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       # taz.de -- Kommentar BDS-Votum im Bundestag: Die Erstaunlichkeit des Diskurses
       
       > Hier wird mit Kanonen auf Spatzen geschossen: Der Beschluss des
       > Bundestages gegen die BDS-Bewegung könnte fatale Kollateralschäden haben.
       
   IMG Bild: In Deutschland zumindest gibt es weniger BDS-Aktivisten als Bundestagsabgeordnete
       
       Am Freitag hat der Bundestag einen gemeimsamen [1][Antrag von Union, SPD,
       FDP und Grünen] beschlossen, der die Israel-Boykottbewegung BDS („Boykott,
       Desinvestitionen und Sanktionen“) verurteilt. Der Beschluss hat zwei
       Aspekte – einen eher drolligen, einen womöglich fatalen. Eher komisch ist
       der donnernde Ernst, mit dem nun, im Namen von 631 Volksvertretern, eine
       recht randständige Organisation offiziell als antisemitisch deklariert
       wurde.
       
       Es gibt hierzulande eine Handvoll BDS-Aktive, jedenfalls weit weniger als
       zum Beispiel Bundestagsabgeordnete. Gäbe es nicht die Trommelwirbel der
       BDS-Skandalisierer – viele hätten wohl nie von der Existenz der Gruppe
       erfahren. Dass von den paar BDS-Aktivisten hierzulande nicht wenige Juden
       sind, die man nun mit Bundestag-Siegel antisemitisch nennen darf, gehört zu
       den Erstaunlichkeiten des deutschen Diskurses.
       
       Ein gutes Dutzend besonnener grüner Parlamentarier fürchtet, dass der
       Beschluss „weite Teile der palästinensischen Zivilbevölkerung, aber auch
       vereinzelte israelische Initiativen, die sich gewaltfrei für ein Ende der
       völkerrechtswidrigen Besetzung einsetzen und vor diesem Hintergrund BDS
       unterstützen, in die antisemitische Ecke“ stellt, wie es in einer Erklärung
       von [2][Jürgen Trittin], Claudia Roth und anderen heißt. Doch diese Zweifel
       stießen leider auf taube Ohren.
       
       Fatal ist, dass der Antrag eine rationale, kühle Debatte um den
       Nahostkonflikt per diskursivem Hochdruckreiniger wenn nicht verhindert, so
       doch erschwert. Noch fataler ist, wenn umtriebige Sympathisanten der
       israelischen Rechten in Kooperation mit dem sendungsbewussten Ministerium
       für strategische Angelegenheiten in Israel mit diesem Beschluss in der
       Tasche nun verstärkt Projekte von deutschen Stiftungen und
       Hilfsorganisationen im Ausland unter Druck setzen. Zwar weist auch die FDP,
       Inititatorin des Bundestagsantrags, dies von sich – doch die Attacke auf
       die GIZ in der Bild-Zeitung wegen Unterstützung palästinensischer
       Pro-BDS-Gruppen in der Westbank lässt nichts Gutes ahnen.
       
       Wo mit Kanonen auf Spatzen geschossen wird, gibt es Kollateralschäden. Denn
       laut Bundestag soll ja Projekten, die BDS unterstützen, fortan der Geldhahn
       zugedreht werden. Man kann nur hoffen, dass sich praktische Vernunft gegen
       den Wortlaut dieses Beschlusses durchsetzt.
       
       17 May 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/101/1910191.pdf
   DIR [2] /Juergen-Trittin-zur-Boykottbewegung-BDS/!5592992
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Stefan Reinecke
       
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