       
       Rechtsanwalt Christian Solmecke, der schon Tausende Abmahnopfer vertreten
       hat, begrüßt den Plan der Regierung, Abmahngebühren zu deckeln.