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       # taz.de -- Urteil nach Angriff in Amberg: Dreimal Bewährung, einmal Haft
       
       > Im Prozess um prügelnde Asylsuchende in Amberg wirken sich deren
       > Geständnisse strafmildernd aus. Nur der Haupttäter muss ins Gefängnis.
       
   IMG Bild: Die vier angeklagten Geflüchteten (verdeckt) mit ihren Anwälten im Amtsgericht Amberg
       
       München taz | Im Prozess gegen die vier jungen Asylbewerber, die im
       Dezember 2018 im oberpfälzischen Amberg wahllos Passanten beleidigt und
       verprügelt hatten, ist das Urteil gefällt: Drei Afghanen erhalten
       Bewährungsstrafen von 6 bis 13 Monaten, der als Haupttäter angesehene Mann
       aus dem Iran muss für 2 Jahre und 7 Monate ins Gefängnis, zudem wurde die
       Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Bei ihm wurden laut
       dem Amtsgerichts-Sprecher Ludwig Stich drei Vorverurteilungen durch das
       Amtsgericht Regensburg berücksichtigt.
       
       Zu Prozessbeginn vor zweieinhalb Wochen war ein langwieriges Verfahren mit
       100 Zeugenaussagen vor der Jugendkammer des Amtsgerichts Amberg erwartet
       worden. Dies konnte durch eine sogenannte Verständigung, auch als „Deal“
       bezeichnet, verhindert werden. Für Geständnisse wurde den Angeklagten der
       Strafrahmen zugesichert. „Das hat sich erheblich strafmildernd ausgewirkt“,
       sagt Stich nach dem Urteil gegenüber der taz.
       
       Die 25 Taten am 29. Dezember 2018, auf denen die Anklage beruht, hätten
       sich am Amberger Bahnhof und in der Altstadt „in rasend schneller
       Geschwindigkeit“ ereignet. „Es wäre unheimlich schwer gewesen, alle
       Facetten festzustellen“, so Stich.
       
       Bei ihrer Prügelaktion waren die Männer betrunken und nach Drogenkonsum
       durch die Stadt gezogen, es gab 15 meist Leichtverletzte. Angeklagt wurden
       die jungen Männer unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung,
       Beleidigung sowie Sachbeschädigung.
       
       ## Tat von der AfD instrumentalisiert
       
       Das Geschehen hatte deutschlandweit für erhebliche öffentliche Aufregung
       gesorgt und eine Debatte über die deutsche Asylpolitik und die Abschiebung
       straffällig gewordener Flüchtlinge befeuert. Die AfD sowie eine Handvoll
       Nürnberger NPD-Mitglieder instrumentalisierten die Taten für ihre Zwecke.
       So stattete Katrin Ebner-Steiner, AfD-Fraktionsvorsitzende im bayerischen
       Landtag, der Stadt nach den Vorfällen einen „Informationsbesuch“ ab.
       NPD-Leute zogen an Neujahr als selbst ernannte „Bürgerwehr“ durch die
       Straßen und stellten Fotos ins Internet.
       
       Das Gericht kam zu dem Schluss, dass die Ursache für die Taten der
       Flüchtlinge eine Mischung aus Frustration, Langeweile sowie einer durch
       Alkohol und Drogen bedingten Enthemmung gewesen sei. Die Asylanträge von
       allen vieren waren schon vor der Tat abgelehnt worden. Einer ist
       ausreisepflichtig, ihm droht nun nach dem Ende des Prozesses die
       Abschiebung.
       
       ## „Keine Schwerkriminalität“
       
       Die Verteidiger sagten in ihren Plädoyers am Vortag, dass solche Straftaten
       „fast jedes Wochenende“ vorkämen, es sei „ein jugendtypisches Verhalten“
       gewesen. Ein Verteidiger verwies auf Schlägereien etwa bei Kirchweihfesten.
       Er beklagte, dass die Männer in der Öffentlichkeit als Beispiele für eine
       angeblich falsche Asylpolitik herhalten mussten.
       
       Die Staatsanwältin sprach in ihrem Plädoyer über den Sinn von
       Jugendstrafen, die auf Bewährung ausgesetzt werden. Diese sollten die
       Heranwachsenden erziehen und künftige Straftaten verhindern.
       Gerichtssprecher Stich hatte zuvor schon gesagt: „Das waren keine Vorgänge
       von Schwerkriminalität.“ Nun meint er: „Das Verfahren ist abgelaufen, wie
       es das Gesetz verlangt, ohne Berücksichtigung öffentlicher Befindlichkeiten
       oder medialer Interessen.“
       
       Nach dem Urteil schreibt die Bild-Zeitung online erneut von „Hass-Mob“,
       „Prügel-Orgie“ und beklagt, dass der Haupttäter nicht abgeschoben wird,
       sondern in Deutschland zuerst in die Entziehungskur und dann ins Gefängnis
       kommt.
       
       10 May 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Patrick Guyton
       
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