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       # taz.de -- Batterien ohne umstrittenen Rohstoff: Verflixt wie ein Kobold, dieses Kobalt
       
       > Die Firma Sonnen kreiert ein Siegel für Batterien ohne das umstrittene
       > Metall. Und erweckt damit den Eindruck, kobaltfreie Systeme seien überall
       > möglich.
       
   IMG Bild: Oft herrschen unmenschlichen Bedingungen beim Abbau von Rohstoffen- wie hier im Kongo
       
       Freiburg taz | Die bayerische Firma Sonnen sorgt für Unruhe in der Branche
       der Speicher- und Batterieherstellerfirmen. Im Alleingang hat der
       Hersteller von Heimspeichern ein Siegel für kobaltfreie
       Lithium-Ionen-Batterien entworfen, das er nun den eigenen Produkten
       anheftet. Das Unternehmen betont, es verwende in seinen Speichersystemen
       schon seit Gründung der Firma im Jahr 2010 ausschließlich Batterien ohne
       das Metall. Nun wolle man „auch andere Hersteller dazu ermutigen,
       kobaltfreie Alternativen zu verwenden“.
       
       Die Initiative trifft einen Nerv, denn Kobalt ist aufgrund der oft
       unmenschlichen Abbaubedingungen vornehmlich im Kongo in Verruf geraten. Und
       doch erregt der Vorstoß von Sonnen in der Branche Missfallen, weil hinter
       der Frage, ob eine Lithium-Batterie nun Kobalt enthält oder nicht, mehr
       steckt als reine Firmenphilosophie.
       
       Entscheidend ist vielmehr die Zelltechnologie. Lithium-Eisenphosphat-Zellen
       brauchen kein Kobalt, Lithium-Nickel-Mangan-Zellen (NMC) aber sehr wohl. Da
       aber nicht jede Zellchemie für jeden Einsatzbereich taugt, ist eine
       Umstellung komplett auf Lithium-Eisenphosphat-Technik unrealistisch.
       
       Vor allem erzielen die kobaltfreien Zellen nur eine geringere
       Energiedichte, weshalb in Autos die kobalthaltigen NMC üblich sind.
       Folglich ist auch Urban Windelen, Geschäftsführer des Bundesverbands
       Energiespeicher (BVES), über den Vorstoß der Firma Sonnen – die noch dazu
       Mitglied seines Verbands ist – alles andere als glücklich: „Wir sollten
       nicht eine Technik gegen eine andere ausspielen.“ Schließlich brauche man
       für die Energiewende wegen des Verkehrssektors auch NMC. Anders als in
       Fahrzeugen bietet sich in Heimspeichern die kobaltfreie Technik jedoch an.
       
       ## Differenzen um Nachhaltigkeit
       
       Die Firma Sonnen verweist nicht nur auf bessere Sicherheitseigenschaften,
       sondern auch auf die größere Zyklenfestigkeit und damit eine längere
       Lebensdauer – was natürlich der Nachhaltigkeit zugute komme. Dem wiederum
       hält der BVES entgegen, dass Kobalt mit 95 Prozent eine besonders hohe
       Recyclingquote erziele, ein Wert, den die Lithium-Eisenphosphat-Zelle nicht
       erreiche. Das Thema ist also etwas komplexer, als es der Vorstoß von Sonnen
       suggeriert.
       
       BVES-Geschäftsführer Windelen setzt darauf, dass der Kobaltgehalt der
       NMC-Zellen durch technische Fortschritte gesenkt wird. „Die Zellchemie
       ändert sich dauernd“, sagt er. Heute würden die Elemente Nickel, Mangan
       (ein eisenähnliches Metall) und Kobalt zu gleichen Teilen eingesetzt,
       künftig werde man ein Verhältnis von 4:1:1 zugunsten des Nickels erreichen,
       langfristig sei eine Relation der drei Elemente von 8:2:1 angestrebt.
       
       Konkurrenten von Sonnen frotzeln bereits, sie hätten statt kobaltfrei eine
       „ölfreie Batterie“ im Angebot. Der Hintergrund: Die Firma Sonnen hatte im
       Februar mitgeteilt, dass sie vom niederländisch-britischen Ölmulti Shell
       übernommen wird.
       
       21 May 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernward Janzing
       
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