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       # taz.de -- Gastkommentar EU-Ausländer: Die „europäischsten Europäer“
       
       > 17 Millionen EU-BürgerInnen, die in einem anderen Mitgliedstaat der Union
       > leben, sind in Europa am wenigsten politisch vertreten. Welch ein
       > Paradox.
       
   IMG Bild: Wie aber kann uns ein auf nationale Themen fokussierter Kandidat wirklich repräsentieren?
       
       Wären wir ein Land, so wären wir bevölkerungsreicher als die Niederlande
       und nur wenig kleiner als Rumänien. Entsprechend könnten wir jetzt bis zu
       26 Mitglieder ins EU-Parlament wählen.
       
       Wir sind aber kein Land und haben keine politischen Vertreter. Wir, das
       sind die 17 Millionen EU-BürgerInnen, die in einem anderen Mitgliedstaat
       der Union leben (einschließlich der 3,7 Millionen, die in Großbritannien
       leben). Im letzten Jahrzehnt haben wir uns verdoppelt und machen heute 4
       Prozent der EU-Bevölkerung aus.
       
       Freilich ist jeder von uns berechtigt, an den EU-Wahlen teilzunehmen,
       entweder in dem Land, in dem wir leben, oder in unserem Herkunftsland. Aber
       fast keiner tut dies. Ein Bericht des European Data Journalism Network
       zeigt, dass sich nur 8 Prozent von uns für die Stimmabgabe an unserem
       Wohnsitz registrieren lassen.
       
       Es ist absurd: Die unbestritten „europäischsten Europäer“ sind in Europa am
       wenigsten politisch vertreten. Das hat verschiedene Gründe. [1][Zum einen
       müssten wir uns registrieren lassen. Das ist aufwändig und kostet Zeit,]
       gleichzeitig ist das Zeitfenster dafür sehr kurz. Ich werde daher weder in
       Bilbao, wo ich wohne, noch in Turin, wo ich herkomme, noch in Paris, wo ich
       arbeite, wählen können. Es hilft auch nicht, dass die nationalen Behörden
       uns bei der Ausübung unserer Rechte kaum unterstützen.
       
       ## Dringliche Herausforderung
       
       Zum anderen adressieren die Parteien in den EU-Wahlen meist nationale
       Fragen. Wie aber kann uns ein auf nationale Themen fokussierter Kandidat
       wirklich repräsentieren? Dies könnte sich nur ändern, wenn mehr
       paneuropäische politische Bewegungen entstünden, deren politisches Angebot
       sich an die gesamte Union wendet. Sie könnten uns eine Stimme verleihen und
       vertreten.
       
       Bis dahin bleiben wir jedoch so gut wie ausgeschlossen. Welch ein Paradox:
       Diejenigen, die Europa aufbauen, können ihre politische Zukunft in der EU
       einfach nicht steuern. Für die nächsten gewählten Mitglieder des
       Europäischen Parlaments kann ich mir kaum eine dringlichere Herausforderung
       vorstellen.
       
       Der Autor ist Jean-Monnet-Professor an der École des hautes études
       commerciales de Paris.
       
       24 May 2019
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Alberto Alemanno
       
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