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       # taz.de -- Demonstration in Tel Aviv: Proteste gegen Netanjahu
       
       > Nach der Wahl in Israel wird gegen die „Erdoganisierung“ des Landes
       > protestiert. Demonstranten befürchten eine Schwächung des Justizsystems.
       
   IMG Bild: Der Fez als Symbol der befürchteten „Erdoganisierung“ Israels
       
       Tel Aviv afp | Tausende Menschen haben am Samstagabend in Tel Aviv gegen
       den israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu demonstriert. Ihr
       Protest richtete sich gegen mögliche Absprachen Netanjahus mit neuen
       Koalitionspartnern, die das Justizsystem und damit die Demokratie in dem
       Land schwächen könnten. Netanjahu bleiben nur noch wenige Tage zur Bildung
       einer neuen Regierungskoalition.
       
       Viele Demonstranten schwenkten israelische Fahnen und trugen Plakate mit
       Aufschriften, die Netanjahu mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip
       Erdogan verglichen. Erdogan wird von Kritikern vorgeworfen, das politische
       und das Rechtssystem zu seinen Gunsten zu manipulieren.
       
       „Erdogan ist schon hier“, stand auf einem Plakat. „Wir werden nicht
       zulassen, dass Sie das demokratische Israel in den privaten Hofstaat einer
       Königsfamilie oder ein Sultanat verwandeln“, sagte Oppositionsführer Benny
       Gantz. Yair Lapid, der wie Gantz zur Mitte-Rechts-Liste Blau-Weiß gehört,
       sagte in Richtung Netanjahus: „Sie stehen nicht über dem Gesetz, wir werden
       nicht zulassen, dass Sie zum Diktator werden.“
       
       „Wir sind hierher gekommen, um für unser Land zu kämpfen“, sagte Tamar
       Zandberg von der oppositionellen Meretz-Partei. Netanjahu werden den
       Obersten Gerichtshof des Landes zerstören, sagte sie, während aus der Menge
       gegen Netanjahu gerichtete „Bibi go home“-Rufe zu hören waren. Die
       Organisatoren sprachen von zehntausenden Demonstranten. Nach Angaben der
       Polizei lag die Teilnehmerzahl unter 10.000.
       
       ## Schwierige Koalitionsbildung
       
       Netanjahu hat noch bis Mittwochabend Zeit, um eine neue Regierungskoalition
       auf die Beine zu stellen. Ansonsten könnte Präsident Reuven Rivlin einen
       anderen Parlamentarier mit der Regierungsbildung beauftragen.
       
       Zu Beginn einer Kabinettssitzung am Sonntagmorgen gab sich Netanjahu
       optimistisch. Mit gutem Willen lasse sich eine Lösung finden, sagte er.
       Möglich sei allerdings, dass jemand anderes lieber Neuwahlen wolle, deutete
       der Ministerpräsident an.
       
       Der israelische Regierungschef strebt eine Koalition rechter und religiöser
       Parteien an. Obwohl bisher noch keine Vereinbarungen verkündet wurden, gibt
       es Spekulationen, wonach die Koalitionspartner von Netanjahus Likud-Partei
       Maßnahmen zustimmen sollen, die das Justizsystem schwächen würden.
       
       Netanjahu drohen in einer möglichen neuen Amtszeit juristische Probleme:
       Der Generalstaatsanwalt hat angekündigt, Anklage wegen Bestechung, Betrugs
       und Veruntreuung gegen ihn erheben zu wollen. Vor der Anklageerhebung soll
       Netanjahu bei einer Befragung Gelegenheit erhalten, zu den Vorwürfen
       Stellung zu nehmen. Diese wurde vor wenigen Tagen auf Anfang Oktober
       verschoben.
       
       26 May 2019
       
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