# taz.de -- Jutta Ditfurth über Antisemitismus: Vermintes Terrain
> Jutta Ditfurth spricht im SO36 über Antisemitismus von links. In ihrem
> zweistündigen Vortrag geht es auch um die BDS-Bewegung gegen Israel.
IMG Bild: Zwischenrufe ist Jutta Ditfurth gewohnt
Im legendären Traditionsclub SO36 sind Bierbänke aufgereiht, darauf liegen
Flyer der Kleinpartei ÖkoLinX, an der Wand hängen Konzertplakate. Jutta
Ditfurth ist hier zu Gast, um über israelbezogenen Antisemitismus von links
zu sprechen. Die Publizistin ist auch Gründungsmitglied und
Spitzenkandidatin von ÖkoLinX zur Europawahl, gewissermaßen ist dies also
eine Wahlkampfveranstaltung.
In dem über zweistündigen Vortrag hangelt sich Ditfurth zunächst von
jüdischem, nicht-antisemitischem Antizionismus im 19. Jahrhundert zu
Stalin. Ihre These: Erst unter Stalin wurde der Antizionismus ein Code für
Antisemitismus. Immer wieder springt sie zwischen der Sowjetunion, den
arabischen Ländern und Deutschland hin und her. Sie erinnert an den
Antisemitismus in der KPD-Parteizeitung Rote Fahne in der Weimarer Republik
und zeitgleich stattfindende antijüdische Pogrome im Palästina der 1920er-
und 1930er-Jahre. Diese würden von Teilen der Linken „bis heute als
antikoloniale, arabische Revolten“ verklärt.
Als es um den Umgang der westdeutschen Linken mit Israel während des
Sechstagekriegs geht, hinterfragt sie die bekannte These, dass diese bis
1967 an der Seite Israels standen: Dies gelte nur für diejenigen mit einem
„kritischen Abstand zur Sowjetunion“. Und sie erinnert an Denker wie Jean
Améry, Herbert Marcuse und Ernst Bloch, die auch 1967 ihre Solidarität mit
dem jüdischen Staat bekundeten.
Bloch etwa verteidigte damals öffentlich Israels Selbstverteidigungsrecht
gegen die arabischen Nachbarstaaten und kritisierte den linken
Imperialismusvorwurf gegen Israel scharf: Die „Bewusstseinsspaltung der
sozialistischen Linken“, wenn „das millionenfache Opfer von ehedem, weil es
nicht wieder eines werden will, mit seinem Mörder Hitler gleichgesetzt“
werde, sei ein „Skandal mit ungewolltem Pogromklang“.
## NS-Vergleiche
Ditfurths Vortrag ist kenntnisreich, wirkt jedoch an einigen Stellen recht
ungeordnet. Manchmal weicht sie von ihrem Manuskript ab und verfällt wieder
in ihre Rolle als scharfe Grünen-Kritikerin, etwa wenn sie in spontanen
Einwürfen Daniel Cohn-Bendit als „Kriegstreiber“ beleidigt.
Dann geht es noch um die Kampagne BDS („Boykott, Desinvestitionen und
Sanktionen“), die einen vollumfänglichen Boykott Israels auf politischer,
wirtschaftlicher, akademischer und kultureller Ebene fordert. „Alle
Sympathisanten mögen sich festhalten, es wird jetzt ziemlich hart“, kündigt
sie an. BDS ziele mit der Forderung des „Rückkehrrechts“ für die Nachkommen
palästinensischer Flüchtlinge auf die Beseitigung Israels.
In Deutschland zählt Ditfurth 30 Städte, in denen die BDS-Bewegung bereits
aktiv war. Immer wieder rufen jetzt Zuhörer rein und versuchen den Vortrag
zu stören. Für die Referentin ist das offenbar Routine. Sie bleibt gelassen
– selbst als in der anschließenden Diskussion Israel mit dem
Nationalsozialismus verglichen wird.
17 May 2019
## AUTOREN
DIR Frederik Schindler
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