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       # taz.de -- Gericht prüft Kükenschreddern: Mit dem Tierrecht vereinbar?
       
       > Ob das Töten frisch geborener männlicher Küken nach deutschem
       > Tierschutzrecht erlaubt ist, prüft heute das höchste Verwaltungsgericht.
       
   IMG Bild: Soll dieses Küken (männlich) sterben dürfen?
       
       Berlin taz | Das Bundesverwaltungsgericht prüft heute, ob das routinierte
       Töten von männlichen Küken mit dem deutschen Tierrecht vereinbar ist. Eine
       Entscheidung will das Gericht am kommenden Donnerstag fällen. Das sagte die
       Vorsitzende Richterin Renate Philipp bei der Verhandlung in Leipzig.
       
       Auslöser des Verfahrens war [1][ein Urteil des Oberlandesgerichts Münster
       2016,] das der Klage zweier Brutbetriebe recht gab. Sie hatten sich gegen
       die Kreisverwaltungen Gütersloh und Paderborn gewehrt, die ihnen das
       Kükentöten verbieten wollte. Gegen das Urteil haben die Kreise nun vor dem
       höchsten deutschen Verwaltungsgericht Revision eingelegt.
       
       Männliche Küken kurz nach dem Schlüpfen zu töten ist in der
       Lebensmittelindustrie aus ökonomischen Überlegungen üblich. Ein Grund ist,
       dass nur weibliche Nachkommen der Legehenne wirtschaftlich verwertbare Eier
       legen. Männliche Küken setzen zudem aus der Sicht von Mastbetrieben nicht
       genug Fleisch an, damit sich ihre Aufzucht lohnt. Allein 2018 wurden etwa
       [2][42,1 Millionen] von ihnen kurz nach dem Schlüpfen vergast oder
       geschreddert. Tierschützer laufen seit langem Sturm gegen dieses ethisch
       fragwürdige Vorgehen.
       
       2013 hatte die damalige rot-grüne Landesregierung unter Agrarminister
       Johannes Remmel (Grüne) in Nordrhein-Westfalen [3][angekündigt], den
       Legebetrieben diese Praxis verbieten zu wollen. Zwei Brütereien setzten
       sich mit ihrer Klage gegen das von den Landkreisen erlassene Verbot vor dem
       Oberlandesgericht Münster durch.
       
       ## Versorgung der Bevölkerung mit Eiern und Fleisch
       
       Das Töten der Küken sei mit dem Tierschutzgesetz vereinbar, rechtfertigte
       das Gericht sein Urteil. Das Verfahren führe zur Versorgung der Bevölkerung
       mit Eiern und Fleisch und sei ein „vernünftiger Grund“.
       
       Dagegen haben die Kreise nun Beschwerde eingelegt. Das
       Bundesverwaltungsgericht prüft daraufhin das Urteil auf Richtigkeit.
       Möglicherweise fließt die zunehmende Verbreitung von Verfahren zur
       Geschlechtsbestimmung im Ei in die Urteilsfindung ein. Dabei wird durch ein
       winziges Loch Flüssigkeit entnommen, die auf Geschlechtshormone getestet
       wird.
       
       Bisher ist das Verfahren allerdings noch nicht serienreif und wird nicht
       flächendeckend genutzt, weshalb die Geflügelbranche vor einem Verbot des
       Kükentötens warnt. „Das würde alle deutschen Brütereien treffen“, sagte
       Friedrich-Otto Ripke, Präsident des Zentralverbands der Deutschen
       Geflügelwirtschaft (ZDG). Viele Betriebe würden ins Ausland abwandern, wenn
       sie keine Genehmigungen mehr für das Töten bekämen. Die Branche wolle die
       Praxis beenden – brauche dafür aber eine Übergangszeit.
       
       Dem widerspricht Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes.
       „Die Branche hatte Jahrzehnte lang Zeit, etwas zu ändern, blieb aber
       untätig.“, sagt Schröder. Auch die größte deutsche Tieschutzorganisation
       Peta spricht sich gegen das Massenschreddern aus. Das Beenden des
       tierquälerischen Kükentötens dürfe nicht verschoben werden, bis
       wirtschaftliche Alternativen einsatzbereit sind, heißt es in einer
       Pressemitteilung.
       
       16 May 2019
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Julia Springmann
       
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