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       # taz.de -- „Süddeutsche“-Reporter über FPÖ-Video: „Wir müssen berichten“
       
       > Ließen sich „Spiegel“ und „SZ“ mit dem Strache-Video für eine Kampagne
       > einspannen? Und wenn schon, sagt Bastian Obermayer von der
       > „Süddeutschen“.
       
   IMG Bild: Die Worte von Strache sind von „überragendem öffentlichen Interesse“, sagt Bastian Obermayer
       
       taz: Herr Obermayer, war Ihnen klar, dass außer SZ und Spiegel [1][noch
       andere von dem Strache-Video wussten]? Und zwar Jan Böhmermann und das
       Zentrum für Politische Schönheit?
       
       Bastian Obermayer: Bei Böhmermann haben wir das irgendwann erfahren. Was
       das Zentrum für Politische Schönheit angeht, hatte ich nicht die geringste
       Ahnung, und ich weiß auch jetzt nicht, ob das wirklich stimmt. Wir
       konzentrieren uns auf unsere Arbeit. Es ist für uns nicht von Interesse,
       was die Quelle sonst mit den Daten macht, denn wir sind nicht die
       Beratungsinstanz der Quelle.
       
       Es gibt dieses Video seit zwei Jahren. Etwa vor zwei Monaten haben Sie den
       Tipp bekommen, das Material aber erst jetzt, ganz kurz vor der Europawahl.
       Und dazu kommt, dass noch andere davon gewusst haben. Haben Sie sich
       zwischendurch mal gefragt, ob Sie da eingespannt werden in eine politische
       Kampagne? 
       
       Darüber haben wir natürlich die ganze Zeit nachgedacht – und das kann ich
       letztlich nicht ausschließen. Wir sind aber am Ende zu dem Entschluss
       gekommen, dass das überragende öffentliche Interesse an dem, was Herr
       Strache da von sich gibt, die ganzen anderen Erwägungen übertrifft.
       
       Einfacher gesagt: Wir müssen berichten, was Herr Strache sagt, weil es von
       überwältigender Wichtigkeit ist für die Menschen, zu wissen, [2][dass der
       Vizekanzler offenbar korrupten Avancen gegenüber offen ist. Dass er ein
       Mediensystem wie unter Orbán wünscht, das keine freie Presse mehr
       garantiert – und dass er versucht, illegale Spenden einzusetzen]. Da spielt
       es für mich am Ende eine untergeordnete Rolle, wer das Video wann gemacht
       hat. Oder warum wir es jetzt bekommen und nicht zu einem anderen Zeitpunkt.
       
       Es handelt sich bei dem Video um ein durch Täuschung herbeigeführtes
       Ereignis. Würde man so etwas im Journalismus selbst machen, dann gälte das
       als unredlich, weil man selber Einfluss genommen hat. 
       
       Schon da unterscheiden sich die Meinungen. Günter Wallraff gilt als einer
       der exzellentesten Investigativjournalisten Deutschlands. Der hat genau das
       gemacht, [3][bei der Bild-Zeitung], und das war fantastische Arbeit. Jeder
       muss dafür geradestehen können, welche Methoden er wählt. Wir bei der SZ
       machen so etwas tatsächlich nicht. Wir gehen nie undercover.
       
       Das finde ich übrigens nicht unbedingt richtig – in Amerika gab es im
       letzten Jahr zum Beispiel [4][eine fantastische Reportage von einem
       Reporter, der sich in ein Gefängnis hat einschleusen lassen]. Nur so konnte
       er berichten, wie es da wirklich zugeht. Bei uns bei der Süddeutschen ist
       diese Herangehensweise, wie gesagt, grundsätzlich ausgeschlossen. Was wir
       aber machen: Wenn uns solches Material zugespielt wird, dann schauen wir,
       wie hoch das öffentliche Interesse ist. Und diese Frage ist im vorliegenden
       Fall sehr eindeutig zu beantworten. Daher war für uns klar, dass wir das
       bringen mussten.
       
       20 May 2019
       
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   DIR [2] /Nach-Strache-Ruecktritt-in-Oesterreich/!5596355
   DIR [3] /Dokumentarfilm-Wallraff-gegen-Springer/!5107198
   DIR [4] https://nymag.com/intelligencer/2018/09/shane-bauer-talks-working-undercover-at-a-private-prison.html
       
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